EMI lässt den Kopierschutz fallen - aber nur wenn man dafür zahlt. Super Idee. Warum soll ich für 20 Cent für einen "Premium Download" mehr zahlen? Seit wann muss man mehr bezahlen, wenn was weg gelassen wird? Das ist ja in etwa so, als würde RTL nur noch in Schwarz/Weiß senden und einen "Premium Kanal" aufmachen, in dem man für nur 10 Euro mehr im Monat auch alles in Farbe sehen kann.
Was ist die nächste Idee der Musikbranche? Noch einmal 10 Cent mehr, weil es Stereo ist?
Eine Mitarbeiter der Telekom hat seinem Ärger über die Unternehmenspolitik und den Umgang mit den Mitarbeitern in einem Brief Luft gemacht, den vermutlich die Arbeiter bei vielen anderen Firmen dick und fett unterschreiben würden. Der Brief ist sehr, sehr lesenswert und gehört jedem Manager auf die Stirn genagelt.
Sehr geehrter Herr Obermann, Herr Höttges und Herr Welslau, sehr geehrte Herren in den Vorstandsetagen
durch Ihre wiederholten Mitarbeiterbriefe verschiedenen (und letztlich doch gleichen) Inhalts haben Sie mich zum Schreiben dieses Briefes motiviert.
Letzter Auslöser war ihre wiederholte Forderung, bei uns Mitarbeitern eine größere Bindung zum Unternehmen zu erzeugen. Dazu kann ich ihnen nur erwidern, dass ich und die meisten meiner Kollegen im kleinen Finger mehr Unternehmensbindung haben, als ihre ganze Führungsriege zusammen. Ich werde ihnen auch sagen warum.
Diese Telekom ist und war immer mein Leben. Ich habe mein Berufsleben hier begonnen und wollte es auch hier beenden. Ich habe gesehen, wie aus der Post die Telekom und aus Teilnehmern Kunden wurden, aber leider auch, wie aus unserer Firma, in der jeder für jeden da war, ein Unternehmen geschaffen wurde, in dem jeder nur noch an sich denkt (denken muss); wo jeder Unternehmensteil nur noch versucht, den eigenen Bereich sauber zu halten und aus den anderen Teilen so viel wie möglich abzuschöpfen, auch wenn dort viel größere Lücken gerissen werden, als jemals wieder zu stopfen wären. Ich habe erlebt, wie aus uns Mitarbeitern Humankapital wurde und wie wir alle nur noch als Kostenfaktoren angesehen werden, von denen man sich – so schnell es nur geht – trennen muss und will.
Sie und ihre Vorgänger jedoch geben sich im Vorstand die Klinke in die Hand; sie kommen und gehen. Von Unternehmensbindung kann hier wohl kaum die Rede sein. Sie kommen, strukturieren um, und das mit einer Arroganz und Selbstherrlichkeit, ohne auf warnende Hinweise zu hören, dass sich so die Qualität und die Zuverlässigkeit nicht mehr halten lassen kann, geschweige denn besser wird. Es kümmert sich auch niemand von ihnen um die Folgen ihrer Entscheidungen. Sie ziehen mit vollgestopften Taschen weiter, um im nächsten Unternehmen das Gleiche zu tun und sie hinterlassen skrupellos einen immer größer werdenden Scherbenhaufen.
Wenn wir, die wir immer gute, kompetente und hochmotivierte Arbeit geleistet haben, immer die Wünsche der Kunden zu erfüllen wussten und wir lange Zeit das mit Abstand beste Kommunikationsunternehmen waren und uns dann von ihnen sagen lassen sollen, dass wir zu schlecht, zu teuer, nicht motiviert, faul und unproduktiv seien, dann steigt ob dieser Unverschämtheit eine ungeahnte Wut in uns auf.
Doch als wenn es ihnen nicht reicht, uns so zu beleidigen, verbreiten sie das auch noch in aller Öffentlichkeit und fügen so unserem Ansehen und somit natürlich auch unserem Aktienkurs einen immensen Schaden zu. Sie beschmutzen rücksichtslos das eigene Nest, nur um kurzfristig ihre (oder wessen auch immer) Abbau- und Auslagerungspläne durchsetzen zu können und von den Fehlern ihrer Vorgänger abzulenken. Das ist eine Unglaublichkeit sondergleichen und ein Vertrauensbruch, der durch nichts zu entschuldigen und wieder gut zu machen ist.
