Sonntag, 8. Januar 2006

Nicht vergessen. 17.30 Uhr!

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Seit wenigen Jahren stürzen sich die Fondsgesellschaften, zumeist aus den USA und Großbritannien, geradezu auf deutsche Mietwohnungen. Sie heißen Terra Firma, Fortress, Apellas oder auch Cerberus wie der dreiköpfige Höllenhund aus der griechischen Mythologie, der den Eingang zur Unterwelt bewachte. Rund 600000 Mietwohnungen haben die Investoren in den vergangenen fünf Jahren erworben, zumeist von Kommunen.

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Die meisten Mieter an der Argentinischen Allee wollen die Modernisierungen nicht dulden. Sie halten sie für »Scheinmodernisierungen«, einzig zu dem Zweck, sie zu vertreiben und die Wohnungen einer zahlungskräftigeren Klientel zu vermieten und vielleicht auch zu verkaufen. Genährt wird dieser Argwohn dadurch, dass die Gehag nur solche Modernisierungen plant, die auf die Mieter umgelegt werden können. Aus Sicht der Bewohner sind sie völlig unnötig, viele von ihnen haben ihre Bäder und Küchen in jüngster Zeit auf eigene Kosten modernisiert. Dringende Instandsetzungen wie neue, dichte Fenster oder eine Wärmedämmung der Fassade unterbleiben dagegen – all dies sind Investitionen, die der Eigentümer tragen muss und die nicht umgelegt werden können.

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So ist Sozialdemokrat Florian Gerster, ehemals Chef der Bundesagentur für Arbeit und davor acht Jahre lang Sozialminister in Rheinland-Pfalz, in die Dienste von Fortress getreten. Für den Berliner Investor Apellas, hinter dem unter anderem der amerikanische Spekulant George Soros steht, verwendet sich der ehemalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz. [...]

Interessante, wenn auch unschöne Lektüre in der Zeit

Umgehauen hat mich die Tatsache, dass jemand wie Florian Gerster für solche Firmen arbeitet. Vielleicht bin ich ja nur ein dummes Häschen, aber ich dachte, dass wenn jemand das Arbeitsamt geleitet hat, und sich auskennt mit den sozialen Problemen innerhalb eines Landes, er sowas wie ein Gewissen entdeckt und dementsprechend handelt. Er muss ja nicht gleich Vorsitzender von "Brot für die Welt" werden, aber irgendwie erwartet man, dass sich Menschen, die in solchen Positionen gearbeitet haben, zumindest nicht mehr direkt der bösen Seite der Macht verkaufen. Aber offenbar tut man das gerne, trotz hoher Abfindung, trotz irgendeiner üppigen Rente. Ich frage mich, welcher verantwortlicher Politiker oder Beamte sich überhaupt noch für die Belange der sozial Schwachen interessiert und werde das Gefühl nicht los, dass man bis auf wenige Ausnahmen nur noch von einer Horde gefühlsloser Lurche regiert wird, die nichts anderes kennen als den eigenen Vorteil und die eigene Raffgier mit der sie versuchen, ihre Schäfchen so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen. Nach mir die Sinnflut, Hauptsache mir gehts gut. Widerlich.

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