Hell freezes over

Peter Glaser vs. Marco Dettweiler von der FAZ, der Glaser unter anderem schreibt:

P.S: Bloggen sie ruhig weiter, aber lassen sie seriöse Journalisten in Ruhe. Danke!

Aua.

Via Mail

Nachtrag, 14.08.08

Blogger lügen, machen Radau und stinken, das ist bekannt, und Printmedien wie FAZ und Spiegel weisen in Erfüllung ihrer Kontrollfunktion oft genug darauf hin.
Manchmal kann die taz schon ganz schön lustig sein,

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"Unbelievable,'' said Laura Martin, an analyst at New York- based Soleil Securities Corp. "This is management putting its employees and its job security ahead of current Yahoo shareholders' interest.''

Genau. Unglaublich. Wie kann man nur die Interessen der Angestellten so hoch bewerten. Wo kommen wir denn da hin? Kommunismus!

Manchmal, wenn ich einen Blick über meinen schmalen Tellerrand werfe und versuche, mich in das Denken mancher Manager einzudingsen, bekomme ich schon ein wenig Angst. Man könnte ja jetzt sagen: "Ach, ist doch hübsch. Die werden an ihrer eigenen Gier schon zugrunde gehen, da hol' ich mir jetzt was Popcorn und schaue zu." Dummerweise ist man, ob man es nun will oder nicht, ja Teil des Systems, aus dem man sich nicht lösen kann. Nicht mal als Schafhirte in Neuseeland. Wie merkwürdig verzweigt das Wirtschaftssystem mittlerweile ist, sieht man an der Lebensmittelkrise, die weiter vor sich hin gärt, ohne das jemand da wirklich verstehen würde, was genau da vor sich geht. In der letzten "Zeit" gab es einen Artikel zum Thema, in der die Warenterminkontrakte verantwortlich gemacht wurden. Es ist wohl so, dass eine Seite auf einen höheren Preis spekukliert und den Kontrakt mit Gewinn dann weiterverkauft an jemanden, der auf einen noch höheren Preis geht. Das erinnert fatal an das Dominospiel bei den Krediten in den USA, nur dass hier die gesamte Welt dranhängt. Der Zynismus ist halt, dass die, die da auf höhere Preise wetten, auch die sind, denen es meist egal ist, was die Milch oder der Reis kostet. Genauso wie es den Angestellten der Banken wurscht war, ob da einer sein Haus überbewertet oder nicht. Da muss man sich am Ende über Sätze wie den da oben auch nicht wundern. Und das die Moral im Geschäft völlig hinüber ist. Die Welt ist eine Mischung aus den Albträumen von Foucault, Orwell und Postman.

Via

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Der Deutschlandfunk brachte gestern Abend um halb acht ein Feature (bisher nur als pdf), dass sich noch einmal nachträglich mit den Vorfällen beim G-8 Gipfel beschäftigt. Ein gut recherchierter, sehr bedrückender Beitrag in einem Sender, dessen journalistischen Unabhängigkeit immer noch sehr stark ist. Es gibt viele Dinge, die mich in Beitrag erschrocken haben, und zwei möchte kurz zitieren.

Es ist erstaunlich, daß ein im Grunde ganz normaler Vorgang, daß sich Menschen versammeln, um anläßlich eines herausragenden Ereignisses, G8 Gipfel, ihre Meinung zu sagen, daß dies zu solchen hysterischen Gegenreaktionen führt. - Das ist eine bequeme Überlegung heute zu sagen, na ja wir haben ja noch die Bundeswehr und die Bedrohung ist weltweit und da wird Krieg gegen uns geführt, wir sind im Ausnahmezustand. /Carl Schmitt läßt grüssen. /Da heben wir eben den Rechtsstaat partiell auf.
Ex-Innenminister Gerhard Baum zum Einsatz der Bundeswehr beim G-8 Gipfel.
Es besteht heute die Gefahr, daß in Rechtssprechung, Politik, Verwaltung und Publizistik Carl Schmitts Theorie der innerstaatlichen Feinderklärung zur Routine wird. Nach dieser Theorie beweist der Staat seine Autorität in Gefahrensituationen dadurch, daß er den inneren Feind bestimmt. Nun könnte man meinen, daß sich die Terroristen als Feinde des Staates definieren. Aber ihnen gegenüber beweist der Rechtsstaat seine Aurtorität gerade dadurch, daßer sie nicht als Feinde sondern als Kriminelle behandelt werden, die unter dem Gesetz stehen. Nur ein Staat, der sich das faschistische Selbstverständnis des Staats Carl Schmitts zu eigen machen würde, bräuchte innere Feinde, die er, wie im Kriegsfall die äußeren Feinde bekämpfen darf.