Sie vermissen Respekt in diesem Brief? Wem gebührt denn Respekt? Uns Mitarbeitern, die wir uns unser Leben lang für die Telekom und unsere Kunden engagiert haben, die wir immer und immer wieder unser Privatleben den Interessen der Telekom und der Kunden untergeordnet haben und dies noch tun? Uns, die wir die Telekom zum besten, kompetentesten, kundenfreundlichsten und leistungsfähigsten Kommunikationsunternehmen gemacht haben? Oder erwarten sie allen Ernstes Respekt dafür, was sie und ihre Vorgänger uns und unserer Telekom angetan haben? Sie und ihre Vorgänger haben uns im Laufe der letzten Jahre immer mehr Fesseln angelegt, sie haben uns funktionierender Werkzeuge beraubt und uns blind gemacht, indem sie uns Systeme aufgezwungen haben, die nicht die Arbeit erleichtern, sondern nur die Kontrolle verbessern, dafür aber massiv die Effektivität einschränken. Sie haben die interne und die externe Kommunikation zerstört, indem sie funktionierende Rufnummern und Hotlines rigoros abgeschaltet und durch nicht funktionierende Sammelnummern und unsinnige Überlaufkonzepte ersetzten, und sie haben so die interne und externe Erreichbarkeit gegen Null gefahren. Sie haben massiv Wissen, Kompetenz und Arbeitsplätze an Stellen vernichtet, wo das alles unverzichtbar war, indem sie durch Umstrukturierung hochqualifizierte Mitarbeiter in gänzlich neue und unbekannte Arbeitsbereiche oder nach Vivento versetzt haben oder sie zum Vorruhestand, zur Altersteilzeit oder einer Abfindung „überredet“ haben. Ihre Vorvorgänger haben (natürlich wieder entgegen aller Warnungen der Fachleute) durch die Schließung hunderter T-Punkte und den Abbau tausender qualifizierter Mitarbeiter diese kompetenten Schnittstellen zum Kunden vernichtet und unsere Kunden so in Scharen in die Arme unserer Konkurrenz getrieben und jetzt rühmen sie sich mit der Schaffung neuer T-Punkte und der Einstellung von ein paar Hundert neuen Kräften, jetzt wo das Kind längst in den Brunnen gefallen ist, wo wir viele Kunden längst verloren haben. Halten Sie uns wirklich für so dumm, dass wir ihnen dafür Anerkennung zollen?
Es wurde weiter (mit der gewohnten Überheblichkeit und wieder gegen alle Warnungen) an der Serviceannahme – der zweiten direkten Schnittstelle zum Kunden – Personal in Größenordnungen abgebaut, sodass die Abfragewerte auf die schlechtesten Werte sanken, die jemals zu verzeichnen waren. Die billige Lösung war, unmotivierte und unwissende externe Kräfte mit keinerlei Firmenbindung (!) an Stelle der vorher gründlich „entfernten“ Kollegen zu setzen und sich dann über das immer größer werdende Chaos und immer unzufriedenere Kunden zu wundern.
Nun wollen sie mit dem Service auch noch die dritte direkte Schnittstelle zu unseren, noch verbliebenen Kunden kastrieren, auch hier wieder massiv Personal reduzieren und den Rest mit weniger Gehalt und längeren Arbeitszeiten zu besserem Service motivieren. Wo das hinführt, liegt wieder einmal auf der Hand, doch da in ihrer Etage Entscheidungen grundsätzlich nie zurück genommen werden, selbst wenn man weiß, dass man einen großen Fehler begeht, werden der Service und die Leistungsfähigkeit ein weiteres Mal, mit dem schon schrottreifen Wagen gegen die Wand gefahren. Auf die Einzelteile, die sie dann hinterlassen, warten schon die Geier, die den dann noch verbliebenen Mitarbeitern den Todesstoß versetzen! Aber das erleben sie sicherlich nicht mehr hautnah, da sie dann schon auf dem Weg zur nächsten Firma sind ...
