Mittwoch, 28. März 2007

Als ich gegen Ende der 80er darüber nachdachte, wie und wo ich Texte veröffentlichen konnte, da war der Einstieg klar: man fing an für Fanzines zu schreiben. Ohne Geld, aber mit viel Enthusiasmus. Wenn man Glück hatte, dann konnte man auch mal ein paar CD oder Kinokritiken im örtlichen Stadtmagazin unterbringen. Fanzines waren die Blogs der 80er und frühen 90er Jahre. Man tauschte Geschichten aus, man bekämpfte sich auch mal, wenn es um Interviewtermine ging, aber insgesamt gesehen, war man sich einig, dass man nicht auf Dauer bei einem Fanzine schreiben wollte, weil man irgendwann ja auch mal Geld verdienen wollte. Der Schritt, weg vom Fanzine, hin zu einem bezahlten Artikel in irgendeinem Magazin wurde damals allenthalben mit großer Freude und ein wenig Neid begrüßt. Gedanken darüber, dass man deswegen die Fanzine Kultur verraten würde, machte sich keiner.

Mit den Blogs scheint das anders zu laufen. Wer die Schwelle vom Blog zum - wofür auch immer - bezahlten Autor überschreitet, muss sich eine Menge anhören, wobei die Diskussion um die Glaubwürdigkeit nur eine Sache ist. Ich habe die Diskussion immer mit einer gewissen Verwunderung zur Kenntnis genommen, was vielleicht was damit zu tun hat, dass ich den umgekehrten Weg gegangen bin. Ich bin aus dem Journalismus (und seinen dunklen Ablegern) in die Blogs gekommen. Ich habe das bloggen u. a. auch deswegen angefangen, weil es mir die Möglichkeit bot, meine Ideen, Texte, Emotionen etc. zu veröffentlichen. Das war vor dem Internet schlichtweg nicht möglich. Nicht mal in Fanzines.

Die Arbeit, die Lust am Schreiben und dieses Blog haben - vor allem in den letzten Monaten - zu einigen Anfragen geführt, die teilweise in konkreten Projekten geendet sind. Weiter unten folgt dann eine Auflistung der Dinge, in die ich involviert bin. Die Anfragen kamen aufgrund meiner Texte, was ein schönes Kompliment ist. Für mich ist der Verkauf meiner Texte seit rund 15 Jahren also nichts Ungewöhnliches, weswegen mich manche Kritik schlichtweg wundert. Offenbar ist der Glaube, dass das, was da jemand ins Netz schreibt, in jedem Fall authentisch ist, ebenso weit verbreitet, wie die Idee einer Political Correctness, die teilweise schon fast faschistoide Züge angenommen hat. So gerne ich selber den ganzen Tag nichts anderes machen würde, als über Open Source Software, Einschränkung der Bürgerrechte, gute Autoren und mein Leben zu schreiben - irgendwie muss die Butter aufs Brot und ich hätte gerne auch mal ne Scheibe Wurst drauf.

Blogs schweben nicht in einem luftleeren Raum innerhalb der Gesellschaft, in dem Geld keine Rolle spielt. Viele Blogger verdienen ihr Geld mit etwas anderem, als mit dem Schreiben, viele andere aber auch mit dem Verkauf ihrer Seele per Text. Blogs werden auch von Menschen gemacht, die Geld brauchen, damit sie was zu essen haben. Interessanterweise habe ich den Eindruck, dass die Kritik daran, dass manche Blogger ihre Arbeit vermarkten, oft von jenen groß, die in einem festen Arbeitsverhältnis stehen. Da gibt es viele Belehrungen darüber, was Blogs sind, was sie ausmacht, wofür sie geschaffen wurden und was man auf gar keinen Fall mit ihnen machen soll. Das ist ein wenig aus dem Elfenbeinturm herab doziert, weil es an den Realitäten eines Freiberuflers (gerade eines schreibenden Journalisten) vorbei läuft.

Man wird als ein Mensch, der sein Geld mit dem Schreiben (oder auch anderen kreativen Dingen) verdient, immer ein Zwitter bleiben. Einerseits ist man jemand, der mit einer Menge Ideen und auch Idealen daher kommt, die man versucht ohne das Korsett des Angestelltendaseins zu verwirklichen, andererseits ist man jemand, der den alltäglichen Zwängen unterliegt. Man muss sich gegen die normative Kraft des Faktischen, die dem Geld innewohnt, wehren, aber kann sich (leider) nicht den Dingen in ihrer Gesamtheit widersetzen.

