Auch nervig: Der Trend alles vermarkten zu wollen. Erinnert mich an einen besessenen Mann, der alles ficken muss, was auch nur grob von der männlichen Anatomie abweicht. Muss man immer über alles ein Buch schreiben? Und ist ein Buch, das zum Inhalt hat, wie man ein erfolgreiches Weblog gestaltet, nicht so was wie die Bücher von Erika Berger über Sex? Und sollten nicht eher diejenigen Bücher rausgeben, die die Blogs schreiben, als die, die darin kommentieren und sie lesen? Vielleicht hab ich die Wertschöpfungskette auch nicht verstanden. Oder bin nicht fickrig genug.
Hups
Meine Verwandschaft hat mein Blog entdeckt, sofort die schweinistischen Stellen ausgedruckt und meiner Mutter am Telefon vorgelesen. Ab sofort gibt es deswegen nur noch solche Einträge:
06:13 Uhr Zwei Minuen vor dem Wecker wach geworden. Frau im Schlaf auf die Stirn geküsst. Joggingschuhe an und raus.
06:45 Uhr Wieder zurück. Auf dem Weg den Gemüse Türken rausgeklingelt der mir im Schlafanzug fünf Orangen verkauft hat. Zu Hause vor dem Duschen schnell die Früchte zu Saft gemacht und meiner Frau ans Bett gestellt. Kinder sanft geweckt.
07:45 Uhr Kinder zu Fuß zur Schule gebracht. Auf dem Rückweg der alten Dame von nebenan Milch gekauft. Gemüse Türke war heute sehr unfreundlich.
08:30 Uhr Büro. Kollegen noch nicht da. Ist ja deren Karriere.
09:47 Uhr Fast vergessen meine Frau anzurufen und ihr zu sagen, dass ich sie liebe.
12:30 Uhr Während andere ihr Geld draussen in Restaurants verpulvern, einen Apfel und ein selbstgemachtes Brot meiner Frau gegessen.
14:45 Uhr Den Chef darauf aufmerksam gemacht, dass er einen Fleck auf dem Hemd hat. Belobigt worden.
16:31 Uhr Meiner Frau per Ebay ein kleines Collier ersteigert. Die wird nächstes Weihnachten aber Augen machen. Bild von meinem Großen gefaxt bekommen. Ihn gelobt.
18:30 Uhr Aus dem Büro. Schnell noch Blumen für meine Frau gekauft.
19:00 Uhr Zu Hause. Sehr, sehr lustig. Meine Frau hat mir auch Blumen gekauft. Wir haben in der Küche gestanden, uns im Arm gehalten und Tränen gelacht. So ein witziger Zufall. Kindern haben um uns herum getanzt.
19:15 Uhr Nach dem Tischgebet sehr lecker gegessen. Es gab Rosenkohl mit Reis. Meine Frau macht den besten Rosenkohl auf der ganzen Welt. Ich habe ihr gesagt, dass ich jeden Tag ihren Rosenkohl essen könnte und sie hat gesagt: "Du Dummerchen, den gibts doch gar nicht immer." Wir haben wieder sehr gelacht und danach gemeinsam die Küche aufgeräumt.
20:00 Uhr Gemeinsam mit der ganzen Familie die "Tagesschau" gesehen. Den Kindern erklärt, dass nicht alle Araber böse sind und Türken keine Araber.
20:15 Uhr Meiner Frau zuliebe "Deutschland sucht den Superstar" geschaut. Haben schon alle tolle Stimmen, dass muss man denen schon lassen.
22:00 Schon mal ins Bett zurück gezogen. Hab noch die letzte Ausgabe der "Zeit" nicht zu Ende gelesen. Meine Frau schaut noch die Tagesthemen. Super Tag.
Eigentlich ist Claudia ein Name, mit dem man nicht unbedingt eine begehrenswerte Frau in Verbindung bringt. Claudia hat sowas hartes, negatives an sich. Claudia klingt nach süßem Parfüm, nach einer engen Vorstadtbeziehung die in der Großraumdisse "Funland" angefangen hat, dem Ausleben der ersten emotionalen Anwandlungen., nach fett rotlackierten Fingernägeln, nach jemanden, der sich im Netz den Nicknamen "Superhexy" gibt. Claudia ist ein Name für ein Mädchen, nicht für eine Frau. Jeder, der heute zwischen 20 und 40 ist, hatte mal eine Freundin die Claudia hieß. Oder es gab ein Mädchen in seiner Klasse die Claudia hieß, und bei der man in der tiefen Nacht zwischen seine Beine griff und sich vorstellte, wie Claudia es einem machte. Claudia fährt Opel Corsa oder Polo und hat vielleicht einen Harlekin am Innenspiegel hängen.
