Ja, und ist es nicht ein Armutszeugnis: So genannte Medienprofis, die im Jahr 2006 immer noch nicht realisieren, was da draußen passiert. Wie definiert sich eigentlich ein Medienprofi? Über die Zahl der Panels, auf denen er gesessen hat? Ich bin schon erstaunt, wie viele Leute über Blogs und neue Medien diskutieren, ohne sachkundig zu sein. Sachkundig sein heißt übrigens nicht, Artikel über Blogs zu lesen. Sondern sich ein eigenes Bild zu machen. Blogs lesen.

Fabian Mohr

Wer überhaupt Mitglied [im Netzwerk Recherche, DD] ist, wissen nicht mal die Mitglieder: ein Verzeichnis gibt es nicht, was die Sache mit den Netzwerken schwierig machen dürfte. Das erinnert mich an meine Kindheit, als wir selbst gemalte Geheimausweise gebastelt haben, die auch keiner sehen durfte. Später gab es dann die Agenten-Pässe aus "Yps".

Thomas Knüwer

Worum gehts? Um eine Studie (dort in Auszügen nachzulesen),in Auftrag gegeben vom "Netzwerk Recherche" die in der Schriftenreihe des Netzwerks herausgegeben wurde auf der einer Diplomarbeit von Matthias Armbrost basiert[Satz nach Hinweis des Autors korrigiert. DD], die sich mit dem Phänomen "Blogs" beschäftigt, nachdem sie ja schon enorme Kompentenz in Sachen "Journalisten & PR" bewiesen hat.

Am Wochenende gibt es die Jahrestagung des "Netzwerk Recherche". Wäre eine gute Gelegenheit gewesen, mal ein paar Blogger einzuladen und das Thema zu diskutieren. Aber offenbar bleibt man lieber in seinem eigenen Saft sitzen und bestärkt sich gegenseitig in seinen Meinungen. Einzig Stefan Niggemeier vom <a href="www.bildblog.de" target=blank">bildblog ist zu einer Diskussionsrunde mit dem vielsagenden Namen "Wenn Journalisten Journalisten kritisieren" eingeladen. Das Wort "Blog" taucht nicht mal auf.

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Da ist die ganze Palette dabei: also die ganze Palette eines üblichen Frauenmagazins, nicht die ganze Palette des profanen Daseins, versteht sich. Frauenmagazin muß zuckersüßer Eskapismus sein, weil Frauen das so wollen. Punkt.

Andrea Diener nimmt die neu gestarteten Blogs der Zeitschrift "Freundin" auseinander.

Ich kann das, was die Freundin da macht, ebenso wenig nachvollziehen, wie das, was bei germanblogs abläuft. Ist es wirklich so schwer, Wesen und Inhalt Blogs zu verstehen? Wobei ich bei den Blogs der "Freundin" tatsächlich noch vermute, dass das, was da steht, auch wirklich ernst gemeint ist, und exakt das Leben wiedergibt, in dem sich die Redakteusen befinden. Langweiliger Befindlichkeitsquatsch mit einer so großen und schmerzhaften Klischeeanhäufung, dass man glaubt, so was kann es gar in echt geben. Muss es aber, denn irgendjemand schreibt den ganzen Blödsinn ja täglich in die Magazine. Und das ist beileibe nicht nur bei Frauenzeitschriften so, sondern genauso bei den Magzinen für den Herrn. Ein mir aus Hamburg bekannter Mensch hat nach einem halben Jahr Arbeit für die Maxim (oder war es die GQ? Oder Matador? Ich kann die alle nicht auseinander halten) tatsächlich angefangen, beim Tischgespräch über Hemdenhersteller zu philosophieren. Vielleicht ist es auch so eine Art sich selbsterfülende Mimikry, der man unterliegt, wenn man für bestimmte Branchen lange genug schreibt. Obwohl: die paar Jahre, die ich für Yellow Press Blätter gearbeitet habe, haben mich auch nicht dazu verleitet, mir die Haare zartblau oder orange zu färben und Kochrezepteschnippsel zu sammeln.