Auf der anderen Seite sollte die gerade stattfindende Revolution im Journalismus, in der dessen Funktion als Gatekeeper, also als, böse formuliert, Zensor dessen, was die Menschen so an Informationen via Medien zugemutet werden kann, nicht daran scheitern, dass in Blogs die gleichen Sitten einreißen, wie in den alten Medien. Für mich persönlich bedeutet dieser Gedanke, dass ich offen lege, an welchen Projekten ich zurzeit mitarbeite. Das bedeutet nicht, dass ich jeden Artikel, jedes Interview oder jeden Kontakt hier offen lege. Aber damit Klarheit herrscht, folgt eine Auflistung der Dinge, an denen ich gerade zum Thema "Blogs" oder "Cooperate Blogs" arbeite:

  1. Das ich seit Neustem bei der Welt über all das schreibe, was im weitesten Sinne mit Fernsehen zu tun hat, dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Wer sich jetzt darüber aufregt, von wegen Springer und so: a) ich hab schon mehrfach für Springer gearbeitet, vor meiner Blogzeit sogar mal (zusammen übrigens mit Qype Gründer Stephan Uhrenbacher) bei bild.de. Ich war kein Witwenschüttler, sondern hab im Bereich "Paid Content" was entwickelt. b) Es gibt seitens welt.de absolut keine Vorschriften, was man schreiben darf und was nicht. Die Texte werden auch nicht gegengelesen. c) Die "Welt" hat was in der Pipeline, was ich extrem interessant finde, weil es Blogs, Kommentare, Meldungen, Leserbriefe, User Content und Newscommunities bündelt.

  2. Ein Cooperate Blog, das seit einigen Wochen in der Erprobung läuft, aber noch nicht online ist, stammt ebenfalls von mir. Näheres dazu, wenn es online geht.

  3. Und zum Schluss gibt es im Laufe der nächsten Woche(n) noch eine Ankündigung, die sich auf ein schon bestehendes Projekt im Netz bezieht, in das ich einsteigen werde. Thema verrat ich noch nicht.

  4. Ja, ich mache auch bei dieser "adical" Sache mit. Bei der Postingfrequenz in diesem Blog hier eigentlich gerade ein Witz, aber ich probier ja gerne mal was. Allerdings habe ich mich mit der Entscheidung, ob ich bei adical mitmachen soll, auch schwer getan. Zum einen kostet mich dieses Blog hier bei Antville nichts. Es gibt also keinen Grund, hier auch Werbung reinzudonnern. Zum anderen weiß ich selber nicht, was ich davon halten soll. Warum ich es doch mache?

Aus Neugier. Ich finde die Idee und die Form der Partnerschaft außerordentlich reizvoll, weil es zum, durchaus revolutionären, Umkehrprinzip des Internets gehört. Ich kann nun nicht mehr nur mittels Adblocker selber entscheiden, was ich sehen will. Es geht noch einen Schritt weiter: in dem ich, zumindest in diesem bislang kleinem Versuch, auch entscheiden kann, was beworben werden soll, liegt die Möglichkeit, einen Markt mitzubestimmen. Auch dadurch, in dem ich eine Diskussion über Werbung anheize. Stimmt die Theorie, dass die Angebotswaage sich in Zukunft zugunsten der Blogger neigen würde, hätte man durchaus die Möglichkeit, gewisse Firmen zu zeigen, dass ihre Meinungsmacht endlich ist. Die Theorie also, dass man als Blogger ein kleines Stück den Werbemarkt mit beeinflusst (und hoffentlich zum Positiven), finde ich interessant und sie ist mir eine Überprüfung wert. Sollte es Beiträge geben, die im Zusammenhang oder durch die Vermittlung von adcial entstanden sind, werden die dementsprechend klar gekennzeichnet werden. Wie das aussehen wird, weiß ich noch nicht. Vermutlich ein Button und/oder eine farbliche Abgrenzung oder einen Kasten um den Beitrag. adical macht sowas nicht. Die Banner und Textads werden wenn auf der rechten Seite auftauchen und gekennzeichnet werden.