Das war jetzt gemein. Ich hab bestimmt die ein oder andere Leserin die vornerum so heißt, ansonsten aber eine supertolle Frau ist, fürchterlich beleidigt. Wahrscheinlich gibt es ebenso viele Frauen, denen bei dem Namen Thomas oder Dirk ein kalter Schauer den Rücken runter lief. Dirk und Thomas wären was für pubertierenden Mädchen, aber nichts für eine erwachsene, emotional wie sexuell gereifte Frau. Ich bedaure alle Frauen, die einen Mann haben, der Thomas heißt und sich im Internet "Bigdaddycool" oder "yourwildestdreams7" nennt.. Wenn ich ehrlich bin, kenne ich noch nicht mal einen Menschen, der einen solchen Namen sein eigen nennt. Ich kenne auch keine Frau, die mir mit stolzgeschwellter Brust davon erzählte, daß sie einen "Thomas" kennengelernt habe, der fürchterlich intelligent, emotional und einfühlsam sei. Wahrscheinlich bleiben "Claudia" und "Thomas" irgendwann auf einer Stufe der Spätpubertät hängen und heiraten in der Vorstadt.. Vielleicht, weil das "Funland" zugemacht hat. Oder weil sie plötzlich feststellen, dass sie schon fünf Jahre zusammen sind und bei Familienfesten unangenehme Fragen auftauchen. Claudia und Thomas haben dann später eine Doppelhaushälfte. Doppelhaushälfte. Allein dieses Wort trägt den Betrug an einer ganzen Generation schon im Wort. Doppelhaushälfte. Die Hälfte von was?
Ach, jetzt hab ich auch noch alle Leser beleidigt, die Thomas heißen. Schulligung. Es gibt sicher Thomasse, die sehr nett sind. Thomas Bernhard war sicher nett. Oder Thomas von Aquin. Ich mach das wahrscheinlich nur aus Neid. Ich heiße vornerum ja im Pass auch anders, aber alle nennen mich seit Jahren nur noch Don. Hab ich einer Ex-Freundin zu verdanken. Meinen richtigen Namen hab ich nie gemocht. Zu kurz, so blöd, zu langweilig. Meine Mutter erzählte mir neulich, das sie den Namen gewählt hätte, als sie eines morgens am Frühstückstisch sassen und im Radio bei RTL Luxemburg (konnte man in Bonn empfangen) wurde ein neuer Moderator vorgestellt. Ich heiße so, weil meine Mutter morgens völlig verschlafen einen RTL Moderator toll fand. Da muss ich doch reflexartig auf Claudia und Thomas einschlagen.
Eine wunderschöne Party. Das Bild von jemanden nahe am Herzen. Über den Eberswalder Platz gehen, fast nüchtern sich einen Weg durch die ziellose Masse bahnen, die hektisch auf der Suche nach dem nächsten Big Kick ist, während einem Dean Martin mit "Gentle on my mind" so laut ins Ohr swingt, dass man nur die stumme Suche in den Augen der anderen sieht, während man selber beschwingt und glücklich mit einem leisen Lächeln auf seinem Weg ist. 2004, Du fühlst Dich gut an.
03
Beste Entscheidung: Trotz aller Schwierigkeiten geduldig gewartet zu haben Schlechteste Entscheidung: Keine schlechte Entscheidung getroffen zu haben
Beste Anschaffung: Mp3 Player Dämlichste Anschaffung: Spiegel Abo für ein halbes Jahr
Schönster Absturz: Alle Tafelrunden (Dank an die Stattkatze, Martin und Annette) Schlimmster Absturz: Abschieds Lesung von Joachim Lottmann
Bestes Getränk: Brandy Ekelerregendes Getränk: Grüner Tee mit Lychee Aroma
Bestes Rezept: Lachs auf Orangenfilets Schlimmstes Essen: Das Ei-Brötchen bei Hamburg Eins
Beste Musik: Deep Chilled Euphoria Schlimmstes Gejaule: Alles von DSDS
Eigene, schönste musikalische Wiederentdeckung: Dean Martin Peinlichster musikalischer Faux-Pas: Best of Supertramp
Beste Frage: Kommst Du nach der Lesung noch mit? Dämlichste Idee/Frage: mannmüsste dochaisjajaaucheeejjjal
Beste Lektüre: Anthony Bourdain - Geständnisse eines Küchenchefs Langweiligste Lektüre: Der Spiegel
Bester, dreckigster, geilster Sex: Mit jemand anderem Langweiligster Sex: Mit mir alleine
Letztes Jahr Frau Ingeborchs Fragebogen in den Kommentaren