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Da ist sie also, die seit Monaten angekündigte, schon fast Sagen umwobene Blog Community vom Holtzbrinck Verlag. Bisher hatte der Verlag damit auf sich aufmerksam gemacht, dass man als einer der wenigen Verlage in Deutschland mit Blogs massiv rumexperimentiert hat. Das klappte mal gut (Zeit.de, Handelsblatt.de) oder auch mal gar nicht (Tagesspiegel.de), aber immerhin schien sich der Verlag intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Als ich im Februar hörte, dass ein "Experten Blogportal" entstehen sollte, dachte ich nur: "Ach, Du Schande." Das mit den "Expertenportalen" hatten wir doch schon mal, so gegen 1999/2000, als die Dinger wie Pilze aus dem Boden schossen und eben so schnell wieder verschwanden. Ich selbst war damals glaube bei zwei Portalen als "Experte" eingetragen, und man versprach, dass ich mir bald die Zähne vergolden lassen könne, denn die Menschen würden demnächst zu Millionen hilflos im Internet herum irren und weinend nach Rat suchen. Taten die Menschen aber genauso wenig, wie sich auf Webseiten zu verirren, die den Menschen an die Hand nehmen wollten und "guided Tours" durchs Internet anboten.

Und genausowas bietet der Holtzbrinck Verlag jetzt auch an. Man hat einfach nur einen neuen Namen für ein altes, sehr, sehr totes Projekt gefunden und es grafisch an das Jahr 2006 angeppaßt. Sie machen sich noch nicht mal die Mühe, das zu verbergen und der Untertitel des Portals "Hier sprechen Experten. Über Politik, Sport, Kultur, Unterhaltung, Technik, Reise und Leben." stammt wohl noch von einem Projekt aus der Schublade. Immerhin war man dieses Mal aber so klug, dass man den Autoren ein Honorar anbietet, anstatt darauf zu hoffen, dass sich die Experten schon von selbst einfinden. Wieviel man ihnen zahlt ist nicht so richtig bekannt, und die Zahlen, die ich hörte, schwanken zwischen 100 und 300 Euro. Im Monat. Je nach Popularität des Autors. Womit wir schon beim nächsten Punkt sind. Außer Jens Scholz und Dr. Michael Prang, den ich noch aus gemeinsamen Zeiten bei "Zeit Online" kenne, stach mir jetzt kein Name ins Auge, den ich aus der Blogszene kennen würde. Kann aber sein, dass es Autoren gibt, die lieber erstmal unter anderen Namen schreiben.

Inhaltlich können die als "Blogs" getarnten Expertenseiten auch nicht wirklich überzeugen. Die meisten Artikel bestehen aus Hinweisen zu anderen Webseiten, oder wie Kollege Ix bei sich schreibt, aus Hinweisen zu Artikeln, die demnächst woanders erscheinen. Die einzigen beiden "Blogs" in denen ich Content entdecken konnte, der zu 100% selbstgeschrieben und motiviert war, sind das Satireblog und das Glaubensblog, dessen Existenz ich allerdings ernsthaft begrüße. Allerdings: das Baby ist gerade frisch auf die Welt gekommen, da muss man erst mal abwarten, auch wenn ich es nicht verstehe, warum sich zum Beispiel um das Thema "Politik" drückt. Autoren hat man im Hause Holtzbrinck doch genug. Überhaupt: Warum hat man sich nicht aus dem Pool grandioser Autoren bedient, die man sowieso unter Vertrag hat?

Ex-Kress Chef Peter Turi, ist wegen des neuen Expertenportals auch dementsprechend aus dem Häuschen, und schriebt bei sich in den Kommentaren:

Wenn die mit Print-Werbung für ihre Blogs nur jeden tausendsten Leser zum Blogschreiber machen, dann sind das über tausend Autoren. Und wenn jeder zehnte Leser mal reinklickt, dann sind das hunderttausende Leser. Das ist eine mächtige Welle, die da kommen wird.

Wer da künftig Geld mit Blogs verdienen will, der wird es ohne Verlagspartner kaum schaffen, sich am Kiosk2.0 einen Platz zu erobern, der ihn überleben lässt.

