Selbst wenn man einen Nachnamen hat, der nicht an jeder Haustür klebt, bekommt man manchmal Post, die einem nicht gehört. Vor allem elektronische. Offenbar gibt es einen Menschen, der nicht nur den gleichen Nachnamen sondern auch eine ähnlich lautende Mailadresse bei web.de hat. So erhalte ich hier und da nette Mails, in denen man sich bei mir für den netten Vortrag bedankt oder für die schönen Fotos der letzten Feier. Wenn ich gute Laune habe, dann bedanke ich mich artig zurück, weise aber auf die Verwechslung hin. Was manche Menschen wiederum sehr lustig finden, weil sie nicht glauben, dass ich nicht der bin, den sie meinen. Bisher alles sehr harmlos und ich bin davon ausgegangen, dass mein Namensvetter ein selbstverständlich netter und hilfsbereiter Mensch ist, der mit dem Internet nicht so viel am Hut hat. Das dachte ich zumindest bis eben. Dann fand ich diese Mail in meinem Spamordner

Im ersten Moment dachte ich: "Ach, dass ist aber eine aufwendige Spammail" und "Wer nennt sich bitte schön "powerluder 15". Wieso macht jemand so etwas. "powerluder" könnte ich ja noch verstehen, aber "powerluder 15". Steht das fürs Alter? Was für eine Erziehung muss man haben, wenn sich mit 15 "powerluder" nennt? Oder nennt sich jemand immer "powerluder", und hat einfach angefangen für verschiedene Seiten auf denen er/sie angemeldet ist den Nick zu nummerieren, damit er/sie nicht mehr durcheinander kommt? Oder waren powerluder 1 bis 14 schon belegt? Wenn ja, warum nennt man sich dann 15, wenn es offensichtlich schon 14 andere powerluder auf der Webseite, dem Forum oder in dem Chat gibt? Und was in zum Henker ist eigentlich eine "Verknuddlichung"?
Die Frage, ob das nun Spam war oder nicht, ließ sich nur lösen, wenn ich die Webseite betreten würde. Ich hatte da so eine Vermutung, die sehr eng mit "Diddlmäusen" und anderen Gerätschaften verbunden war,aber dafür musste ich zu www.verknuddelichen.de. (Ich verlink das mal lieber nicht).
Tatsächlich, das war keine Spammail, das war ernst gemeint, was mich da per Mail fälschlicherweise erreicht hatte. Offenbar eine Sache aus den so beliebten Chaträumen, in denen sich Menschen treffen und über viele unterschiedliche Dinge unterhalten, wie man unter anderem hier nachlesen kann (Seite ist grad was langsam) Offenbar ist es wohl so, dass wenn sich zwei Menschen im Netz kennen lernen, sie mittels einer Art virtuellen Trauung sich binden können und auf der Webseite konnte ich lernen, dass man sich nicht nur Ver- sondern, wie ich richtigen Leben halt, auch Entknuddlichen kann. Allerdings gibt es harte Regeln:
- Zwischen Verknuddelichung und Entknuddelichung muss ein Monat (28/30/31 Tage) liegen und - Zwischen Entknuddelichung und neuer Verknuddelichung müssen 3 Monate liegen.Schön - das wäre also geklärt. Wo ich schon mal da war, wollte ich dann auch mal sehen, wie viele Leute von diesem Dienst Gebrauch machen und wie so die Quote von Ver- und Entknuddelichung ist. Dazu bin ich allerdings nicht gekommen, weil ich nicht über das Lesen der Namen hinaus gekommen bin. Da Verknuddeln sich also Fürth Gangster, kleine tangermausm, Spielmausi89, knuddelkeksi, XBöserBoyX, PiNk LaDy PrInCesS, ErDbeeRKreiSeL, LiTtLe-GaBb3r-Qu3eN, Deutscher Raver, UltimatefighterDuisburg oder hardstylepüppi. Manchmal fällt die Verknuddlung auch aus, so wie bei "Süßer Noukat" und "Edel Nougat". Auf jeden Fall ist da eine Menge los, denn die Jugend von heute scheint sich mit leichter Hand verknuddeln zu wollen, aber man scheut auch nicht, sich wieder zu entknuddeln, so als ob nie etwas gewesen wäre. O tempora, o mores.
Ich geh jetzt erstmal meine Tastatur mit Seife auswaschen, nachdem ich so oft "Verknuddlichung" geschrieben habe.
