Depression gesucht
Hilfe. Ich habe bisher keine Novemberdepression. Da mögen sie lachen und sagen: "Ja super!". Aber mir macht das ein wenig Angst. Sonst hab ich immer welche. So im November die erste. Die richtig schlimme kommt meistens so Mitte Dezember. Gut, bis dahin ist noch was Zeit. Aber jetzt, wo die November-Depression schon nicht kommt, da denke ich manchmal: "Hey, und was, wenn die im Dezember auch nicht kommt?" Und es gibt so ein paar Symptome, die mich das vermuten lassen. Zum Beispiel die Kälte. Ich denk immer "Boah, das ist ja schon kalt." Aber dann geh ich raus, schwing mich aufs Fahrrad und denk: "Geht doch! Super! Frische Luft!". Oder die Dunkelheit. Um halb fünf wurde es heute duster. Und wenn ich so gegen halb sieben nach Hause radel, die Friedrichstrasse rauf, dann denk ich "Hui, das ist ja hübsch. Die vielen Lichter. Toll." Und es kommt noch schlimmer. Heute wurde die Weihnachtsbeleuchtung in der Friedrichstrasse an die Lampen montiert. Und... ich hab mich gefreut, weil das bestimmt total schön aussieht, wenn die an ist.
Da stimmt doch irgendwas nicht. Das ist doch nicht normal. Das bin doch nicht ich. Ich hab jetzt Angst, dass das so bleibt. Hilfe!
Bitte nicht ansehen!
"Gambling, Gods & LSD" klingt laut den Kritiken so, als würde man nach drei Stunden aus dem Kino rausgehen und hell erleuchtet sein. Quasi eine esoterische Osrambirne. Vielleicht sogar einen halben Zentimeter schweben. Tatsache ist allerdings, dass man nach drei Stunden aus dem Film rausgeht und einen Arsch wie ein Brauereipferd hat (gut, liegt auch am Kino) und ein langweiles Urlaubsvideo sehen mußte, dass jemand zwei Jahre lange zusammen geschnipselt hat. Der Mensch, der das gemacht hat (natürlich mit Hilfe von arte) muss irgendwann in seinem Leben mal gedacht "Oh, Ficken und coole Sonnenbrillen tragen ist ja auch langweilig. Was andere Menschen wohl so denken, ich fahr mal nach Toronto, Las Vegas, Zürich und Indien." In Toronto gibt es Leute, die zu Jesus singen und sich dabei auf den Boden legen. In Las Vegas ist einer, der die Knochen seiner Frau in einem Kopftuch aufbewahrt, in Zürich ein Biologe, der den Verdacht hat, dass die Mitochondrien alles Leben zusammen halten und sich deswegen nicht mehr einsam fühlt und in Indien ist es sehr, sehr schmutzig, aber die Leute sagen den ganzen Tag Sachen wie "We come from nothing, we go to nothing" und somit Monty Python zitieren.
Wenn man Interesse an mystisch-esoterischen Nullaussagen hat, dann sollte man besser das nächste Reihenhaus Kaffeekränzchen von Frau Koslowski aufsuchen und eine Flasche Schlehenfeuer spendieren. Das bringt einen weiter. Ich hätte mir doch KillBill ansehen sollen.
Neulich bei irgendeinem dieser "Testen Sie ihren momentanen geistigen Zustand" Tests gesagt bekommen, dass ich haarscharf, aber sowas von haarscharf an der Autismus Grenze liege, ja, quasi schon rüber schiele, wenn nicht sogar mir einem Fuss tänzelnd die Grenze zu überschreiten suche. Der Autismus lacht mich sozusagen mephistotelisch mephistophelisch (Thx to the Lektorat um the Ecke) an, verspricht mir ein besseres Leben, umgarnt mich, lockt mich mit dollen Versprechungen und Sonderangeboten.
Gerade drüber nachgedacht, ob ich vielleicht nachgeben sollte. Verlockend. Immer Ruhe, keiner quatscht einen an. Oh, macht ja auch keiner. Die Nachbarn halten einen für wunderlich. Oh, das machen sie jetzt schon. Wenn man ein wenig kommunizieren will, schreibt man Mails oder ein Blog. Hoppala. Man muß nicht mehr raus gehen und wenn, schreibt man alles auf einen Zettel auf und gibt es im Naturkostladen gegenüber einfach der Verkäuferin. Nein, DAS mach ich noch nicht.
