Freitag, 15. Juni 2007

Flickr Alternativen

Update 21.06.07

Flickr hat sich nach einer Woche endlich geäußert und erklärt, dass man die Filter gelockert hat. Deutsche User dürfen nun auch "moderate" Bilder sehen. Motive, die unter "restricted" stehen, sind aber weiter ausgeschlossen. Netter Witz. Denn offen bleibt weiterhin, wie die Österreicher und Schweizer, deren Länder völlig andere Gesetze zum Thema Jugendschutz haben, in Zukunft behandelt werden und für die ebenfalls betroffenen Regionen Hongkong, Korea und Singapur bestehen die Filter weiter.

Stewart Butterfield, einer der Mitbegründer von Flickr, erklärt in einem Posting was man beschlossen hat, und geht, leicht genervt, in einem weiteren Posting auf ein paar Hintergründe ein. Die erste Reaktion vieler User im Forum ist die, dass man mit der Lösung nicht zufrieden ist, weil sie im Grunde nichts ändert. Stewart führt weiterhin das deutsche Jugendschutzrecht als Grund für die Filter an, was etliche deutsche Rechtsanwälte und auch Vertreter von jugendschutz.net (siehe unten) nicht nachvollziehen können.

Naja, mehr muss man wohl nicht mehr dazu sagen.

Update 20.06.07

Aha.

Friedemann Schindler, Leiter von jugendschutz.net, widerspricht nun der Darstellung von Yahoo: Seine Stelle habe nicht auf Flickr oder Yahoo eingewirkt, den Filter für Deutschland zu aktivieren. Seiner Auskunft nach geht die Lösung "über die gesetzliche Verpflichtung hinaus", weil ein Dienst wie Flickr rechtlich als Host-Provider zu behandeln sei, der nur auf Hinweis zur Entfernung von illegalen Inhalten verpflichtet ist.
Quelle

Das sollte den Rechtsanwälten von Yahoo Deutschland auch bekannt sein. Es gab und gibt also keinen Grund für einen Filter jedweger Art.

Update:

  1. Test Ipernity am Ende des Artikels.

  2. Flickr hat sich mittlerweile geäußert und die Schuld an den geschalteten Filter auf das deutsche Jugendschutzgesetz geschoben. Aha. Warum haben dann alle anderen Communityseiten mit deutschen Adressen keine Probleme? Wenn man, wie die Flickr Verantwortlichen behaupten, lange darüber nachgedacht hat, wie man am besten damit umgeht, warum hat man dann die Aktion nicht a) angekündigt und b) vorher andere Möglichkeiten mit den Usern eruiert? Und warum werden Österreich und die Schweiz, deren Gesetze da völlig anders sind, einfach mitzensiert?

  3. Flickr wird wegen dieser Geschichte nicht untergehen.

  4. Natürlich kann sagen, dass es wichtigeres in der Welt gibt, um das man sich kümmern sollte. Für mich ist das momentane Vorgehen von Yahoo/Flickr nur der Tropfen, der mein Fass zum Überlaufen gebracht hat. Man könnte einfach still seinen Account löschen und die Sache vergessen. Aber damit ist es meiner Meinung nach nicht getan. Es geht um weit mehr. Wir erleben in den letzten Jahren immer mehr, dass die Freiheiten im Internet immer weiter eingeschränkt werden. Vor allem die Freiheit der Information. Ohne den freien Zugang zu Informationen, würde es so etwas wie Blogs nicht geben. Ohne die freie Verfügbarkeit von Bildern aus Krisengebieten, von Demonstrationen und anderen Dingen, würden Regierungen und Behörden in weniger demokratischen Ländern, ihre Gatekeeping Funktion behalten. Wie groß die Angst mancher Regierung vor dem Internet ist, zeigt sich allein in der Tatsache, dass die chinesicher Regierung ihrem Volk den Zugang zu Flickr zur Zeit völlig untersagt (wo gegen Yahoo ironischerweise offiziell protestiert hat). Das, was Flickr gerade macht, ist im Grunde nichts Schlimmes, denn nackte Haut kann man auch woanders sehen. Aber, ich wiederhole mich da gerne: Jetzt ist es ein Filter für nackte Haut, demnächst sind es Bilder, die aus anderen Gründen plötzlich als "restricted" gelten. Seien es Bilder von Protesten, oder andere Dinge. Die US Regierug will keine Bilder aus dem Irak? Kein Problem, wir haben ja Filter! Die deutsche Regierung will nicht, dass Bilder erscheinen,weil sie zu Protesten aufrufen? Auch kein Problem. Israel möchte keine Bilder aus einem Flüchtlingslager sehen. Machen wir, wir haben ja Filter. Im Internet gilt das, was in der Informationspolitk schon immer galt: Wer die Informationen kontrolliert, der kontrolliert die Meinung. (Ein Problem, was auch das Thema Google berührt, aber das würde hier zu weit führen). Flickr wird das alles überleben, aber es wäre gut, wenn es ein, zwei oder gar drei Konkurrenten geben könnte, die den Wettbewerb verbessern. Wie man weiß, ist Geld unpolitisch, es richtet sich gerade im Netz danach, wo die Masse User sind. Hätte Flickr mehr Konkurrenz, zu der jetzt die User massiv hinfliehen würde - ich bin mir sicher, dass die Reaktionen von Yahoo deutlich freundlicher und schneller wären. Wer den Protest gegen Flickr als typisch hysterische Reaktion verwöhnter Netzbewohner klassifiziert, liegt ziemlich daneben und vergisst, dass es auch seine Rechte sind, um die es hier geht.