Die Edelmänner haben mal wieder zugeschlagen und ein pdf rausgebracht, dass den Stand der Blogszene in unterschiedlichen Ländern zusammenfasst. Die Hintergründe zu diesem pdf fasst David Brain (CEO Edelman Europa) in seinem Blog zusammen. Dabei haben sie sich mal nicht auf die Daten von Technorati verlassen, sondern die jeweiligen Blogbauftragten ihrer Landes Dependancen gebeten, eine Einschätzung zu geben. Für Deutschland hat das der sehr freundliche Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach gemacht und das, was er schreibt ist interessant und kommt durchaus dem nahe, was ich auch über die deutsche Blogszene denke. Auch die von ihm genannten Zahlen halte ich realistisch. Warum er allerdings in seiner Liste der einflussreichste deutschen Blogs ausgerechnet "Ehrensenf" aufführt, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
Mehr als ärgerlich ist allerdings der Artikel über China. Adam Schokora schreibt das Blogger offen schreiben können und deswegen Blogs nutzen weil die "bureaucratic editorial processes" so nervig seinen. Bei meinem Gespräch mit Michael Anti (Zhao Jing) im November, sagte der was völlig anderes. Da war die Rede davon, dass Blogger die politsch und/oder gesellschaftlich unerwünschtes von sich geben, einer dauerden Gefahr ausgesetzt sind. Das Yahoo regimefeindliche Blogger auch schon an die Regierung verpetzt hat, ist dem Edelmann Vertreter in China wohl entgangen.
Es ist mittlerweile weithin bekannt, dass sich gerade in den Ländern eine intensive und einflußreiche Blogszene entwickelt, in denen die Menschen unter einem rigiden Regime leiden. Iran und Ägypten sind nur zwei Beispiele. Das die Blogszene in China so stark ist, hängt auch mit dem herrschenden Politik zusammen. Schokora schreibt zwar, dass die meisten Chinesen sich eher in anonymen Foren austauschen, weil es dort leichter ist, seine Identität zu verschleiern, aber er schreibt nicht wieso das ist. Als ob Chinese die putzige Angewohnheit hätten von Natur aus misstrauisch zu sein.
Perhaps more than elsewhere, bloggers in China can be extremely hostile if they feel they are being manipulated; this is largely the reason why no PR firm or company has had significant success in leveraging the power of the Chinese blogosphere or the Internet to engage stakeholders and build brand equity.
Edelman ist eben eine PR Firma und kein Nachrichtenmagazin und der Wunsch, dass auch eine solche Firma bei einer Betrachtung nationaler Blogszenen die politischen Einflüße mit einbezieht ist wohl eine Utopie. Vermutlich ist es PR Firmen wie Edelman auch wurscht, warum sich Szene etablieren, weil sie nur als Instrumente gesehen werden, die man für die eigenen Zwecke nutzen kann.
Nachtrag: Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach hat mich auf eine neue Version der Studie aufmerksam gemacht, die man hier finden kann. Inhaltlich hat sich, beim ersten drüberfliegen, wenig verändert. Den Text über China hat allerdings jetzt nicht mehr Adam Schokora sondern dessen Kollege Tony Tao geschrieben. Wer den jetzt tatsächlich geschrieben hat wäre interessant zu wissen, macht ihn aber auch nicht besser. Den Text, mein ich.
So deutlich kann das ja nur einer sagen:
Das Internet ist so unschön wie die Menschen, die es besuchen, nicht mehr, nicht weniger. Jeder Zeitungsmensch, der sein Brot dank der Inseraten von Prostituierten, der Bundesregierung und gieriger Megakonzerne frisst, sollte das wissen. Wer sich über das Internet wegen Hinrichtungsvideos aufregt, sollte keine Anzeigen von Firmen mehr nehmen, die von Todesschwadronen profitieren, mit Diktatoren und Mördern Handel treiben und bestechen, wo es nur geht, egal wie viele Leute in Folge dessen zwischen dem Drei-Schluchten-Staudamm und dem Nigerdelta krepieren.
Na? Wer sagt sowas? Auflösung in den Kommentaren
Rechtsanwalt Udo Vetter rettet die Welt beantragt
festzustellen, dass die Datenabfrage der Staatsanwaltschaft Halle bei bundesdeutschen Kreditkarten und Abrechnungsunternehmen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens „Mikado“ rechtswidrig war
(Es geht um diese Sache)
Er schreibt unter anderem:
Die bloße Existenz einer Internetseite mit Kinderpornografie liefert keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass diese Seite auch von deutschen Kunden aufgesucht und von dort gegen Bezahlung strafbare Inhalte heruntergeladen werden.Die diesbezügliche Annahme der Staatsanwaltschaft war eine reine Spekulation. Es wurde ins Blaue hinein unterstellt, dass es deutsche Kunden geben könnte. Die für Ermittlungen erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkte (Zahlung aus Deutschland auf das betreffende Konto) wurden gerade erst durch die beanstandete Maßnahme produziert!
Wollte man schon aus der bloßen Existenz einer Internetseite mit strafbaren Inhalten künftig einen hinreichenden Tatverdacht dahingehend herleiten, dass Deutsche dieses Angebot nutzen, wäre der andauernden Überprüfung des gesamten Zahlungsverkehrs aller Bundesbürger Tür und Tor geöffnet. Und das nur aus der vagen Möglichkeit heraus, dass der eine oder andere von etlichen Millionen möglicherweise von einem derartigen Angebot Gebrauch macht.
Das gesamte Schreiben ist in seinem Blog zu lesen.

Langweilige Postkarten. Großartig.
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