Samstag, 4. November 2006

Ich hab ein neues Gemeinschaftsblog aufgemacht und das ist der Grund dafür:

Die Zahl derjenigen, die alleine in diesem Jahr in der Blogszene eine Abmahnung wegen eines Eintrages erhalten haben, ist kaum noch zu einzuschätzen. Das liegt zum einen an der intensiv gewachsenen Blogszene, die sich nicht mehr wie vor einigen Jahren noch mittels RSS Feed gemütlich überblicken lässt. Und zum anderen daran, dass es Anwälte gibt, die scheinbar gezielt per Suchmaschine nach in ihren Augen abmahnwürdigen Einträgen fahnden. Dazu kommen Firmen, große Konzerne wie mittelständische Unternehmen, die schnell ihre Rechtsabteilung alarmieren, lesen sie einen Blogeintrag, der die Firma oder ein Produkt der Firma in ein schlechtes Licht stellt. Das Problem mit Abmahnungen und Unterlassungserklärungen ist nicht neu. Jede Redaktion kennt das schon seit Jahrzehnten, doch wird der Betreiber eines Blogs abgemahnt, kann der sich nicht an eine Rechtsabteilung wenden, die die Sache schon irgendwie ausfechten wird. Man steht allein da und vor allem vor einer Kostenaufstellung, seitenweise Anwaltsdeutsch und meist einer extrem kurzen Frist. Das kann einem schlichtweg Angst machen, was ja auch soll.

Aber: nicht alle Abmahnungen sind gerechtfertigt.

Die Idee zum Blog ist folgende: Viele Blogs die abgemahnt werden, haben nur wenig Leser und sind kaum vernetzt. Da fällt es schwer, sich Gehör zu verschaffen und auf die erhaltene Abmahnung aufmerksam machen zu können. Und wie schon erwähnt: manche Abmahnungen stehen auf derartig dünnen rechtlichen Boden, dass man sie eigentlich hätte gar nicht versenden dürfen. Aber woher soll man das wissen?

Dann gibt es Abmahnungen, die schlicht weg unverständlich sind. Bestes Beispiel ist die Abmahnwelle der Daimler-Chrysler-Bank. Auch hier kann so ein Sammelblog einen guten Überblick verschaffen.

Dann wäre es interessant zu sehen, welche Firmen wie oft und wann abmahnen, bzw. welche Anwaltskanzleien involviert sind. Ein Eintrag unter dem Topic "Firma XYZ" würde zwei Dinge bringen: zum einen sieht man, dass man nicht alleine ist und kann sich auch in Rechtsfragen zusammenschließen, zum anderen kann man erkennen, wie viele derartiger Abmahnungen im Internet kursieren.

Und am Schluss soll das Blog auch noch etwas machen: es soll die Angst ein wenig lindern. Mittlerweile kennt man irgendeinen Blogger, der schon mal abgemahnt wurde und dessen Geschichten über Kostenfestsetzungen und horrende Anwaltsrechnungen. Beim Schreiben ist Angst ein schlechter Ratgeber. Mancher verfasst seine Einträge nur noch so, in dem man alle rechtliche Risiken schon im Vorfeld zu minimieren sucht. Könnte man auch "vorauseilender Gehorsam" nennen. Und wer weiß schon, wann er und weswegen er abgemahnt werden kann? Aber in dem Fall besteht die Gefahr, dass die Angst vor einer Abmahnung dazu führt, dass bestimmte Dinge nicht mehr geschrieben werden. Dann wird das Instrument der Abmahnung zu einer Zensurmassnahme.

Und damit man sich einen ersten Überblick über das Thema verschaffen kann, hat das Blog auch eine Linkliste.

Wozu das Blog nicht da ist:

  • Es wird keine Rechtsberatung geben. Tipps kann man sich holen, aber keine Rechtsberatung. Wer eine Abmahnung/Unterlassungserklärung erhält, der sollte zu einem Rechtsanwalt gehen. Und zwar sofort.

  • Es wird keine Präjudizierung darüber geben, ob eine Abmahnung/Unterlassungserklärung gerechtfertigt ist war/ist, oder nicht.

  • Es geht um ausschließlich um Abmahnungen, die auf Grund eines Blogeintrages entstanden sind, nicht um solche, die man woanders erhalten hat (Arbeitsplatz etc).

Das Blog ist nun online. Wie gesagt: es ist ein Gemeinschaftsblog. Jeder, der sich bei blogger.de registriert hat, kann dort mitschreiben. Bitte die Regeln beachten.

Es wäre toll, wenn man den Link mal kurz durch die Blogszene tragen könnte. Gerne auch mit diesem Button.



Bedanken möchte ich mich noch beim Herrn ichichich der das Layout zur Verfügung gestellt hat.

Nachtrag: Interessanter Artikel in der FAZ über die Abmahnpraktiken verschiedener Media Märkte die interessanterweise alle durch Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel vertreten werden. Wie dort einige Kommentatoren schreiben, ist es die einzige, aber vermutlich beste Lösung, auch das Verhalten einer Firma gegenüber Mitbewerbern in seine Kaufentscheidung mit einzubeziehen.

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