-----schnipp----

Auch nach zwei Tagen kommt von Flickr nicht mehr als heiße Luft in Sachen Zensur. Keine Erklärung, warum man zensiert, keine Erklärung, was man gedenkt zu tun. Es gibt Vermutungen, dass Flickr/Yahoo die Beschränkungen wegen Problemen mit dem deutschen Jugendschutzgesetz und/oder der Foren/Kommentarhaftung eingeführt hat. Wenn dem so wäre, könnten sie es ja sagen und den schwarzen Peter wem auch immer zuschieben. Tun sie aber nicht. Also muss es andere Gründe geben und Flickr wird immer mehr zu einem großen Ärgernis. Was will man zu einer Firma noch sagen, dessen Aktionärsversammlung es ablehnen, sich aktiv gegen Zensur zu wenden? Was vor ein paar Jahren eine nette Firma war, ist jetzt nur noch eine Milchkuh von Yahoo, eine Firma, die mittlerweile schlimmer ist, als Microsoft und AOL zusammen. Doch was für Alternativen gibt es und wie bekommt man seine Fotos von Flickr runter?

Wer seine Fotos bei Flickr als runterziehen möchte, kann das mit diesem Tool bequem machen (Win/Mac/Linux). Allerdings sollte man das lieber über Nacht machen, denn das dauert.

Ich habe auf die schnelle mal ein paar Alternativen zu Flickr ausprobiert, die ich kenne oder die in den Kommentaren genannt wurden.

Gar nicht gehen:

  • Sevenload. Aus den AGBs
    Ebenfalls ist das Einstellen von Inhalten mit Bezug zu politischen Tätigkeiten, wie Parteiversammlungen, Demonstrationen, Flugblatt- oder Unterschriftenaktionen sowie die Abbildung von politischen Symbolen nicht gestattet.
  • Zoto. Flashhölle, dazu nur 14 Tage Testphase, dann muss man 20 $ zahlen, was nicht viel ist, aber 14 Tage sind auch nicht besonders lang. Die Feature Liste liest sich zudem so: "Store your photos, share your photos, publish your photos, organize your photos, view your photos". Super Idee.
  • Fotki. Die Startseite muss ein Designer gemacht haben, der vermutlich ein Messi ist. Das Chaos setzt sich fort, wenn man Bilder hochlädt, sortiert usw. (Testfoto). Dazu fehlen die ganzen angenehmen Dinge, die man von Flickr kennt, wie Gruppen, Upload per Handy usw.
  • Photoblog.be ist Web 0.5
  • Photoblog.com ist genau das, was der Name sagt. Man bekommt (umsonst) ein Photoblog. Das ist nicht schlecht, aber kein Ersatz für Flickr. (Testfoto)
  • Fotolog.com ist ebenfalls Web 0.5
  • Bei Photosite.com unterlegen User ihre Familienbilder mit Musik.
  • View. Die Fotocommunity vom Stern ist nicht schlecht, aber eher für User gedacht, die sich zumindest semiprofessionell mit dem Fotografieren beschäftigen. Selbst, wenn man ein Abo kauft, ist der Uoload auf 20 Fotos die Woche beschränkt. Es fehlen auch sämtliche mobile Möglichkeiten.
  • Sharpcast. Was mich schon direkt nach der Anmeldung genervt hat, ist der Umstand, dass man sich erst eine Software runterladen soll, bevor man ein Foto online stellen kann. Muss man aber gar nicht. Dazu kommt noch: Backups gehen nur gegen Geld und ein Premium Abo kostet sage und schreibe 65 $ Dollar. Es gibt auch keine Gruppe, dafür eine "Mobile Edition" die ich nicht ausprobiert habe und die auf Dauer aber nur geht, wenn man ein Premium Abo hat.
  • Picolodia. Allein der Name macht mich schon fertig. Was ist das? Das "Nanunana" der Fotoszene? Ansonsten ist das Ding nicht schlecht, wenn auch nur für Leute, die alle halbe Jahre mal ein Bild online stellen wollen. Die AGBs passen auf eine halbe Seite, der Upload ist fix und man schon währenddessen Tags und Beschreibungen eingeben. (Testfoto. Man hat aber nur 300 MB Speicher, was bei 5 Megapixel Bilder etwa 120 Fotos entspricht. Nach einem Urlaub ist der Speicher voll. Auch nicht vorhanden: Gruppen, Handyfunktionen usw. Dafür ist alles kostenlos, eine Upgrade Variante gibt es nicht.
  • Picasa. Ein sehr halbherziger Versuch von Google etwas gegen Flickr zu unternehmen. Nur ein 1GB Datenspeicher, keine Gruppen, nix per Handy. Lohnt nur, wenn man schnell ein Bild speichern möchte und man eh einen Google Account hat.
  • Yourep und Shutterbook sind tot