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Samstag, 24. März 2007

1 A Premium Content

Update I: siehe unten

Wollte schon immer mal so Einträge wie Frau Julie schreiben. In Ermanglung eigener Kinder war mir das bisher verwehrt, aber seit einer Woche ist das aber anders. Da das wunderschöne Mädchen für ein paar Wochen im Ausland weilt, hat sie mir ihre Katzen da gelassen, die ich aus Gründen des Persönlichkeitschutzes jetzt mal Katze I und Katze II nennen will. Dazu kommt meine Katze, genannt Karla.


Katze II
Eigentlich wollte ich ja nach der Lesung in Leipzig auch noch auf die Buchmesse, aber Gründe hielten mich ab. Einer der Gründe war, dass ich mir ausmalte, was die drei Kinderersatzgeräte in meiner Wohnung aus lauter Langweile und Hunger wohl anstellen würden. Ein weiterer Grund war, dass Katze II sich immer dann nicht so recht wohlfühlt, wenn sie meine Katze riecht, in meiner Wohnung also immer. Ihr Unwohlsein äußert Katze II meist dahingehend, dass sie meine Katze anfaucht, sobald sie ihrer ansichtig wird oder sie einem ins Waschbecken kackt. Das kann durchaus zu interessanten Erlebnissen führen, wenn Brillenträger ist und morgens... . Katze I ist unproblematisch, bis auf den Umstand, dass sie ihre Krallen an meinen 70er Ledersesseln schärft und sie gerne auf den Schreibtisch klettert und einem ihren Hintern ins Gesicht hält. Katze II ist zu dem seit einiger Zeit krank. Sie röchelt wie eine alter Dampfkessel, weswegen sie auch schon in Behandlung war. Natürlich wurde sie aber wieder krank, so bald das wunderschöne Mädchen gen Süden entfolgen war. Als ich am Freitag Mittag nach Hause kam, lag Katze II rasselnd röchelnd auf dem Boden und hatte in der Wohnung ihren stark säurehaltigen Mageninhalt an verschiedenen Stellen zu Begrüßung deponiert. Leichte Panik breitete sich vor allem in dem Moment aus, als ich merkte, dass Katze II selbst dann nicht fauchte, als meine Katze 5 cm vor ihrer Nase stand. Seit gestern ist sie beim Tierarzt und liegt (ist wirklich wahr) unter einem Sauerstoffzelt, wo sie auch das Wochenende verbringen wird.

Katze I
Katze I hat dafür heute morgen, als sie vor lauter Gier erst ihr, und dann das Essen meiner Katze innerhalb von 1, 34 Minuten aufgefressen hat, auf den Boden gekotzt, nach dem meine Katze sie, vermutlich aus Rache, kurz nach dem Essen zehn Minuten lang durch die Wohnung gejagt hat. Überlege nun PVC Boden aufs Laminat zu nageln und habe mich gefragt, ob die Anschaffung eines Nass/Dampfsaugers günstiger ist, als der Verbrauch von Papiertüchern und Reinigungsmitteln. Wegen des Chaos hier hatte ich schon vermutet, dass Katze II nur simuliert um endlich mal wieder Ruhe zu haben. Die drei Ärzte die bisher an ihrem Krankenbett waren, haben mich aber (leider) vom Gegenteil überzeugt. Auch gab man mir schon einen Überblick über die angefallenen Kosten. Im nächsten Leben werde ich auch Tierarzt. Interessante Wochenendzuschläge haben die.

Update: So eben Katze II vom Tierarzt abgeholt, wo sie morgen gleich wieder zur Nachuntersuchung vorstellig werden darf. Ansonsten geht es ihr besser, allerdings scheint sie etwas eingeschnappt zu sein. Kosten halten sich für die dreitägige stationäre Aufnahme in Grenzen. Ungefähr ein 80GB Ipod. Die Batterie der Katze sollte aber jetzt länger halten, als beim Ipod.

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Donnerstag, 22. März 2007

Oh - ich spüre sehr deutlich, dass sich am Horizont eine neue Investition ankündigt. Die Sony H1, die ich seit Jahr und Tag in meinem Rucksack mit mir rumschleppe, leistet weiterhin gute Dienste, wie man auch hier sehen kann. Jetzt muss ich nur irgendwo 500 Euro her bekommen, die ich nicht zum Leben oder fürs Finanzamt brauche. (Danke auch dafür, Einkommenssteuervoranmeldung)

"Die Demokratisierung wird von oben »verhindert«, lange bevor überhaupt von Demokratisierung gesprochen werden kann. Ein Grund ist, daß die Blogger nichts wollen, außer aufgekauft zu werden; diese verdammten Nutten."

