"[...] "Deutsche Geisel. Wird sie geköpft?" fragt BILD einen Tag, nachdem die Geiselnahme der Archäologin Susanne Osthoff im Irak bekannt wurde. Wird sie geköpft? Und wann? Hoffentlich noch vor Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe, mag sich der Chefredakteur gedacht haben, dessen Name hier nicht genannt werden soll, da Gefährdungen seiner Person, sofern sie in ihrer Nichtigkeit allen möglichen Terroristen nicht schon entfallen sein sollte, ausgeschlossen werden müssen. Mehr noch, hätte er eine Spur von Anstand, würde er seinen Namen ändern und eine neue Karriere versuchen, irgendwo, anderswo, nur nicht hierzulande, wo es genug der alltäglichen Schrecknisse schon gibt." [...]
Die alte Tante Zeit als letztes Sturmgeschütz der unabhängigen Presse? Oder kurzzeitig schnaubende Wut im Lehnstuhl, weil der zu vor servierte Tee zu kalt war?
Ein großes "Danke" an die Frau Grete, die mir diesen leckeren Stollen hat zukommen lassen und somit das erste Geschenkt in der Weihnachtszeit. Wird demnächst mit leckerem Kakao verköstigt und gnadenlos eingetunkt.
Die "Badische Zeitung" hat, laut ihrer Mediadaten, täglich 153.794 Exemplare verbreitete Gesamtauflage, wobei 91% der Auflage an Abonnenten weg gehen, was vielleicht auch erklärt, dass das Blatt außerhalb seines Verbreitungsgebietes nicht zu bekommen ist. Kernzielgruppe des Blattes sind offenbar die über 50 jährigen, die mit 48% fast die Hälfte aller Leser stellen, die wiederum zum einem erheblichen Teil offenbar nicht mehr berufstätig sind (46,7%). Das erklärt natürlich, warum manche Abteilungen des an sich modernen und liberal ausgerichteten Blattes vielleicht einen schweren Stand haben. Internet. Moderne Kultur. Blogger.
In diesen Bereich ist ein Journalist namens Jürgen Reuß unterwegs. Ein aufrechter Kämpfer gegen den Blödsinn im Internet, der seinen Lesern gerne mal vor Augen führt, welche Abgründe sich im Internet (also im Internet außerhalb von Freiburg) so auftun. Herr Reuß scheint ein umtriebiger Mann zu sein, denn im Rahmen seiner Recherchen fand er nicht nur kurioses (Achtung Google Cache Link, weiß nicht, wie lange der geht) sondern auch den überaus merkwürdigen Junggesellenpreis des Literaturhaus Stuttgarts. Unter anderem wurde ich dabei offenbar auch vorgeschlagen, was ich nicht wußte, zumal ich kein Junggeselle bin. Wie dem auch sei, mein Blog tauchte dort auf und war natürlich gegenüber der Konkurrenz chancenlos. Das meint auch Jürgen Reuß, der in seinem kleinen Artikel über den Preis die Teilnehmer durchhechelt und über mich schreibt:
Ähnliche Weisheiten bietet auch Don Dahlmann, der seine Bewerbung so begründet: "Ich pflege mein Junggesellendasein nun mehr als 38 Jahre und kann mit Fug und Recht behaupten, es mittlerweile zu einer bestimmten Klasse gebracht zu haben." Folgerichtig schickt er einfach sein Online-Tagebuch ins Rennen, und läßt die Leser an tollen Erlebnissen teilhaben: "Hurra! Endlich kann all meine Suchergebnisse, Mails, Messangergespräche und meine Urlaubsplanung dank Satellitenfotos mit Google abwickeln" [Hervorhebung von mir]
Stimmt, hab ich geschrieben, und zwar am 15.11.2005. Allerdings mit dem kleinen Nachsatz "Erwähnte ich schon mal, dass mich Google so langsam an die "Tyrell Corporation" aus "Blade Runner" erinnert?" Ein Satz, den Herr Reuß seinen Lesern offenbar nicht mehr zumuten wollte. Vielleicht ging ihm auch einfach der Platz aus, man weiß es nicht. Naja, denkt man sich, was juckt es einen Elefanten, wenn ihn die Mücke sticht. Man kann es ja nicht allen recht machen, aber ein bisschen nervt es dann schon, wenn jemand mittels willkürlich ausgesuchten Zitaten versucht kompetent daher zu kommen. Das kann Herr Reuß nämlich offenbar sehr gut, und nicht nur, wenn es um Textavantgardisten (haha) geht, sondern auch, wenn ein anerkannt guter Kabarettist eine Baden-Württembergische Wirtschaftsikone aufs Korn nimmt. So schreibt Herr Reuß über ein Zusammentreffen zwischen Matthias Deutschmann und dem ehemaligen Daimler-Benz AG Chef Edzard Reuter, denn Herr Reuß in seinem Text erstmal zum Mercedes Chef degradiert, folgendes:
Ein schönes Anfangsgeplänkel, aus dem sich ein interessanter Abend hätte entwickeln können. Doch dann begann Deutschmann seine berüchtigten "Fra-gen" zu stellen, für die er in dieser Zeitung - wie er selbst bemerkte - schon des Öfteren bekrittelt wurde.
Und weil das schon mal so ist, und der Herr Deutschmann sich gemeinerweise auch nicht an die Ratschläge der "Badischen Zeitung" hält, vielleicht einfach mal weniger "Frag-en" zu stellen, und weil man einen Mann wie Edzard Reuter sowieso toll findet, muss man wahrscheinlich solche Sätze schreiben. Man will ja auch nicht die 36,2% über 60 jährigen der Stammleserschaft vergrätzen, die ich dank mangels Erwähnung der Webadresse meines "Online Tagebuchs" in der "Badischen Zeitung", nun leider auch nicht hier begrüßen kann. Schade.