Le Buchmesse

Ich hatte ja Glück. Ich musste ja nicht alleine gehen. Da es meine erste Buchmesse war. hatte ich ein wenig Angst. Werden sie erkennen, dass ich zum erste Mal hier bin? Werden Verlagvertreter bei meinem Anblick und der Erkenntnis, dass ich zum ersten Mal in Frankfurt bin, mit vor Schreck geweiteten Augen sportlich hinter einen Tresen flanken? Das war natürlich Quatsch. Aber dank meiner kundigen Begleitung, Dr. Klaus Cäsar Zehrer, fühle ich mich schon etwas sicher. Denn der Mann hat nicht nur über Humor promoviert, nein, er hat zusammen mit Robert Gernhardt gerade eine, was sage ich, DIE, und dazu die erste Anthologie über komische Lyrik in Deutschland zusammengestellt (erscheint auf der Leipziger Buchmesse). Und außerdem ist er seit dem er denken kann schon auf der Messe, und denken kann er - nach eigener Aussage - schon ganz schön lang.

Jedenfalls führte er mich zunächst durch lange Gänge. Sehr lange Gänge. Sehr, sehr, sehr lange Gänge und brachte mir bei dieser Gelegenheit gleich die erste und einzige goldene Regel der Buchmesse bei: "Man muss Geduld haben". Das ist wohl war. Man braucht Geduld um erstmal in den wichtigen Hallen 3 und 4 zu sein. Man braucht Geduld, wenn man einen Stand finden möchte und nicht für 35 Euro einen Katalog erwerben will. Man braucht Geduld, wenn man von Halle 3 zu Halle 4 wechseln möchte, die mit vier winzigen Rolltreppen verbunden ist. Man bracht Geduld, wenn man hinter Gruppen von Senioren mit Rollkoffern oder riesigen Papiertüten hinterher zuckeln muss. Man braucht exorbitant viel Geduld, wenn ein etwas Essen will. Nun ja. Ansonsten kam man sich vor, wie in einem überdimensionalen Buchladen. Und den mit Abstand, mit sehr weitem Abstand protzigsten Stand hatte (hey - Überraschung) Bertelsmann. Dort lag auch das neue Buch von Kempowski aus, an dem man eine interessante Feststellungen machen konnte: Klar, auf so einer Buchmesse liegen überall Bücher aus. Stapelweise. Turmhoch. Direkt am Rand der Gänge. Man stolpert quasi darüber und viele arme Menschen fanden nach dem Stolpern plötzlich das da eben ausliegende Buch in ihrer Jacke, Hose, Ärmel, Rucksack. So kanns gehen. Nun gab es Buchstapel über außerordentlich häufig gestolpert wurde (Herr der Ringe in allen Variationen) und welche über die die Besucher nicht stolpern wollten, selbst als die Verlage die Tische mit den Büchern mitten in den Gang schoben. Und über den neuen Kempowski wollte wirklich niemand stolpern. Außer Konkurrenz ließ man die Besucher über das "Baby-Tagebuch von Verona Feldbusch" (doch, doch, das kommt jetzt auf den Markt) stolpern, allerdings hatte sich der Verlag den Scherz erlaubt, die Bücher am Tisch fest zu kleben. Und natürlich die vielen, vielen Menschen. Ich finde das immer ganz erstaunlich, so viele Menschen. Zumindest, so lange sie nicht auf einer Stelle stehen. Viele Menschen, die auf der Stelle stehen machen mir Angst, rumlaufende beruhigen mich. Und wie die liefen! Und offenbar wußten alle wo sie wollten! Und so nette Menschen. Zum Beispiel der, der sich erst hinter mich auf eine Treppe quetschte, dort ein Blätterteigteil auspackte und so aß, dass er mir auf den Kopf krümmelte. Ich schompf ihn einen "widerlichen Idioten" und schleuderte ihm seine verlorenen Bröckchen auf den Anzug zurück.

Ach ja - was mitgebracht hab ich natürlich auch was. Die weiter unten schon angekündigte Epidemie hat mich erwischt. Mich würde es nicht wundern, wenn in der nächsten Woche alle Buchläden zu hätten, weil die Klimaanlage der Messe Frankfurt dank brandneuer Umwälztechnik die Viren nun noch sicherer an ihr Ziel gebracht haben.