Die "Junge Welt" hat den Plan von Ix, Don Alphonso, Johnny Häusler und mir aufdeckt. Mist. Muss ich jetzt doch arbeiten.

Wird es heute ein guter Tag? Oder doch eher ein schlechter? Die Antwort weiß nur ein Blog

Popkritik ist tot, weil Pop tot ist. Schon seit Ende der 80er. Lasst euch einfach mal was Neues einfallen. Kapitalismuskritik geht gerade gut. Kann man auch mit Musik verbinden. Joe Jackson wird sich freuen.

Die zehn schlimmsten Computer, die jemals gebaut wurden. Da fehlt der Escom PC, den ich seinerzeit für 1.200 Mark erworben hatte. Ein 386er DX mit einer 250 MB Platte. Die Aussage des Verkäufers, "Mehr Platz werden sie nie brauchen..." wurde schon nach dem ersten Einschalten ad absurdum geführt, da der 386er gleich zwei Betriebssysteme installiert hatte. Einmal das das hübsche, aber rettungslos lahme IBM OS/2 System und natürlich Windows 3.1. Dazu ein sinnloses Grafikprogramm und die Festplatte hatte gerade noch 20 MB frei, was selbst für damalige Verhältnisse lächerlich wenig war. Ich musste erstmal alles löschen und dann neuinstallieren, nur um dabei festzustellen, dass Escom es vermieden hatte, eine durchaus lebenswichtige Diskette mit Treibern dem Rechner beizulegen. Man sah sich auch nicht dazu im Stande, mir eine neue auszuhändigen, da ich ja mit der Formatierung "...der schönen Programme..." auch den Garantieanspruch dafür verloren hätte. Ein Bekannter besorgte mir die Treiber dann aus dem Fidonet. Als der Rechner dann endlich mit Windows 3.1 stabil lief fiel das RAM aus. Da hatte ich den Rechner gerade eine Woche. RAM wurde ersetzt. Dauerte auch nur eine Woche. Dann lief der Rechner problemlos ein halbes Jahr, bis er eines Tages einfach nicht mehr anging. Also wieder in den Escom Laden geschleppt, wo man nach ein paar Tagen ein defektes Netzteil diagnostizierte. Der Austausch dauerte dann sechs Wochen und ich nahm die Pause zum Anlass, auch meine Semesterarbeiten erst einmal einzustellen. Macht ja keinen Sinn, so ohne Computer. Als er wieder da war freute ich mir nur kurz, denn meine, natürlich nicht gesicherten, Daten waren auch verschwunden. Dafür hatte ich wieder zwei Betriebssysteme auf der Festplatte. Kein Wunder, dass der Laden noch vor der ersten Internetblase pleite gegangen ist.

So - ich fahr jetzt nach Leipzig und hoffe heute Abend viele Menschen zu sehen. Oh - da fällt mir ein, dass es bestimmt keine schlechte Idee ist, wenn ich die Texte, die ich lesen will, auch mal ausdrucke.

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Mittwoch, 21. März 2007

Eine Mitarbeiter der Telekom hat seinem Ärger über die Unternehmenspolitik und den Umgang mit den Mitarbeitern in einem Brief Luft gemacht, den vermutlich die Arbeiter bei vielen anderen Firmen dick und fett unterschreiben würden. Der Brief ist sehr, sehr lesenswert und gehört jedem Manager auf die Stirn genagelt.

Sehr geehrter Herr Obermann, Herr Höttges und Herr Welslau, sehr geehrte Herren in den Vorstandsetagen

durch Ihre wiederholten Mitarbeiterbriefe verschiedenen (und letztlich doch gleichen) Inhalts haben Sie mich zum Schreiben dieses Briefes motiviert.

Letzter Auslöser war ihre wiederholte Forderung, bei uns Mitarbeitern eine größere Bindung zum Unternehmen zu erzeugen. Dazu kann ich ihnen nur erwidern, dass ich und die meisten meiner Kollegen im kleinen Finger mehr Unternehmensbindung haben, als ihre ganze Führungsriege zusammen. Ich werde ihnen auch sagen warum.