Sie ziehen immer wieder gerne das „marktübliche Lohnniveau“ als Vergleichsgröße heran und vergleichen uns mit meist ungelernten Hilfskräften, mit Dilettanten, die weder diesen Beruf gelernt haben, noch irgendeinen Bezug zur Telekom oder zu unseren Kunden haben. Mit viel Glück sind das ehemalige Elektriker, uns sind aber auch schon Rollrasenverleger (keine Lüge) und ähnliche „Spezialisten“ im HVt begegnet. Das ist, als wenn sie einen Mercedes besitzen möchten, bezüglich des Preises aber einen Trabbi als Vergleich heranziehen und diesen auch nur bezahlen wollen.
Wir würden lieber heute als morgen die Telekom wieder an die Spitze bringen! Wir wissen auch, wie es geht und was verändert werden muss! Wir sind für Veränderungen, die den Service und die Kundenfreundlichkeit verbessern! Wir wissen, was die Kunden wollen und wie wir es ihnen bieten können! Wenn sie es ernst meinen mit der Forderung, wieder das beste Kommunikationsunternehmen zu sein, reden sie mit uns! Ideen haben wir genug, Motivation auch! Wir kennen die Kunden und die Firma und wir wissen, wo es knackt im Gebälk! Wir wissen auch, wo viel zu viel Geld verschwendet wird, wo Personal falsch eingesetzt wird und Wissen sinnlos verpufft oder Prozesse angepasst werden müssten! Nehmen sie uns mit auf dem Weg zu einer besseren Telekom! Nutzen sie unsere Ideen, unser Engagement, unsere Bereitschaft für Veränderungen und unsere Flexibilität!
So lange ihre Zielvorgaben für Führungskräfte auf Personalabbauzahlen, Entstörindex und schnelle Abfragewerte aufsetzen und nicht auf Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, Generierung neuer Geschäftsfelder (z.B. TK goes IT) und damit auf Steigerung der Einnahmen und Sicherung der Arbeitsplätze, so lange wird es keinen wirklichen Fortschritt bei uns geben und keine Chance, am Markt zu bestehen.
Ich bin mir jedoch (leider) ziemlich sicher, dass das gar nicht ihr Ziel ist, dass alle ihre schönen Sprüche nur Worthülsen sind, um die Ausgliederung vorantreiben zu können und dass sie für sinnvolle Vorschläge gar nicht offen sind, da sie die nächsten und übernächsten Schritte schon in der Schublade haben und auch, dass sie niemals einmal getroffene Entscheidungen überdenken oder gar rückgängig machen wollen oder können. Sie hören lieber auf externe Berater wie z.B. McKinsey, die nicht das geringste Interesse an der Telekom haben und jeder Firma den gleichen Mix aus Zerteilung und Personalabbau überstülpen und immer wieder frustrierte und arbeitslose Mitarbeiter hinterlassen. Wenn das also so ist, dann haben sie wenigstens den Mut, mit offenen Karten zu spielen. Verkaufen sie uns nicht weiter für dumm und stehen wenigstens, so lange sie noch unsere Firma leiten, in der Öffentlichkeit hinter uns Beschäftigten, und treten sie bitte nicht auch noch mit Füßen nach uns. Als Vorstand und Führungsmannschaft dieses Unternehmens haben sie nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Aktionären (der sie mit ihren angekündigten, kontraproduktiven Maßnahmen auch nicht nachkommen) sondern auch eine soziale Verantwortung uns Mitarbeitern gegenüber! Wir Mitarbeiter sind das Unternehmen! Wir haben den Zustand der Telekom nicht zu verantworten. Uns darf man nicht eiskalt in den beruflichen, sozialen und finanziellen Abgrund treiben, dass verbietet das soziale Gewissen! Ich befürchte aber, dass dieser Appell bei ihnen und erst recht bei McKinsey verhallt.
Wundern sie sich aber nicht, wenn sie, nachdem sie das immer schneller sinkende Schiff Telekom – wie ihre Vorgänger sicherlich mit einer großzügigen Abfindung für ihre hervorragenden Verdienste für die Telekom – verlassen haben, beim Blick in den Spiegel eine Heuschrecke sehen.