Ausser Konkurrenz

  • Whoopy. Ein Leser (Danke Jürgen) macht mich auf diesen Dienst aufmerksam. Wirklich sehr schon gemacht, weil man auf einer Startseite landet, die eine Weltkarte zeigt und man von da aus einfach los surfen kann. Man kann dann auch noch in die Karte reinzoomen und genauer suchen. Super Idee, aber auch hier fehlen die gewohnten Annehmlichkeiten von Flickr. Dazu kommt, dass die Bilder auf 1280 Pixel zwangsreduziert werden und kein Bild größer als 2 MB sein darf. Gefällt mir aber als Ausgangspunkt, wenn man mal irgendwo hinfahren will, oder wenn man an einem verregneten Nachmittag mal Langeweile hat.

Übrig bleiben dann

  • Webshots Kannte ich überhaupt nicht, aber sieht nicht schlecht aus. (Testfoto). Webshots kann eine ganze Menge, was Flickr auch kann und das teilweise sogar deutlich besser. Menüführung, Upload usw. sind deutlich besser. Das ganze Dinge ist aber in Flash und wirft die Bilder auch in Flash aus, was für einige schon ein k.o. Kriterium sein wird. Mich stört das nicht. Was Webshots allerdings fehlt sind die Gruppen. Man kann, recht old school, nur Kategorien angeben, aber keine Tags und Gruppen, wo man andere Leute eher kennen lernen könnte. Das ist enttäuschend für eine Seite, die eigentlich nicht schlecht aussieht. Dafür kann man da praktisch umsonst unterwegs sein. Mit dem Free Account kann im Monat 1000 Fotos hochladen, plus 100 Fotos für jeden Monat in dem man Mitglied ist. Also praktisch unbegrenzt. Mehr geht nur mit einem knapp 30 $ teuren Pro Account, der zu dem direkt mit 5000 Fotos Speicherkapazität daher kommt. Schön auch, dass Webshots einen Backup Service hat.

    Fazit: Sieht gut aus, kann aber zu wenig. Ich vermisse vor allem die Vernetzungsmöglichkeiten durch Gruppen. Fotos nach Kategorien und Topics einzuteilen ist mir zu wenig. Dazu kann man nichts per Handy hochladen.

  • Zooomr. Hatte ich eigentlich schon von meiner Liste genommen, aber per Mail wurde ich gestern noch auf die Vorzüge hingewiesen. In der Tat scheint Zooomr auf den ersten Blick nicht schlecht zu sein. (Testfoto). Design und Menüführung sind allerdings noch die Hölle. Immerhin kann man hier Labels (Tags) setzen und Gruppen scheint es auch zu geben. Irgendwie. Denn wie man die Fotos in die Gruppe reinbekommt habe ich noch nicht auf die Schnelle rausfinden können. Weitere große Minuspunkte: Man kann nix per Handy hochladen und eine Backupfunktion habe ich auch nicht gefunden. Wenn Zoomr das mit den posten per Mail oder Telefon und die Sache mit den Gruppen ändern, könnte da was draus werden.