Diese Telekom ist und war immer mein Leben. Ich habe mein Berufsleben hier begonnen und wollte es auch hier beenden. Ich habe gesehen, wie aus der Post die Telekom und aus Teilnehmern Kunden wurden, aber leider auch, wie aus unserer Firma, in der jeder für jeden da war, ein Unternehmen geschaffen wurde, in dem jeder nur noch an sich denkt (denken muss); wo jeder Unternehmensteil nur noch versucht, den eigenen Bereich sauber zu halten und aus den anderen Teilen so viel wie möglich abzuschöpfen, auch wenn dort viel größere Lücken gerissen werden, als jemals wieder zu stopfen wären. Ich habe erlebt, wie aus uns Mitarbeitern Humankapital wurde und wie wir alle nur noch als Kostenfaktoren angesehen werden, von denen man sich – so schnell es nur geht – trennen muss und will.

Sie und ihre Vorgänger jedoch geben sich im Vorstand die Klinke in die Hand; sie kommen und gehen. Von Unternehmensbindung kann hier wohl kaum die Rede sein. Sie kommen, strukturieren um, und das mit einer Arroganz und Selbstherrlichkeit, ohne auf warnende Hinweise zu hören, dass sich so die Qualität und die Zuverlässigkeit nicht mehr halten lassen kann, geschweige denn besser wird. Es kümmert sich auch niemand von ihnen um die Folgen ihrer Entscheidungen. Sie ziehen mit vollgestopften Taschen weiter, um im nächsten Unternehmen das Gleiche zu tun und sie hinterlassen skrupellos einen immer größer werdenden Scherbenhaufen.

Wenn wir, die wir immer gute, kompetente und hochmotivierte Arbeit geleistet haben, immer die Wünsche der Kunden zu erfüllen wussten und wir lange Zeit das mit Abstand beste Kommunikationsunternehmen waren und uns dann von ihnen sagen lassen sollen, dass wir zu schlecht, zu teuer, nicht motiviert, faul und unproduktiv seien, dann steigt ob dieser Unverschämtheit eine ungeahnte Wut in uns auf.

Doch als wenn es ihnen nicht reicht, uns so zu beleidigen, verbreiten sie das auch noch in aller Öffentlichkeit und fügen so unserem Ansehen und somit natürlich auch unserem Aktienkurs einen immensen Schaden zu. Sie beschmutzen rücksichtslos das eigene Nest, nur um kurzfristig ihre (oder wessen auch immer) Abbau- und Auslagerungspläne durchsetzen zu können und von den Fehlern ihrer Vorgänger abzulenken. Das ist eine Unglaublichkeit sondergleichen und ein Vertrauensbruch, der durch nichts zu entschuldigen und wieder gut zu machen ist.

Sie vermissen Respekt in diesem Brief? Wem gebührt denn Respekt? Uns Mitarbeitern, die wir uns unser Leben lang für die Telekom und unsere Kunden engagiert haben, die wir immer und immer wieder unser Privatleben den Interessen der Telekom und der Kunden untergeordnet haben und dies noch tun? Uns, die wir die Telekom zum besten, kompetentesten, kundenfreundlichsten und leistungsfähigsten Kommunikationsunternehmen gemacht haben? Oder erwarten sie allen Ernstes Respekt dafür, was sie und ihre Vorgänger uns und unserer Telekom angetan haben? Sie und ihre Vorgänger haben uns im Laufe der letzten Jahre immer mehr Fesseln angelegt, sie haben uns funktionierender Werkzeuge beraubt und uns blind gemacht, indem sie uns Systeme aufgezwungen haben, die nicht die Arbeit erleichtern, sondern nur die Kontrolle verbessern, dafür aber massiv die Effektivität einschränken. Sie haben die interne und die externe Kommunikation zerstört, indem sie funktionierende Rufnummern und Hotlines rigoros abgeschaltet und durch nicht funktionierende Sammelnummern und unsinnige Überlaufkonzepte ersetzten, und sie haben so die interne und externe Erreichbarkeit gegen Null gefahren. Sie haben massiv Wissen, Kompetenz und Arbeitsplätze an Stellen vernichtet, wo das alles unverzichtbar war, indem sie durch Umstrukturierung hochqualifizierte Mitarbeiter in gänzlich neue und unbekannte Arbeitsbereiche oder nach Vivento versetzt haben oder sie zum Vorruhestand, zur Altersteilzeit oder einer Abfindung „überredet“ haben. Ihre Vorvorgänger haben (natürlich wieder entgegen aller Warnungen der Fachleute) durch die Schließung hunderter T-Punkte und den Abbau tausender qualifizierter Mitarbeiter diese kompetenten Schnittstellen zum Kunden vernichtet und unsere Kunden so in Scharen in die Arme unserer Konkurrenz getrieben und jetzt rühmen sie sich mit der Schaffung neuer T-Punkte und der Einstellung von ein paar Hundert neuen Kräften, jetzt wo das Kind längst in den Brunnen gefallen ist, wo wir viele Kunden längst verloren haben. Halten Sie uns wirklich für so dumm, dass wir ihnen dafür Anerkennung zollen?