Resümee des Features.

Die Erwähnung von Schmitt ist schon starker Tobak, denn der war einer juristischen Vordenker der Nationalsozialisten und sorgte mit seinen Schriften bis Ende der 30er Jahre dafür, dass zum Beispiel auch die "Nürnberger Rassegesetze" ein intellektuelles Fundament bekamen. Er galt als Antisemit, allerdings muss man auch erwähnen, dass er um 1937 von noch rechtsextremeren Kräften kaltgestellt wurde. Von Schmitt stammt auch folgender Satz: "Dass es die zuständige Stelle war, die eine Entscheidung fällt, macht die Entscheidung […] unabhängig von der Richtigkeit ihres Inhaltes". Beschließt also eine Behörde oder Sicherheitsstelle etwas, zum Beispiel mit der Begründung die "innere Sicherheit" wahren zu wollen, kann die Entscheidung nicht falsch sein, auch wenn sie in andere Rechtsbereiche eingreift. Sehr kurz gefasst: Schmitt stellt den Souverän (Kann ein Staatsführer aber auch eine Behörde sein) über das Recht, weil das Recht ja erst durch den Souverän geschaffen wird. Ein liberales Bürger- oder Verfassungsbild ist Schmitt fern. Mehr über Carl Schmitt bei Wikipedia

Tatsächlich scheint es ja innerhalb des Staates die Bestrebung zu geben, als Souverän das Recht so zu formen, wie es gerade in den Kram paßt. Die Überlegung zum Beispiel Flugzeuge bei einem "Anschlagsverdacht" abschießen zu lassen, wurde zwar schon vom Verfassungsgericht kassiert, aber das hält verschiedene Stellen nicht davon ab, darüber weiter nachzudenken. Im Grundtenor heißt es: "Wenn das Recht nicht so beschaffen ist, dass wir eine solche Maßnahme durchführen können, müssen wir das Recht soweit verändern, dass ein Verfassungsgericht nicht mehr dagegen vorgehen kann." Das kann man mit einer Grundgesetzänderung erreichen, mit einem Hinweis auf "höheres Recht", wie einem EU-Beschluss oder in dem man demjenigen, der einen Abschuß befiehlt oder durchführt von vornherein Immunität zusichert.

Es ist kein Geheimnis, dass sich auch Deutschland von klassischen, bürgerlichen Sozial-Liberalismus immer weiter entfernt. Die Frage ist nur, wie weit die Anti-Liberalistische Denke in vielen Bereichen des Staats schon vorhanden ist. Wenn man liest, wie Demonstranten während des G8 Gipfels teilweise behandelt wurden, dann kann einem schon der Gedanke kommen, dass hier etwas nicht mehr stimmt. Wer die Maßnahmen während des Gipfel unter anderem auch damit begründet, dass man "das Ansehen Deutschlands im Ausland" schützen möchte, muss sich die Frage gefallen lassen, wie es eigentlich mit dem Ansehen des Staates gegenüber seinem Bürger so steht. Und hat gleichzeitig wieder ein schönes Beispiel dafür in der Hand, dass es die bedenkliche Tendenz gibt, dass der Staat nicht mehr für die Bürger da ist, sondern oftmals nur noch zum Selbstschutz aufgrund einer selbst konstruierten Gefahr agiert.