    Fazit: Kann man machen, nervt aber oft mit elendig lahmen Servern und einem eingeschränkten Funktionsumfang. (Note ich hab da einen Pro Account, weil ich irgendwann mal eine Einladung bekommen hatte, als das Ding noch Alpha war)

  • 23hq ist auch so ein Flickr Klon. Das sieht man schon, wenn man nur ein Foto anschaut (Testfoto). Der Funktionsumfand von 23hq ist enorm. Im Prinzip bietet die Seite alles, was man von Flickr kennt. Auch kann man Bilder per Mail/MMS versenden und posten, aber man kann sie nicht direkt aufs eigene Blog stellen. Ansonsten ist alles etwas anders als bei Flickr, aber im Grunde sind die Funktionalitäten ähnlich, wenn auch teilweise besser gelöst. Allerdings: mehr als 30 (300 in den ersten 14 Tagen nach der Anmeldung) Bilder darf man bei 23hq im Monat nicht hochladen. Wer unlimitiert hochladen will, der muss 20 Euro für ein Jahr bezahlen, was ein ganz okayer Preis zu sein scheint. Dafür gibt es keine Beschränkungen bei der Menge der Bilder, die man gespeichert hält. Es gibt, etwas versteckt in den Settings, auch eine Backup Funktion. Dazu gibt es eine sehr gut dokumentiert API, deren Funktionsumfang wohl riesig ist. Das tolle: die Flickr API und die von 23 sind sich sehr ähnlich. Es bedarf bei den meisten kleinen Programmen wohl nur wenige Handgriffe und eine für Flickr programmiertes Tool läuft auch für 23.

    Fazit: Mein Favorit. Kann alles, kostet wenig. Allerdings tut sich da auch nicht viel. Ich kenne die Seite seit zwei Jahren und seitdem ist die Community nicht wirklich groß gewachsen. Vielleicht ändert sich das jetzt.

  • Ipernity. Sucht man etwas, dass aussieht und sich anfühlt wie Flickr, ist bei Ipernity nicht falsch. Im erste Moment könnte man bei den Fotoseiten denken, dass Flickr ein neues Design hat (Testfoto). Allerdings ist der Service auch noch sehr beta. Email/Blogupdates gibt es noch nicht, Gruppen habe ich kaum gefunden und manchmal braucht die Seite etwas, bis sie sich aufbaut. Es gibt die Möglichkeit einen Pro Account für knapp 24 Euro, die alle Limitierungen aufhebt. Allerdings habe ich keine Informationen finden können, welchen Beschränkungen der Free Account nun hat.

    Fazit: Sieht nicht schlecht aus, es scheint auch ein bisschen was los zu sein. Der Dienst stammt aus Frankreich.

Allgemeines Fazit

Um es gleich klar zu sagen: Es gibt zur Zeit keine Flickr Alternative, weil Flickr vor allem im internationalen Bereich zu mächtig ist. Es wird dauern, bis sich ein Dienst entwickeln wird, der auch nur annähernd an die fotografische Vielfalt von Flickr heranreicht. Die Alternativen sind zwar da, aber sie sind noch weit, weit, weit davon entfernt, die Reichweite von Flickr zu haben.

Wer gerne anderer Leute Fotos anschaut, wer Fotokontakte in Chile, Australien oder Indien sucht, wer nach einem Ort recherchieren will und wer vor allem seine Fotos bekannt machen möchte, wird um Flickr nicht herumkommen.

Wer nur für sich eine Alternative sucht, einen Platz für seine Fotos zu finden, der braucht Flickr nicht und sollte sich bei Webshots, Zoomr oder 23hq umschauen.

Ich habe mich noch nicht entschieden, was wohin ich gehe, aber 23hq liegt klar vorne. Es wird im Moment keine neuen Bilder geben, die ich bei Flickr hochladen werde. Ausgenommen jenen, die ich hier mobloggen will. Das kann leider zur Zeit nur Flickr und für irgendwas muss sich das die Kohle, die ich Yahoo in den Rachen geworfen habe, ja noch lohnen.

