Nachdem gestern schon ein sehr schöner Lesenachmittag in Hamburg stattfand, freue ich mich morgen auf die "Brigade" Lesung (siehe Flyer weiter unten in der rechten Spalte)
Bevor das aber stattfindet, muss ich gerade mal sagen:
Mein erstes Internet war über die Telekom. Damals musste man sich erst in den BTX Zugang einwählen, um von dort aus ins Internet zu kommen. Das war teuer. Sehr teuer. Es kostet Einwahlgebühren, BTX und Internetgebühren. Am Ende kostete eine Stunde Internet in 14.4er Geschwindingkeit ungefähr 8 bis 10 Mark.
Mein Internet heute kommt von der T-Online und nennt sich "Hotspot". Ich sitze in Hamburg in einem Café und surfe in eingeschränkter DSL Geschwindigkeit, weil mich der T-Online Server dauernd rauswirft. Dafür kostet mich eine Stunde Internet sage und schreibe acht (!) (8!) ACHT! Euro. Das heißt, das Internet heute ist doppelt so teuer wie Internet damals. Wofür? Dafür, dass die Telekom auf eigene Rechnung einen gesponsorten Wlan Kasten in einem Lokal anschraubt, der einen auf die T-Online Hotspot Seite routet? Oder ist sind das schon WM 2006 Preise?
Auch toll: Lieber HotSpot Nutzer,
Die Möglichkeit eine Rechnungsquittung anzufordern ist nur in den ersten 15 Minuten nach Bezahlung möglich. Bitte denken Sie bei der zukünftigen HotSpot Nutzung daran, dass Sie innerhalb der ersten 15 Minuten Ihre Rechnungsquittung anfordern.
Ihr T-Mobile HotSpot Team
Service und Leistung galore.
Naja, jedenfalls werde ich gleich das wunderschöne Mädchen einsammeln und mit ihr und ihrem Auto nach Berlin eilen, damit ich morgen pünktlich lesen kann. Fahrt wird eher frisch, da kleine, widerliche, sicher sehr, sehr hässliche Menschen ihr ein Seitenfenster eingeworfen haben. Nun ist es mit Plastikfolie abgedeckt ist und knattert. (Also die Folie, nicht das wunderschöne Mädchen)
Liebes Blog,
ich habe Dich total vernachlässigt in letzter Zeit. Nur solala Geschichten, nix schönes, merkwürdig gedrungenes, als ob man keine Zeit hat, aber doch was schreiben will, weil man es Dir schuldig ist. Das war böse. Aber ich hatte so viel Arbeit. Geld verdienen. Böse Sache. Das was alle halt machen, weil man irgendwann mal in den Urlaub will, oder einen Ipod braucht. Oder beides. Bald wird aber alles besser. Bestimmt. Immerhin bin ich nicht mehr so theatralisch wie früher. Da hätte ich dann geschrieben, dass alles so schwer ist. Das es regnet. Das es kalt ist. Das es schneit. Das es doof da draußen ist. Das ist wahrscheinlich weiterhin so, aber ich hab grad keine Zeit, das mit zu bekommen. Wegen der Arbeit und der vielen Arzttermine. Vielleicht ist es ja auch so, dass man, wenn man älter wird, einfach seine seelischen Schwerfälligkeiten mit Arztterminen ablöst. Eben noch ob der Welt und dem elendigen Nichtverständnis verzweifelt, heute schon zu sehr damit beschäftigt die leidigen Rückenprobleme in den Griff zu bekommen. Ich weiß auch nicht, ob das einem das Leben leichter macht. Wein hilft allerdings in jeder Lebenslage. Auch in der Rückenlage. Prost.
Aber bald wird wieder alles besser. Denn da warten etliche Geschichten darauf, endlich geschrieben so zu werden. Hab noch was Geduld, liebes Blog.