Es wurde weiter (mit der gewohnten Überheblichkeit und wieder gegen alle Warnungen) an der Serviceannahme – der zweiten direkten Schnittstelle zum Kunden – Personal in Größenordnungen abgebaut, sodass die Abfragewerte auf die schlechtesten Werte sanken, die jemals zu verzeichnen waren. Die billige Lösung war, unmotivierte und unwissende externe Kräfte mit keinerlei Firmenbindung (!) an Stelle der vorher gründlich „entfernten“ Kollegen zu setzen und sich dann über das immer größer werdende Chaos und immer unzufriedenere Kunden zu wundern.

Nun wollen sie mit dem Service auch noch die dritte direkte Schnittstelle zu unseren, noch verbliebenen Kunden kastrieren, auch hier wieder massiv Personal reduzieren und den Rest mit weniger Gehalt und längeren Arbeitszeiten zu besserem Service motivieren. Wo das hinführt, liegt wieder einmal auf der Hand, doch da in ihrer Etage Entscheidungen grundsätzlich nie zurück genommen werden, selbst wenn man weiß, dass man einen großen Fehler begeht, werden der Service und die Leistungsfähigkeit ein weiteres Mal, mit dem schon schrottreifen Wagen gegen die Wand gefahren. Auf die Einzelteile, die sie dann hinterlassen, warten schon die Geier, die den dann noch verbliebenen Mitarbeitern den Todesstoß versetzen! Aber das erleben sie sicherlich nicht mehr hautnah, da sie dann schon auf dem Weg zur nächsten Firma sind ...

Sie ziehen immer wieder gerne das „marktübliche Lohnniveau“ als Vergleichsgröße heran und vergleichen uns mit meist ungelernten Hilfskräften, mit Dilettanten, die weder diesen Beruf gelernt haben, noch irgendeinen Bezug zur Telekom oder zu unseren Kunden haben. Mit viel Glück sind das ehemalige Elektriker, uns sind aber auch schon Rollrasenverleger (keine Lüge) und ähnliche „Spezialisten“ im HVt begegnet. Das ist, als wenn sie einen Mercedes besitzen möchten, bezüglich des Preises aber einen Trabbi als Vergleich heranziehen und diesen auch nur bezahlen wollen.

Wir würden lieber heute als morgen die Telekom wieder an die Spitze bringen! Wir wissen auch, wie es geht und was verändert werden muss! Wir sind für Veränderungen, die den Service und die Kundenfreundlichkeit verbessern! Wir wissen, was die Kunden wollen und wie wir es ihnen bieten können! Wenn sie es ernst meinen mit der Forderung, wieder das beste Kommunikationsunternehmen zu sein, reden sie mit uns! Ideen haben wir genug, Motivation auch! Wir kennen die Kunden und die Firma und wir wissen, wo es knackt im Gebälk! Wir wissen auch, wo viel zu viel Geld verschwendet wird, wo Personal falsch eingesetzt wird und Wissen sinnlos verpufft oder Prozesse angepasst werden müssten! Nehmen sie uns mit auf dem Weg zu einer besseren Telekom! Nutzen sie unsere Ideen, unser Engagement, unsere Bereitschaft für Veränderungen und unsere Flexibilität!

So lange ihre Zielvorgaben für Führungskräfte auf Personalabbauzahlen, Entstörindex und schnelle Abfragewerte aufsetzen und nicht auf Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, Generierung neuer Geschäftsfelder (z.B. TK goes IT) und damit auf Steigerung der Einnahmen und Sicherung der Arbeitsplätze, so lange wird es keinen wirklichen Fortschritt bei uns geben und keine Chance, am Markt zu bestehen.