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Donnerstag, 14. Juni 2007

Ich dachte mir schon, dass nach der Zwangszusammenlegung der Flickr Accounts zu Yahoo nichts Gutes kommen würde. Tatsache ist jetzt, dass jetzt User in Deutschland, Hongkong, Singapur und Korea im gleichen Boot sitzen und die Flickr-Suche nur noch eingeschränkt nutzen können. User Accounts, die über Yahoo Deutschland laufen, werden, ebenso wie die Accounts von Usern in Singapur, Korea und Hongkong, automatisch als "safe" eingestuft. Das bedeutet, dass man die Bilder von Usern, deren Bilder als "Moderate" oder "Restricted" eingestuft worden sind, nicht mehr in der Suche findet und auch (teilweise) nicht mehr angesehen werden können. Man kann aber die "safe" Einstellung selber nicht verändern. Ein Beispiel ist (zumindest bei meinem ProAccount) dieses Bild (Warnung: Vermutlich nicht unbedingt für den Arbeitsplatz geeignet). Es gibt allerdings in den diversen Protestforen auch deutsche User, die die Bilder (teilweise) sehen können. Das kann damit zusammenhängen, dass diese User einen US Yahoo Account haben, der nicht gefiltert wird.

Mir geht es gar nicht darum, dass ich jetzt irgendwelche Akt-Fotos nicht mehr sehen darf/kann. Was mich viel mehr zornig macht und mir gleichzeitig Angst verursacht, sind diese Worte.

Wenn beispielsweise Behörden bei der Ausgabe von Suchergebnissen Einschränkungen verlangten, werde Yahoo dem nachkommen und versuchen, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Zudem sollen die Nutzer über die Zensurmaßnahmen informiert werden.
(Quelle)

Mit diesen Worten sind jeglicher Zensur Tür und Tor geöffnet. Der Gedanke der sich daraus leicht spinnen läßt, ist folgender: Wenn einer deutschen Behörde plötzlich einfällt, dass man keine Bilder mehr von Demos wie zum G8 Gipfel sehen soll, weil damit das Bild Deutschlands im Ausland leidet, reicht offenbar in Zukunft eine Mitteilung an Yahoo/Flickr und schon findet man unter dem Stichwort "Heilligendamm" nur noch ein paar Strandszenen. Wenn das deutsche Innenministerium plötzlich der Meinung ist, dass Fotos von Demonstrationen, in denen man zum Beispiel prügelnde Demonstranten oder Polizisten sieht, unter dem Verdacht stehen, zur "Bildung einer terroristischen Vereinigung" beizutragen, oder unter anderen Gründen nicht gerne gesehen werden, wird Yahoo/Flickr diese Bilder zensieren. Das nicht alles, was man bei Flickr reinstellt, unbedingt da rein gehört, ist eine Sache. Wenn ich ein Bild sehe, dass mir nicht gefällt, dann kann ich diverse Möglichkeiten nutzen die weitere Veröffentlichung dieses Bildes zu verhindern. Was jetzt geschieht, ist eine eindeutige Zensur: Mir wird die Entscheidung, was ich sehen kann oder nicht, abgenommen. Das ist bei irgendwelchen Nacktfotos vielleicht nicht schlimm, aber wer sagt, dass es dabei bleibt? Die Bundeswehr sollte ja auch nie im Inland eingesetzt werden.

Flickr, die man auch mal als alternatives Medium für Pressefotos galten, hat damit massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt, weil man nun immer den Gedanken im Hinterkopf hat, dass man nur das zu sehen bekommt, was entweder einer Regierung gefällt, oder von dem Yahoo glaubt, dass man es sehen darf. Wie weit geht wohl der vorauseilende Gehorsam von Flickr?

Flickr geht mir schon seit einiger Zeit auf die Nerven. Das Userinterface ist weiterhin eine Katastrophe, die Geschwindigkeit der Server ist unter aller Sau. Mein ProAccount läuft noch bis April 2008 aber ich werde mich nach einer Möglichkeit umsehe, wo ich meine Bilder in Zukunft ablade. (Nicht Zoomr, nicht Sevenload). Ich probier jetzt mal 23hq aus. Kennt wer noch andere Flickr Alternativen?