Ich könnte noch lange so weiterschreiben, da mir noch viel am Herzen liegt, doch ich möchte diesen Brief nicht mit bösen Worten beenden. Deshalb biete ich ihnen zum Schluss noch einmal meine/unsere Unterstützung bei der Bewältigung der vor uns liegenden Herausforderungen an. Nutzen sie unsere Kompetenz und unseren Überlebenswillen, um uns am Mark wieder zu etablieren, wir haben daran ein weitaus größeres Interesse als sie, da auf uns keine neuen Vorstands- oder Aufsichtsratsposten, sondern Existenz bedrohende Niedriglöhne und/oder Arbeitslosigkeit warten.
Via Boo
Universal entschuldigt sich für die Abmahnung in Sachen "Nine Inch Nails".
Letzte Woche kam doch noch Bewegung rein, Universal hat mich kontaktiert, um die Sache aufzuklären. Letztlich war es ein Missverständnis, nicht alle waren über die Aktionen von Nine Inch Nails im Netz informiert, und so hat man eben reagiert, wie man es bei einer Urheberrechtsverletzung tut. Man bedauert den ganzen Vorfall, hat sich bei mir entschuldigt, die Abmahnung wird zurück gezogen, die Kostennote wird ebenfalls erstattet. Als eine Art Entschädigung für den ganzen Aufwand werde ich inkl. Begleitung auf einem Konzert meiner Wahl die Band treffen.
Weiterlesen bei Jeriko
Immerhin hat man bei Universal auf die Vorwürfe reagiert und - wie ich finde - richtig gehandelt. Lob gibt es dafür aber auch nicht. Allerdings ist es schon bezeichnend, dass die Promo Abteilung bei Universal offenbar nicht in die Aktion eingeweiht war. Entweder hält man die deutsche Dependance an einer sehr kurzen Leine, oder Trent Reznor hat ca. 4234 Webseiten mit Musiktiteln aus dem neuen Album, mehrere USB Sticks und etliche T-Shirts mit geheimen Hinweisen selber hergestellt.
Ich hatte vor ein paar Tagen, ebenso wie Johnny auf eine Abmahnung hingewiesen, die Christoph Boecken erhalten hat. Jetzt ist eine Pressemitteilung aufgetaucht, die sich zwar nicht zum Thema der Abmahnung äußert, aber die tolle virale Kampagne der Band NIN zum Thema hat. Zur Erinnerung: Christoph war abgemahnt worden, weil er ein mp3 Stück, dass vermutlich vom Band Gründer Trent Reznor selber im Rahmen einer komplexen viralen Kampagne ins Nezt geleakt wurde, auf seinem Server als Stream angebiten hatte. Universal schreibt:
So wurden z. B. auf einer Toilette der Konzerte in Lissabon ein USB-Stick mit einem Song des neuen Albums gefunden, letzte Woche dann sogar das Video zur ersten Single „Survivalism“ - ebenfalls auf einem Konzert und auf einem USB-Stick – und das alles bevor es irgendwo auf einem Musiksender zu sehen oder zu hören war. Bleibt abzuwarten, ob den deutschen Fans ein ähnliches Vergnügen auf der am Mittwoch startenden Tour vergönnt ist.
Ich weiß nicht, was ich gerade unverschämter finden soll - die Tatsache, dass man einen Blogger dafür abmahnt, weil er sich freiwillig zu einem Teil einer viralen Kampagne macht, oder den Fakt, dass es Label und Band offenbar bewußt in Kauf nehmen, wenn Kunden und Fans in einen Abmahnhagel geraten, nur weil man massenweise USB Sticks dem Volk unterjubelt. Und das dann auch noch stolz per Pressemitteilung rausgibt. Das ist in etwa, als würde man an Karneval nachträglich dafür bestraft, dass man die Bonbons aufgefangen hat, die von den Karnevalswagen runtergeworfen wurde. Da hilft vermutlich nur das, was die Berliner getan haben, als sie mit dem ersten Karnevalsumzug in ihrer Stadt konfrontiert wurden - sie haben die Bonbons zurück geschmissen. Dummerweise scheinen große Teile der Musikjournaille da nicht mitmachen zu wollen.