Teil Eins der Aussage kennt man von nicht funktionierenden Schneeballsystemen und irgendwie habe ich das schon mal von den Leuten gehört, die damals die Expertenportale aufgemacht haben. Und Geld verdienen mit Blogs - hmja. Ich rechne es Holtzbrinck sehr hoch an, dass sie die Autoren bezahlen, denn das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung und es wird mögliche Autoren sicher motivieren. Und ich bin auch der Meinung, dass man als Autor eines Blogs nur über den Umweg eines Verlages vernünftig Geld verdienen kann. Aber sicher auch nicht auf diese Art. Auch mit 300 Euro kann man im Momat nicht leben. Und ob man überhaupt auf die Art und Weise Geld verdienen kann? Wenn man Menschen Experten nennt ein paar Informationen zusammenstellt?

Fazit: Ich bin etwasschwer enttäuscht von diesem Portal. Ich hatte, nachdem man beobachten konnte, wie der Verlag in den letzten 12 Monaten im Weblogsektor rumprobiert hat, erwartet, dass sie das Ding wirklich fett machen würden. Dass sie mit großen Namen und Themen die Blogs dazu nutzen würden, einen Angriff auf die meist eher langweiligen Onlineangebote anderer Verlage zu starten. Herausgekommen ist leider nur ein kleiner Versuch, eine eigene Blogcommunity zu starten. Kann gut sein, dass das klappt, dass sich tausende Menschen ein Expertenblog zu legen und über Fliegenfischen, Lacrosse oder die Päpste des Mittelalters schreiben. Mit Online-Journalismus hat das allerdings nichts zu tun.

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Ich hab das brutalmöglichst bei der Nuf geklaut, mit dem Ziel der weltberühmteste Blogger zu werden. Wer diesen Link klickt sorgt dafür, dass dies so wird. Wer das nicht will, muss diesen Link anklicken. Wer möchte, dass ich sehr, sehr reich werde klickt klickt hier Wer möchte, dass ich endlich die Fresse halte, und nie mehr blogge, klickt hier Wer möchte, dass ich eine total peinliche Geschichte über einen berühmten Blogger erzählen soll klickt hier. Wer ein Nacktbild von mir sehen will klickt hier

Super dolle Spielerei, dass. Und man findet auf die Art tatsächlich ein paar interessante Blogs. Typische "Warum bin ich nicht auf diese Idee gekommen" Idee.

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Jetzt, wo die drei Jungs aus dem Video bei Universal unterschrieben haben und es rauskommt, dass der "Schnappi" Produzent seine Finger im Spiel hat, frag ich mich als langjähriger Anhänger diffuser Verschwörungstheorien, was wohl zu erst da war. Der Vertrag oder das Video. Vielleicht sollten alle, die das Video verlinkt haben ihre Logs aus der letzten Woche mal durchkämmen und nach Ips aus Berlin suchen. Haha. Nein. Scherz. Obwohl: neulich berichtete mir ein Geschäftsmann aus einem völlig anderen Bereich, dass man hier und dazu übergangen sei, CallCenter zu engagieren, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als auf bestimmten Seiten rumzuklicken. Da ging es allerdings um die neu gestalteten Seiten einer Bank, die intern umstritten waren und deren Gestalter ihren Chefs zeigen wollten, wie toll sie doch seien. Das mit dem Signing bei Universal ist leider kein Scherz. Sollte es wirklich jemand gelungen sein, die Schnappi Nummer zu wiederholen: Respekt. Allerdings scheint es in der Theorie wirklich auch einfach zu sein. Bei "Youtube" ein Video uploaden kost nix, gefragt wo es herkommt wird auch nicht, jetzt muss man nur noch dafür sorgen, dass das Video an den richtigen Stellen, zum Beispiel Blogs, auftaucht. Eine Mail wie "Les Deine Seite so gerne, guck mal was ich gestern gefunden, das könnte doch für Dich was sein." ist schnell geschrieben und abgeschickt, es ist zumindest denkbar, dass etwas auf diesem Weg laufen könnte, womit nicht unterstellt werden soll, dass die Sache so gelaufen ist. Das aber wirklich ganz doll schlimme an der Sache: jetzt wird das Video, der Song und der Klingelton zum Song die nächsten Monate sämtliche Medien verpesten, weil alle über diese "irre Geschichte" aus dem Internet berichten wollen.

Via Mail.

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