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Mittwoch, 13. Juni 2007

Meine Großmutter war Ärztin und sagte immer gerne, dass ein Großteil der Erkrankungen, die man sich so als Zipperlein im Leben einfängt, meist eher psychosomatisch sind. Irgendwas läuft schief im Leben und der Körper schickt einem Warnsignale, die man irgendwann nicht mehr überhören kann. Dann ist man gezwungen eine Pause einzulegen, raus aus dem Alltagstrott, rein in die Rekonvaleszenz, bei der man tagelang auf dem Sofa rumgammelt und irgendwann nachdenkt. "Die meisten Dinge," sagte sie gerne, "geschehen nicht ohne Grund und meist hat man noch das Glück, dass sie zu einem Zeitpunkt kommen, an dem man was ändern kann."

Ich habe darauf natürlich, wie viele andere auch, nicht gehört. Warum auch, man ist ja unzerstörbar. Damit bin ich das erste Mal auf die Schnauze gefallen, als ich 32 Jahre alt war. Nach ein paar ungesunden Jahren in der Musikbranche, nach viel Ärger im Job mit widerlichen Kollegen und einer desaströsen Beziehung, die auch deshalb desaströs war, weil ich nicht wußte, was ich da gerade machte, nach diversen Migräne Attacken (ich hab nie Kopfschmerzen) klappte ich dann einfach zusammen und kündigte in einem hellen Moment meinen Job und nahm den Resturlaub der letzten zwei Jahre. Danach ging es im rasenden Tempo bergab und ich brauchte ein halbes Jahr bis ich wieder aus meiner Wohnung auftauchte. Nur um nach ein paar Wochen wieder im gleichen Trott zu sein. Was weitere 15 Monate später dazu führte, dass ich abermals auf die Fresse fiel. Diesmal aber richtig

Immerhin habe ich dadurch ein paar Dinge eingesehen. Dass ich nicht für Festanstellungen gemacht bin. Dass ich deutlich sensibler bin, als ich es selber wahrhaben wollte. Dass ich auf mich acht geben muss. Dass ich mein Geld mit nichts anderem mehr verdienen will, als mit dem Schreiben oder anderen kreativen Dingen. Dass ich Zeit zum Leben brauche. Das es sehr ungesund ist, Dinge zu machen, die man eigentlich nicht mag.

Das eigene Leben neu zu justieren ist keine leichte Aufgabe. Wahrscheinlich braucht man dafür auch mal einen kräftigen Niederschlag. Ich habe tatsächlich einen Umzug und mindestens drei weitere Jahre gebraucht, um überhaupt zu verstehen, in welche Richtung mein Leben gehen soll. Ich hatte ein Gefühl, aber keine Ahnung. Und komischerweise hilft einem das Denken dabei überhaupt nicht weiter. Wenn man nicht weiß, was man sich vorstellen soll, schwirren die Gedanken auch nur hilflos zwischen den Trümmern des alten Lebens rum und sagen doofe Dinge wie "Ach, so schlimm war es doch auch nicht." Das, was man vom Leben haben will, fügt sich offenbar dann zusammen, wenn einen Wunsch verspürt und den Mut hat, dem nachzugehen. Ich sehe das immer wieder, gerade auch bei meinem ältesten Freund, der nicht so böse auf die Nase fallen musste wie ich, aber der letztlich auf einem anderen Weg auch die Erkenntnis gemacht hat, dass es viel wichtiger ist, eine Arbeit zu haben, die einem Spaß macht, als eine, die letztlich nur eine Tretmühle ist.

Und scheinbar habe ich auch den richtigen Weg eingeschlagen - mit Abstrichen. Mein gebrochener Fuss ist eine Warnung in der Richtung, dass ich es mit der Arbeit nicht übertreiben soll. Dass ich Pausen machen muss, um nicht völlig auszubluten, dass ich mir Zeit nehmen muss, damit ich das, was ich gerne mache, nicht zu einem Automatismus wird. Ich hab die letzte Tage eine deutliche Pause eingelegt, und das hat auch gut getan. Aber gleichzeitig habe ich auch gemerkt, das mir die Arbeit nach ein paar Tagen fehlt, weil sie mir Spaß macht. Ich vermisse tatsächlich das Schreiben und all die Dinge, die damit zusammenhängen. Ich muss aber offenbar lernen, mein Zeitmanagement besser in den Griff zu bekommen. Und mal wieder mit dem wunderschönen Mädchen in den Urlaub zu fahren.