Ich bin immer wieder erschrocken, zu was für einem widerlichen Haufen sich die Musikindustrie in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren entwickelt hat. Und zu welchen Mitteln die Urheberrechtsmafia greift. Und ich warte auf den ersten, wirklich großen Künstler, der sich von der Industrie mit einem lauten Knall verabschiedet oder mal in einem Interview sagt, dass er von der Politik in seinem Laden auch nichts hält. Wunschdenken, vermutlich
Danke an thenoise für den Hinweis und das Einstellen Pressemitteilung
Vor ein paar Tagen wurde ich auf eine Abmahnung aufmerksam, die das Blog Jeriko One erreicht hatte. Jeriko hatte ein Stück vom noch zu erscheinenden neuen Album der Band "Nine Inch Nails" auf seiner gepostet und war darauf hin von einem in diesem Zusammenhang bekannten Rechtsanwalt aus Hamburg abgemahnt worden. Soweit, so o. k. Wer immer noch mp3s in sein Blog reinstellt, der muss eben mit so etwas rechnen. Doch die Sache hat einen gewaltigen Haken, denn das mp3 ist ein Teil einer viralen Kampagne, die von Trent Reznor und vermutlich dem dahinter stehenden Label, Universal Music, lanciert wurde. Mit anderen Worten: Jeriko ist dafür abgemahnt worden, weil er eine virale Kampagne unterstützt hat. Die Sache ist allerdings höchst kompliziert.
Die Band "Nine Inch Nails", nur so zur Info für die Leute, die sich da nicht so gut auskennen, besteht seit 1988 und hat eigentlich nur ein festes Mitglied: Trent Reznor. Der wiederum hat, würden manche Menschen sagen, einen sehr interessanten Dachschaden, den zu erklären hier der Platz fehlt. Nur soviel: die Reha nach jahrelangem Drogenmissbrauch hat gut angeschlagen. Wer mehr über ihn erfahren möchte, möge kurz hier weiterlesen. Reznor hatte schon immer einen Faible für verworrene Szenarien und Geheimniskrämerei und da eignet sich das Medium Internet ja ganz hervorragend für. Besonders, wenn man ein neues Album bewerben will.
Zum Internetauftritt der Band gehört ein Fan Forum namens "The Spiral" in das man nur reinkommt, wenn man Eintritt zahlt. In diesem Forum schreibt Trent Reznor angeblich selber mit, und laut Aussagen verschiedener User die ich zusammen googeln konnte, war es auch Reznor selber, der vor einigen Wochen anfing, einzelne Stücke aus dem neuen Album "Year Zero" in seinem Forum zu leaken. Gleichzeitig passierte aber noch etwas anderes: laut diverser Berichte in verschiedenen Foren, fanden sich während einiger Konzerte der Band in Spanien auf den Toiletten "zufällig" USB Sticks, auf denen ebenfalls verschiedene Tracks des neuen Albums zu hören waren. Gleichzeitig trat irgendjemand (entweder Reznor alleine, oder zusammen mit seinem Label, das lässt sich nicht feststellen) eine gewaltige, höchst verwirrende Kampagne im Netz los. User und Fans wurde auf eine Art Schnitzeljagd über diverse Webseiten geschickt, auf denen sich weitere Hinweise zum Konzept und zur Musik der Band befanden. Wer Lust und Zeit hat, sich auf die Reise zu begeben - das Freiburger Magazin "Fudder" hat eine ausführliche Story mit vielen Links zu diesem Thema. (Danke Caro)
Im Endeffekt läuft es aber vermutlich darauf hinaus, das Reznor und seine Plattenfirma offenbar gezielt Informationen über das neue Album ins Netz streuen. Dazu gehören auch die Tracks, die mittlerweile in Foren, Tauschbörsen und Blogs kursieren. Ich sehe wenig andere Möglichkeiten, wie diese Stücke ins Netz gekommen sind. Zum einen gab vor ein paar Wochen für das Album noch kein offizielles Tracklisting, zum anderen sind bei Universal bis zum heutigen Tag in der Journalistendatenbank keine Stücke des neuen Albums hörbar. Ob Vorabexemplare des neuen Albums verschickt wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Chance, dass ein Journalist genau die Stücke ins Netz geleakt hat, die gerade die Runde machen, würde ich aber mal als äußerst gering einstufen.