Stellt sich die Frage, ob alle, die regelmäßig und täglich, ja vielleicht sogar mehrfach am Tag ihr Blog füllen, einen Hang zum Autismus haben, nicht mehr mit der Welt kommunizieren können oder wollen, weil sie einem zu stumpfsinnig geworden ist.
Neues Experiment
Man hat ja Zeit. Man kann da auf dumme Ideen kommen. Zum Beispiel die Idee: Dieses Jahr fahre ich mal mit dem Fahrrad durch den Winter. Ich zeige es mir, meinem Schweinehund und dem Rest der Welt, was für ein harter, kerniger Bursche ich bin. Wie ich mannhaft der Kälte trotze. Und wenn ich mich an die gefühlten minus 77 Grad geföhnt gewöhnt habe, dann werde ich lächelnd auf Partys folgenden Dialog führen können
Party. Gegen drei Uhr morgens. Draussen ein Ostwind mit 4 Windstärken. Seit Wochen pumpt ein Hoch über dem Osten die Kaltluft direkt aus Sibirien.
Ich: Tschö. Partymensch: Oh. Wie schade. Soll ich Dir ein Taxi rufen? Ich : Nö, ich bin mit dem Fahrrad hier Partymensch: Waaas? Echt? Ist Dir das nicht zu kalt? Ich: Ach was, da hat man sich so schnell daran gewöhnt. Partymensch: Ne, also dass könnte ich nicht.
- Frau: Echt, Du fährst jetzt noch mit dem Rad? Ich: Das ist wirklich easy. Man muss sich nur daran gewöhnen.
- Frau: Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr Ich: Und warme Sachen tragen. Zum Beispiel diese Handschuhe aus "Thinsulate", weich UND warm
- Frau: Oh, so weich auf der Haut
- Frau: Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr Partymensch: Aber, jetzt mal ehrlich. Das macht doch keinen Spaß. Ich: Ach, mir schon. Mir ist es wichtig, dass ich auch im Winter ein wenig Bewegung habe.
- Frau: Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
- Frau: Das ist sicher auch gut gegen Erkältungen. Ich: Ich hatte noch keine. Ich bin kerngesund und topfit. Und es tut der Haut auch gut, wenn sie zusätzlich pflegt. Meine Wangen sind ganz weich.
- Frau: Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrr Mann der 1. Frau: Sabine! Wir gehen jetzt!
- Frau: Und Sport ist ja auch so gut. Ich meine, hihi, für die Kondition, hihi.
- Frau: Ja. Also ich finde das schon stark. Mann der 1. Frau: Sabine, ich gehe jetzt.
- Frau: Rrrrrrrrrrrrrrrrrrr Mann der 1. Frau: Das Taxi ist da, Sabine. Komm doch jetzt bitte. Partymensch: Noch Bier, Don?
- Frau: Ich wollt eh in die Küche, ich bring Dir ein mit.
- Frau: Rrrrrrrrrrrrrrrrrr Mann der 1. Frau: Sabine, der Mann wird nicht ewig warten. Ich: Na gut, dann kann ich ja noch die Geschichte erzählen, wie ich in den Eisregen gekommen bin, und....
So wird das sein.
Manchmal, wenn ich alleine bin, wenn um mich herum alles ruhig ist, und die Welt draussen vor Tür eine Pause macht, wenn der Atem ruhig und gleichmäßig geht, wenn all die Ängste aus dem Körper strömen und unsichtbar werden, wenn die staubkorngroßen Teile sich langsam aufeinander zu bewegen und Bilder von unglaublicher Klarheit formieren, wenn die Wärme auf der Haut liegt, dann weiß ich, dass alles gut wird. Das Böse, das in mir keucht, das mächtig sein will, dass kennt seine Grenzen, dass weiß, wo es hingehört, dass weiß, dass wir uns brauchen, das wir niemals ohne einander können würden. Wir sind durch viele Leben gegangen, wir haben uns gehaßt, uns vergessen wollen. Aber am Ende gelernt, dass wir nur zusammen das Gute leben können.