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Montag, 11. Juni 2007

Vorbemerkung: Ich hab den G8 Gipfel und die Berichterstattung zu großen Teilen im Netz und im Fernsehen verfolgt. Ich habe bei Tageszeitungen deren Webberichterstattung gelesen, die Holzausgaben habe ich weggelassen. Dadurch ist das, was ich schreibe, ein persönlicher Eindruck

Wenn es, neben dem Klima und Afrika, einen großen Verlierer des Gipfels gibt, dann sind das vermutlich die Tageszeitungen. Es ist überraschenderweise nicht Spiegel Online, sondern die SZ Online. Und auch das Fernsehen, vor allem RTL, hat gezeigt, dass man sich eher in Richtung "Fox News" bewegt, denn für das zu stehen, was man mit dem Privatfernsehen in den 80er Jahren mal verbunden hat: Liberales, nicht von Politik geprägtes Fernsehen.

Doch der Reihe nach. Die Katastrophe für die Tageszeitungen und deren Politik, dpa Meldungen ungeprüft auf die eigene Webseite zu stellen, ist hinreichend bei Stefan Niggemeier dokumentiert. (Teil Eins, Teil Zwei). Sie offenbart das grundsätzliche Problem moderner Redaktionen und des sog. "Qualitätsjournalismus". Die kleinen Zeitungen senden kaum mehr eigene Reporter zu solchen Ereignissen, sondern lassen sich über die dpa informieren. Das die dpa mal falsch liegen kann - bei der Masse an Meldungen, die dort täglich verarbeitet werden ist das nicht schön, kann aber passieren. Das man drei volle Tage braucht um die Meldung zu korrigieren ist aber eine journalistische Unverschämtheit. Dennoch würde ich der dpa nicht unbedingt den schwarzen Peter zuschieben wollen, denn für die Überprüfung einer Meldung, deren Einordnung und Bewertung, ist ja, so heißt es ja zumindest gerne, die Redaktion zuständig. Was aber nicht, bzw. nur selten passiert ist. Wie sehr sich die Redakteure auf die dpa verlassen, wird auch an diesem Artikel deutlich.

Auch die Meldung, dass es Polizisten gab, die innerhalb des "schwarzen Block" unterwegs waren, und angeblich zu Straftaten aufgerufen haben, tauchte auf den Webpräzensen der meisten Tageszeitungen entweder gar nicht, oder nur als kleine Meldung auf. Immerhin war hier die "Welt" schnell, die schon am 06.06.07 erste Berichte darüber auf ihrer Seite hatte. Nebst eines vielsagenden Bildes. Ansonsten wurde das Thema, bis heute, totgeschwiegen.

Völlig enttäuschend war die Berichterstattung der SZ-Online. Da gab es kaum etwas kritisches zu lesen und man konzentrierte sich fast vollständig auf den Gipfel, statt auf das drumherum.

Weiterer Verlierer: Das Fernsehen, vor allem das Privatfernsehen. Die ARD bliebt die ganze Zeit relativ kritisch distanziert, das ZDF balancierte zwischen Boulevard Berichterstattung über die "Chaoten" und regierungstreuer Erfolgsmeldung, während RTL völlig das Gesicht verlor und selbst die Abschlusserklärung, dass man einen Halbierung des CO2 Ausstoß bis 2050 in Erwägung zieht, wurde als toller Erfolg dargestellt. Dazu minutenlange Berichte über "Chaoten", selbst am Freitag, als es nur noch vereinzelt Auseinandersetzungen mittels Wasserwerfer gegeben hat. Das, was RTL da ablieferte erinnerte mich sehr stark an FOX News. Boulevardbilder, Jubelmeldungen und Kritiker wurden erst gar nicht zu Wort gelassen. Der Sender, dessen Bilder auch bei n-tv, RTL2 und Vox laufen, ist so weit nach Rechts gerutscht, dass ich mir ernsthaft Sorgen mache. Von einer fairen Berichterstattung war RTL soweit entfernt, wie ein nordkoreanischer Staatssender.

Großer Gewinner der letzten Woche sind die Blogs, allen voran das Blog der Tagesschau die einen ziemlichen Spagat gewagt haben. Einerseits gab es eine interessante Hintergrundberichterstattung über die Pressekonferenzen usw. andererseits waren viele Reporter auch "draussen" unterwegs und bewegten sich mit den friedlichen Demonstranten. Man war offenbar mutiger, als die Kolllegen vom NDR, wie man bei Netzpolitik nachlesen kann. Blogs haben mit ihrer Geschwindigkeit, Hintergrundrecherche und Bildern dafür gesorgt, dass Falschmeldungen aufflogen, prügelnde Autonome wie Polizisten entlarvt wurden und vor allem der Protest deutlich weiter im Vordergrund der Berichterstattung (positiv wie negativ) stand, als der eigentliche Gipfel.