Ich habe aber auch keine Lust völlig schwarz zu malen. Ich vertraue diesem Staat weiterhin, auch wenn ich in manchen Dingen sehr skeptisch geworden bin. Aber ich halte nichts von Propaganda. Weder in die Richtung, dass hier rechtsstaatlich alles den Bach runtergeht, noch in der Art und Weise, mit der sich heute das SZ-Magazin diskredetiert. Deren Artikel wäre schon wieder einen eigenen Eintrag wert, aber dazu hab ich keine Lust. Ich vertraue auf die verfassungsmäßigen Selbstheilungskräfte unseres Rechtssystems und auch darauf, dass der in meinen Augen eigentliche Souverän, der Bürger, mittlerweile gelernt hat, wo er einer allzu neo-liberalen und, vorsichtig ausgedrückt, rechtskonservativen Politik und deren Vertretern, die Schranken aufweist. Das Wahlergebnis in Hessen zeigt zumindest, dass den meisten Deutschen eine vernünftige Bildungspolitik wichtiger ist, als das Gebrüll nach Sicherheitsverwahrung und mehr Überwachung.

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Jetzt muss man schon aufpassen, wenn man in die Scheiße getreten ist.

Nicht das nachher einer sagt: "Also so war das ja nicht gedacht, als ich damals meinte, man müsse doch was gegen den Terror und so..."

Natürlich ist die Geschichte ein Witz, aber sie ist ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn Technologien zur Verfügung stehen - man nutzt sie, für welchen Zweck auch immer. Denn eigentlich ist doch so, dass man im Recht ist, also kann man doch auch, weil so geht das ja auch nicht. Und das die Deutschen dem Denunziantentum nicht abgeneigt sind, ist ja hinlänglich bekannt. Es wäre sicher ein großer Publikumserfolg, der von Politikern als "...wichtiger Schritt in Richtung mehr Sicherheit..." gepriesen würde, könnte man die Kameras in seiner lokalen Umgebung auf dem heimischen Fernseher anschauen. Ich muss mich doch mal ernsthafter mit Uruguay beschäftigen.

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Dieser Satz stammt nicht von einem konservativen Hardliner.

"Niemand bestreitet, dass auch durch die Bombardierung Menschen getötet wurden. Aber wir haben heute auf dem Balkan keinen Krieg mehr."

Dieser Satz stammt nicht von einem Sozialdemokraten.

"Das liegt auch daran, dass Teile der Friedensbewegung heute eher auf der Linie der Linkspartei sind. Effektiver Multilateralismus, der auch militärisch gestützt ist - das wird von großen Teilen der Friedensbewegung nicht geteilt."

Und dieser stammt von...

"Es gibt ja von den verschiedenen Formen des Missregierens nicht nur die Diktatur. Es gibt auch Missregieren durch Selbstüberschätzung, Torheit und Starrsinn. Dazu kommt die Unfähigkeit, aus historischen Erfahrungen zu lernen. Was hat denn diese Interventionspolitik seit 1999 in den betroffenen Ländern gebracht? Ist es im Kosovo oder in Afghanistan um einen Deut besser geworden?"

...einem CSU Politiker. Peter Gauweiler, um genau zu sein. Die beiden anderen Zitate stammen von Kerstin Müller, Bündnis90/Grüne, ehemalige Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Kann man in einem sehr lesenwerten <a href=www.sueddeutsche.de">Interview in der SZ nachlesen.

Manchmal habe ich das Gefühl, ich hätte offenbar rund zehn Jahre im Koma gelegen, in denen ich was sehr wichtiges verpasst hätte. Kommen die Grünen nicht aus der Friedensbewegung? Haben sie da nicht ihre Wurzeln? Und dann kommt das Eingeständnis, dass man mit seiner Basis nichts mehr zu tun hat. Die Argumentation, man habe aus humantitären Grunden eingreifen müssen, bevor es einen Völkermord gekommen wäre, hätten die rund 700.000 toten Tutsi in Ruanda nur wenige Jahre zuvor sicher auch gern gehört.