Bleibt am Ende noch die in den letzten Wochen oft gestellte Frage, ob Universal Deutschland überhaupt von der Aktion gewusst hat. Offiziell äußert sich Universal nicht. Telefonische Nachfragen werden mit der Bitte um schriftliche Kontaktaufnahme abgewiesen, auf die schriftlichen Fragen über das Kontaktformular der internen Journalistenlounge habe ich bisher keine Antwort erhalten. (Was – am Rande bemerkt – offenbar ein neuer Umgang mit Journalisten ist. Will man sich zur "Echo" Verleihung akkreditieren, muss man wohl vorher unterschreiben, dass man in seiner Berichterstattung auch immer schön den Namen des übertragenden Medienpartners erwähnt. Das hab nicht nur ich so zu hören bekommen)
Dass Ganze ist - gelinde gesagt - eine Sauerei. Selbst wenn die Firma Universal Music nichts von dem weiß, was ihr Künstler so an Werbemaßnahmen treibt, so haben sie doch spätestens mit der vermutlich in ihrem Auftrag erfolgten Abmahnung an den Blogger Jeriko davon Kenntnis erhalten müssen. Da ich ja nun selber ein paar Jahre in der Branche unterwegs war, lehne ich mich mal aus Fenster und sage: Das gibt es nicht, dass eine Plattenfirma vor dem Start eines neuen Albums nicht weiß, was der eigenen Künstler treibt. Schon gar nicht, wenn es sich um eine derartig komplexe Kampagne handelt, wie in diesem Fall.
Jeriko hat die Abmahnung mittlerweile akzeptiert, auch weil ihm nichts anderes übrig geblieben ist. Würde man sehr böse denken, könnte man vermuten, dass die Universal Music und die Band diese Abmahnungen als werbewirksame Kollateralschäden mit eingeplant hat, aber das wäre nur eine bösartige Unterstellung. Dass man auf eine solche Idee kommt, hat aber vielleicht auch etwas damit zu tun, dass sich die Musikindustrie in den letzten Jahren zu einer Art Urheberrechts-Mafia entwickelt hat, die ihre Pfründe um jeden Preis schützen will. Dazu gehört das Rechtsmittel der Abmahnung, dazu gehören wohl auch vermutlich nicht korrekte Angaben über den Schaden, der durch illegale Downloads entsteht. Eine Studie(nur gegen Kostenpflichtigen Login), die es <a href=arstechnica.com">hier kurz zusammengefasst gibt, hat festgestellt, dass die von der RIAA und anderen Verbänden veröffentlichten Zahlen, offenbar hinten und vorne nicht stimmen. Gleichzeitig weist man der Industrie massive Managementfehler in den letzten Jahren nach. Man zeigt aber auch auf, dass die Verluste der Musikindustrie damit zu tun haben, dass in den letzten 10 Jahren auch andere Interessen das Taschengeld der Jugendlichen auffressen. Dazu gehört das Handy mit seinen Klingeltönen und Spielen, dazu gehören Computer und die nicht unerheblichen Kosten für den Internetzugang, dazu gehören aber vor allem Spielekonsolen und die Spiele selber, die ein Vielfaches einer CD kosten. Die Gewinneinbrüche, die die Majors so gerne lautstark beklagen, gehen also bei weiten nicht nur zulasten der Tauschbörsen.
Das alles hilft dem Blogger Jeriko nicht mehr. Er hat, als Fan, in gutem Glauben an einer viralen Kampagne teilgenommen. Ein Musiker hat eine mp3 geleakt, die Plattenfirma hat angeblich von all dem nichts gewusst, distanziert sich aber auch nicht öffentlich von dieser Aktion. Am Ende bleibt ein Blogger auf der Strecke. Und ein weiterer Kunde. Und man kann nur hoffen, dass es nicht der letzte Kunde sein wird, der aufgrund derartiger Aktionen sein Konsumverhalten überdenkt, denn man wird das Gefühl nicht los, dass Teile der Musikindustrie höhnisch und mit großer Arroganz auf seine Käufer herab blickt. Die Mittel, mit man die CD Verkäufe nach oben treibt, scheinen mittlerweile völlig außer Kontrolle geraten zu sein.