Ich glaube, dass die Berichterstattung über den Gipfel und seine Proteste tatsächlich eine Zäsur für die meisten Medien darstellen. Blogs haben bewiesen, dass sie auch in der Masse durchaus kritisch und distanziert berichten können. Es gab die Möglichkeit der direkten Partizipation, aber es wurde auch nicht jede noch so merkwürdige Meldung sofort herausposaunt. Die meisten Blogs blieben wachsam, was vielleicht etwas damit zu tun hat, das da Autoren sitzen, die so medienerfahren sind, dass man sich auch im Bereich der Desinformation gut auskennt. Es ist schwer zu sagen, wie stark Blogs bei diesem Gipfel die Berichterstattung geprägt haben. Ich nehme mal an, dass der Spiegel durchaus die Blogs und deren Meldungen gescannt hat und seine Berichterstattung angepaßt hat. Die Medien, die das nicht gemacht haben, die sich nur auf die dpa verlassen haben und nicht mal einen eigenen Reporter vor Ort hatten, werden das gespürt haben. Und vor allem bei der nächsten großen Glaubwürdigkeitsdebatte zu hören bekommen.

Den schönsten Satz, rechtzeitig in der letzten Woche, hat aber das Bundesverfassungsgericht geschrieben. Offenbar der einzige Laden in Deutschland, in dem man sich noch um die Grundrechte schert.

"In der freiheitlichen Demokratie des Grundgesetzes haben Grundrechte einen hohen Rang. Der hoheitliche Eingriff in ein Grundrecht bedarf der Rechtfertigung, nicht aber benötigt die Ausübung des Grundrechts eine Rechtfertigung."

Zu finden war dieser Satz nicht in einer Zeitung sondern im Lawblog. Angesicht der Berichterstattung zum Beispiel bei RTL in der letzten Woche, sollte man das mit Goldfaden auf einen Teppich klöppeln und der Redaktion ins Büro hängen.

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Freitag, 8. Juni 2007

Die Berichte darüber, dass sich unter den "Schwarzen Block" der gewaltbereiten Autonomen, auch etliche Zivilbeamten und Spitzel finden, wurden von der Polizei ja lautstark und auf allen Kanälen dementiert. Gestern sah ich noch den Sprecher der "Kavala" Einsatztruppe bei Phoenix, wie dieser Dinge sagte wie "...lächerlich..." und "....[sowas gehört] nicht in einen Rechtsstaat, das wäre inakzeptabel und unverhältnismäßig"

Heute kommt von der Polizei MeckPom, Abteilung PM90 (nicht Kavala), dann folgende Meldung

Am Mittwoch, den 06.06.2007 wurde gegen 19:00 Uhr innerhalb der Blockade vor der Kontrollstelle Galopprennbahn ein in Zivil eingesetzter Beamter aus der Hansestadt Bremen von anderen Blockadeteilnehmern aus der selben Region erkannt, angegriffen und gewaltsam aus der Menschenmenge gedrängt.

Das sollte niemanden mehr überraschen, denn wer Post öffnet hat es vorher mit Sicherheit auf die klassische Methode mittels Informanten etc. versucht. Warum sollten die ausgerechnet zum G8 Gipfel zum Geburtstag ihrer Oma müssen. Aber das ist hochnotpeinlich und kratzt an der Glaubwürdigkeit der Meldungen der Polizei,die sich in den letzten Tagen auch bei den Verletztenzahlen oder den Berichten über die "ätzende Flüssigkeit" die von der "Clowns Army" versprüht worden sei, nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Wer glaubt jetzt noch, dass diese Beamten zu ihrem eigenen Schutz innerhalb der Gruppe nicht auch mal ein Steinchen geschmissen haben? Würde man es untersuchen, käme vermutlich eine Antwort "Ja, ich habe einen Stein geschmissen, aber nur einmal und ich habe auch nicht inhaliert extra zu kurz geworfen." Wer die Geschichte der Bundesrepublik ein wenig kennt, weiß, dass die man seitens der Staatsorgane auch gerne mal einen Schritt weiter geht.

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