Was ist eigentlich in den letzten zehn Jahren nicht nur mit den Grünen passiert? Was geht in den Köpfen der Politik vor? Ich sehe, was passiert. Bei den Einschneidungen in den bürgerlichen Freiheitsrechten. Bei den Einschneidungen im Privatleben. Ich sehe den Aufbau eines Überwachungsstaates, der mit einer bürgerlichen Demokratie nichts mehr zu tun hat. Historiker und Staatsphilosophe werden in 50 oder 100 Jahren sicher einen Begriff für diese Form der Staatsform finden. Aber heute verstehe ich es nicht. Mir fehlt der zeitliche Abstand zu den Ereignissen, und deswegen habe ich nur mein Gefühl. Und das sagt mir, dass ich mich nicht mehr wohl fühle. Es ist nicht greifbar, denn es ist in meinem Leben noch nichts passiert, was mich am demokratischen Grundgerüst des Staates zweifeln lassen würde. Ich war nie Opfer von Willkür eines Sicherheitsapperates. Ich habe immer das sagen und schreiben können, was ich wollte. Aber dennoch fühle ich mich unwohl. Es ist ein nebulöses, nicht greifbares Gefühl. Ein Unwohlsein, dass vielleicht daraus resultiert, dass mir viele Worte und Argumente, die man so hört und liest, irgendwie aus einer dunkleren Zeit bekannt vorkommen. Die Diktion ist nicht gleich, das was zwischen den Zeilen mitschwingt vielleicht schon.

Das Internet hat vieles sichtbar gemacht, weil das Internet manchmal nichts anderes ist, als eine Kneipe oder ein Wohnzimmer. Dort konnte ich sagen und behaupten, was ich wollte. Die meisten nehmen das Netz, zum Beispiel ihr Blog, als nichts anderes wahr, als ihr Wohnzimmer oder ihre Lieblingskneipe. Aber für die Dinge, die ich hier reinschreibe, und die ich vieleleicht in der gleichen Form in meinem Wohnzimmer sagen würde, werde ich im Netz abgemahnt, oder ich falle ins Raster irgendeiner Überwachung, weil ich ein bestimmtes Wort benutzt habe. Ich bemerke die Überwachung vielleicht nicht, aber ich weiß, dass sie da ist. Und das verändert mich und mein Verhalten. Wüsste ich, dass ich in der Kneipe belauscht werden würde, ich würde auch dort meinen Mund halten. Ehemalige Bürger der DDR kennen das vermutlich besser.

Vielleicht liegt dieses Unwohlsein auch darin begründet, dass mich der Staat belügt und sich nicht mal mehr die Mühe macht, die Lüge zu kaschieren. Man hat gesagt, dass man die Kontoüberwachung nur einführt, damit man das organisierte Verbrechen und den Terrorismus bekämpfen kann. Wenige Jahre später nutzt das Sozialamt, das mit den Themen ja wohl eher nichts zu tun hat dieses Instrument, um die Hartz IV Kunden zu überwachen. Man hat versprochen, das man die Kameras auf den Mautbrücken nur für LKW und nur für die Maut einsetzen will. Jetzt versucht man die Kennzeichenüberwachung aller Strassenverkehrsteilnehmer durch die Hintertür einzuführen. Sollte man in Karlsruhe der anhängigen Klage gegen diese Überwachung nicht Recht geben, werden die Mautkameras doch für andere Dinge eingesetzt.

Das sind nur zwei Beispiele dafür, dass der Staat die vorhandenen Gesetze bis zur Neige ausschöpft und wo das nicht reicht, werden eben neue gemacht. Man sagt: Ja, aber dieser Staat ist demokratisch gewählt, da passiert schon nichts. Ich bin mir da nicht mehr so sicher. Der Staat scheint zu einer gewissen Paranoia zu neigen, die sich auf mich überträgt. Nur weil sie mich nicht verfolgen, heißt dass ja nicht, dass sie es nicht doch heimlich tun.

Am Ende bleibt das Unwohlsein. Das Gefühl, dass etwas ganz massiv in die falsche Richtung läuft. Dass die persönlichen Freiheiten immer stärker eingeengt werden, von Gesetzen, Abgaben, restriktiven Verhaltensvorgaben und anderen Dingen. Dass das alles erst der Anfang ist.

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