Dein Herr und Meister
Wilmersdorf. Irgendwo da mittendrin. Ich komme an einer kleinen Schule vorbei, offenbar eine Sonderschule, wie ich gleich lerne, denn aus der Schule strömen ein paar Trisomie 21 Kinder vorbei, die mich mit ihrem seligen Lachen in den kleinen Gesichtern sofort und immer tief berühren. Alles strömt auf ein halbes Dutzend Kleinbusse des Malterhilfsdienst zu, deren Fahrer versuchen, die aufgedrehte Kinderschar einzufangen und vor allem zu sortieren, was nicht ganz leicht zu sein scheint. Um einen Überblick zu bekommen, rufen einzelne Fahrer die Namen der Fahrgäste, was zu weiteren Verwirrungen führt, da es mehrere Stefanie, Marco und Thorsten zu geben scheint. Während die Fahrer hinter der Kindermeute her hetzen, die schwieriger zu bändigen scheint, als ein Rudel junger Hunde, wächst in mir Verdacht, dass die Kinder den ganzen Aufruhr mit purer Absicht und Spaß an Freud veranstalten. Das schelmische Grinsen einiger spricht da Bände.
Irgendwann hat zumindest ein Fahrer seine Ladung zusammen und in den Kleinbus bekommen, ist aber noch nicht los gefahren, da er seinen Kollegen noch beim Sortieren hilft. Immer noch geht es draußen zu wie auf einem indischen Bahnhof zur Rushhour. Als ich am Bus vorbei gehe, spricht mich ein Mädchen an:
Mädchen: "Kommst Du mit?" Ich: "Ne, ich darf nicht mitfahren, ich geh doch nicht mehr in der Schule" Mädchen: "Aber Jens [damit muss der Fahrer des Kleinbusses sein], kommt doch auch immer mit." Ich: Ja, der fährt Euch ja auch nach Hause. Mädchen: "Fahr Du uns doch mal." Ich: "Ne, ich darf nicht so ein Auto fahren. Das darf nur Jens." Mädchen: "..."
Dann mischt sich ein Junge ein, dem offensichtlich beide Arme fehlen: Junge: "Der soll auch nicht fahren. Jens soll fahren" Mädchen: "Warum denn, der ist doch nett" Junge: "Aber der hat doch gesagt, das er nicht darf." Mädchen: "Aber der ist nett" Junge: "Ne, der ist blöd"
Weitere Insassen des Busses mischen sich ein. Es wird kurz diskutiert, ob ich a) doof sei, b) fahren kann, c) überhaupt weiß, wo alle wohnen. Der Junge bleibt standhaft und behauptet weiter, ich wäre doof. Andere behaupten zu meiner Beruhigung das Gegenteil. Dann wird es plötzlich ruhig und der Junge sagt noch mal leise, dass er mich doof finden würde, worauf ihm das Mädchen antwortet: "Na und, und Du hast keine Arme." Stille. Lautes Gelächter und innerhalb von fünf Sekunden verfällt der gesamte Bus sehr fröhlich lachend in ein "Stefan hat keine Aaaaarme, Stefan hat keine Aaaaarme" Gesang. Stefan singt am lautesten, während das Mädchen mich mit einem begeisterten "Du auch!" zum mitsingen auffordert. Der Fahrer Jens rettet mich rechtzeitig, bevor die Wilmersdorfer Bevölkerung die Polizei ruft, weil da ein Mann mit grauen Haaren auf dem Bürgersteig vor einem Bus voller behinderter Kinder steht und "Stefan hat keine Aaaaarme" singt.
Hurra! Endlich kann ich nicht nur all meine Suchergebnisse, Mails, Messanger Gespräche und meine Urlaubsplanung dank Satellitenfotos mit Google abwicklen. Nein! Jetzt wird auch noch jeder Besucher mit Google Analytics bis auf die Knochen durch gescannt.
Erwähnte ich schon mal, dass mich Google so langsam an die "Tyrell Corporation" aus "Blade Runner" erinnert?
Der Vorteil von viel Arbeit ist ja, dass man auch Geld verdient. Zum Beispiel das Geld, dass man schon vorher unters Volk gebracht hat, auf das die Wirtschaft nicht leide. Oder gemäß dem, leider bisher nur so mittel bestätigtem Satz, dass viel Geld ausgeben auch viel Geld rein bringt. Ich bin ein sehr großer Anhänger dieser Theorie und arbeite seit Jahren dran, sie zu bestätigen. Quasi vergleichbar mit dem Eifer, mit dem gute Katholiken immer wieder in die Kirche gehen, in dem festen Glauben, dass, wenn sie das tun, auch später in ihr persönliches Paradies kommen. Obwohl schon ziemlich viele Religionen mit der Aussicht auf eine solche Dividende in Laufe der Menschheitsgeschichte tragisch gescheitert sind, und es somit klar sein sollte, dass das Versprechen auf wackligen Beinen steht, funktioniert das Konzept immer wieder prächtig aufs Neue. Aber ich will nicht auf Religionen rumhacken, denn man muss auch mal erwähnen, dass manche Religionen schon sehr tolle Nebeneffekte produzieren, die vielleicht nicht geplant waren, aber eine echte Erleichterung im Leben eines jeden Menschen darstellen.