Ich bin mir jedoch (leider) ziemlich sicher, dass das gar nicht ihr Ziel ist, dass alle ihre schönen Sprüche nur Worthülsen sind, um die Ausgliederung vorantreiben zu können und dass sie für sinnvolle Vorschläge gar nicht offen sind, da sie die nächsten und übernächsten Schritte schon in der Schublade haben und auch, dass sie niemals einmal getroffene Entscheidungen überdenken oder gar rückgängig machen wollen oder können. Sie hören lieber auf externe Berater wie z.B. McKinsey, die nicht das geringste Interesse an der Telekom haben und jeder Firma den gleichen Mix aus Zerteilung und Personalabbau überstülpen und immer wieder frustrierte und arbeitslose Mitarbeiter hinterlassen. Wenn das also so ist, dann haben sie wenigstens den Mut, mit offenen Karten zu spielen. Verkaufen sie uns nicht weiter für dumm und stehen wenigstens, so lange sie noch unsere Firma leiten, in der Öffentlichkeit hinter uns Beschäftigten, und treten sie bitte nicht auch noch mit Füßen nach uns. Als Vorstand und Führungsmannschaft dieses Unternehmens haben sie nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Aktionären (der sie mit ihren angekündigten, kontraproduktiven Maßnahmen auch nicht nachkommen) sondern auch eine soziale Verantwortung uns Mitarbeitern gegenüber! Wir Mitarbeiter sind das Unternehmen! Wir haben den Zustand der Telekom nicht zu verantworten. Uns darf man nicht eiskalt in den beruflichen, sozialen und finanziellen Abgrund treiben, dass verbietet das soziale Gewissen! Ich befürchte aber, dass dieser Appell bei ihnen und erst recht bei McKinsey verhallt.

Wundern sie sich aber nicht, wenn sie, nachdem sie das immer schneller sinkende Schiff Telekom – wie ihre Vorgänger sicherlich mit einer großzügigen Abfindung für ihre hervorragenden Verdienste für die Telekom – verlassen haben, beim Blick in den Spiegel eine Heuschrecke sehen.

Ich könnte noch lange so weiterschreiben, da mir noch viel am Herzen liegt, doch ich möchte diesen Brief nicht mit bösen Worten beenden. Deshalb biete ich ihnen zum Schluss noch einmal meine/unsere Unterstützung bei der Bewältigung der vor uns liegenden Herausforderungen an. Nutzen sie unsere Kompetenz und unseren Überlebenswillen, um uns am Mark wieder zu etablieren, wir haben daran ein weitaus größeres Interesse als sie, da auf uns keine neuen Vorstands- oder Aufsichtsratsposten, sondern Existenz bedrohende Niedriglöhne und/oder Arbeitslosigkeit warten.

Via Boo

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Dienstag, 20. März 2007

Universal entschuldigt sich für die Abmahnung in Sachen "Nine Inch Nails".

Letzte Woche kam doch noch Bewegung rein, Universal hat mich kontaktiert, um die Sache aufzuklären. Letztlich war es ein Missverständnis, nicht alle waren über die Aktionen von Nine Inch Nails im Netz informiert, und so hat man eben reagiert, wie man es bei einer Urheberrechtsverletzung tut. Man bedauert den ganzen Vorfall, hat sich bei mir entschuldigt, die Abmahnung wird zurück gezogen, die Kostennote wird ebenfalls erstattet. Als eine Art Entschädigung für den ganzen Aufwand werde ich inkl. Begleitung auf einem Konzert meiner Wahl die Band treffen.

Weiterlesen bei Jeriko

Immerhin hat man bei Universal auf die Vorwürfe reagiert und - wie ich finde - richtig gehandelt. Lob gibt es dafür aber auch nicht. Allerdings ist es schon bezeichnend, dass die Promo Abteilung bei Universal offenbar nicht in die Aktion eingeweiht war. Entweder hält man die deutsche Dependance an einer sehr kurzen Leine, oder Trent Reznor hat ca. 4234 Webseiten mit Musiktiteln aus dem neuen Album, mehrere USB Sticks und etliche T-Shirts mit geheimen Hinweisen selber hergestellt.

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