Sonntag, 13. November 2005

Der Vorteil von viel Arbeit ist ja, dass man auch Geld verdient. Zum Beispiel das Geld, dass man schon vorher unters Volk gebracht hat, auf das die Wirtschaft nicht leide. Oder gemäß dem, leider bisher nur so mittel bestätigtem Satz, dass viel Geld ausgeben auch viel Geld rein bringt. Ich bin ein sehr großer Anhänger dieser Theorie und arbeite seit Jahren dran, sie zu bestätigen. Quasi vergleichbar mit dem Eifer, mit dem gute Katholiken immer wieder in die Kirche gehen, in dem festen Glauben, dass, wenn sie das tun, auch später in ihr persönliches Paradies kommen. Obwohl schon ziemlich viele Religionen mit der Aussicht auf eine solche Dividende in Laufe der Menschheitsgeschichte tragisch gescheitert sind, und es somit klar sein sollte, dass das Versprechen auf wackligen Beinen steht, funktioniert das Konzept immer wieder prächtig aufs Neue. Aber ich will nicht auf Religionen rumhacken, denn man muss auch mal erwähnen, dass manche Religionen schon sehr tolle Nebeneffekte produzieren, die vielleicht nicht geplant waren, aber eine echte Erleichterung im Leben eines jeden Menschen darstellen.

Die Zeugen Jehovas sind so ein Beispiel. Als Religion eher unbefriedigend, bringt die Glaubensgemeinschaft eine Zeitschrift namens "Wachtturm" raus, die man für kein Geld am Eingang einer U-Bahnhaltestelle seiner Wahl bekommen kann. Der Inhalt der Zeitschrift ist eher, sagen wir mal, ernüchternd, aber man kann mit der Zeitschrift ganz tolle Sachen machen. Ich hatte jahrelang immer drei Ausgaben neben meiner Haustür liegen. Stand klingelnderweise vor selbiger ein Verkäufer, der mir fußhergestellte Haarbürsten, Telefonleitungen oder Versicherungen verkaufen wollte, habe ich den Menschen brav zugehört. Sagte er "Haben Sie Interesse?" schüttelte ich den Kopf, griff mir einen Wachtturm und antwortete: "Danke nein, aber haben SIE schon mal über ihren Glauben nachgedacht?". Das Konzept hat solange wunderbar funktioniert, bis die Drückerkolonnen abgeschafft wurden und man seit dem nur noch angerufen wird.

Seit neustem wird man noch nicht mal mehr von echten Menschen angerufen, sondern nur noch von Automaten, die einem sagen, dass man Geld gewonnen hat, welches heimatlos, jammernd und wehklagend irgendwo liegen würde, und man nur eine 0190er Nummer anrufen müsste, damit das Geld einen neuen Herren finden könne. Neulich war ich nicht zu Hause, als mich ein solcher Anruf ereilte. Als ich ziemlich angeheitert entspannt meine Wohnung erreichte, blinkte mein Anrufbeantworter mich an, und ich dachte: „Aha, meine Mutter“ da meine Mutter der einzige Mensch ist, die überhaupt noch auf den Anrufbeantworter spricht. In Erwartung der „Also DU meldest dich ja auch nicht mehr“ Zurechtweisung hörte ich das Band ab, vernahm statt meiner Mutter aber nur eine Computerstimme, die meinte, ich sei sehr glücklich und habe nun Geld gewonnen und ich müsse nur die „Eins“ drücken und schon würde ich mit einer kostenpflichtigen Nummer verbunden, die mir sagen würde, welche kostenpflichtige Nummer ich anrufen müsse, damit mein Glück keine Grenzen mehr kennen würde. Also sagte die Stimme „Bitte drücken Sie jetzt die ‚Eins’….“

Da ich nicht zu Hause war, konnte niemand drücken, so sehr man es sich seitens des Anrufers wünschte, dass endlich jemand drücken täte. Dafür nimmt mein Anrufbeantworter aber fröhlich alles auf, ganz ohne Zeitbegrenzung. Also nahm ich mir noch ein Bier und setzte mich neben mein Telefon. Nach dem sechsten „Bitte drücken Sie jetzt die ‚Eins’…“ meinte ich zu vernehmen, dass die Stimme langsam etwas ungehalten klang. Das war eine Fehlinterpretation, denn die Stimme sagte das noch zehnmal. Dann folgte „Denken Sie daran, es geht um einen großen Geldbetrag.“. Dann noch zehnmal „Bitte drücken sie…“, dann war mein Bier alle und ich bin ins Bett gegangen, den Anrufbeantworter weiter laufen lassend, aber mit der leichten Verärgerung darüber, dass ich keine 0190er Nummer habe. Seitdem warte ich aber auf den Tag, an dem ich nach Hause komme und mein Anrufbeantworter mir entgegenplärrt: „Hello, my name ist David Kulumba, an I need your help with some money in Nigeria.“

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