Die Zeugen Jehovas sind so ein Beispiel. Als Religion eher unbefriedigend, bringt die Glaubensgemeinschaft eine Zeitschrift namens "Wachtturm" raus, die man für kein Geld am Eingang einer U-Bahnhaltestelle seiner Wahl bekommen kann. Der Inhalt der Zeitschrift ist eher, sagen wir mal, ernüchternd, aber man kann mit der Zeitschrift ganz tolle Sachen machen. Ich hatte jahrelang immer drei Ausgaben neben meiner Haustür liegen. Stand klingelnderweise vor selbiger ein Verkäufer, der mir fußhergestellte Haarbürsten, Telefonleitungen oder Versicherungen verkaufen wollte, habe ich den Menschen brav zugehört. Sagte er "Haben Sie Interesse?" schüttelte ich den Kopf, griff mir einen Wachtturm und antwortete: "Danke nein, aber haben SIE schon mal über ihren Glauben nachgedacht?". Das Konzept hat solange wunderbar funktioniert, bis die Drückerkolonnen abgeschafft wurden und man seit dem nur noch angerufen wird.
Seit neustem wird man noch nicht mal mehr von echten Menschen angerufen, sondern nur noch von Automaten, die einem sagen, dass man Geld gewonnen hat, welches heimatlos, jammernd und wehklagend irgendwo liegen würde, und man nur eine 0190er Nummer anrufen müsste, damit das Geld einen neuen Herren finden könne. Neulich war ich nicht zu Hause, als mich ein solcher Anruf ereilte. Als ich ziemlich angeheitert entspannt meine Wohnung erreichte, blinkte mein Anrufbeantworter mich an, und ich dachte: „Aha, meine Mutter“ da meine Mutter der einzige Mensch ist, die überhaupt noch auf den Anrufbeantworter spricht. In Erwartung der „Also DU meldest dich ja auch nicht mehr“ Zurechtweisung hörte ich das Band ab, vernahm statt meiner Mutter aber nur eine Computerstimme, die meinte, ich sei sehr glücklich und habe nun Geld gewonnen und ich müsse nur die „Eins“ drücken und schon würde ich mit einer kostenpflichtigen Nummer verbunden, die mir sagen würde, welche kostenpflichtige Nummer ich anrufen müsse, damit mein Glück keine Grenzen mehr kennen würde. Also sagte die Stimme „Bitte drücken Sie jetzt die ‚Eins’….“
Da ich nicht zu Hause war, konnte niemand drücken, so sehr man es sich seitens des Anrufers wünschte, dass endlich jemand drücken täte. Dafür nimmt mein Anrufbeantworter aber fröhlich alles auf, ganz ohne Zeitbegrenzung. Also nahm ich mir noch ein Bier und setzte mich neben mein Telefon. Nach dem sechsten „Bitte drücken Sie jetzt die ‚Eins’…“ meinte ich zu vernehmen, dass die Stimme langsam etwas ungehalten klang. Das war eine Fehlinterpretation, denn die Stimme sagte das noch zehnmal. Dann folgte „Denken Sie daran, es geht um einen großen Geldbetrag.“. Dann noch zehnmal „Bitte drücken sie…“, dann war mein Bier alle und ich bin ins Bett gegangen, den Anrufbeantworter weiter laufen lassend, aber mit der leichten Verärgerung darüber, dass ich keine 0190er Nummer habe. Seitdem warte ich aber auf den Tag, an dem ich nach Hause komme und mein Anrufbeantworter mir entgegenplärrt: „Hello, my name ist David Kulumba, an I need your help with some money in Nigeria.“