Zur Demo in Hamburg von gestern. Eine kleine Linksammlung und vorher einen Disclaimer:
Ich missbillige jede Form von Gewalt. Die der Polizei, aber auch die der Demonstranten, die sich da an irgendetwas abarbeiten wollen. In den Berichten der eher "linken" Medien, ist immer die Rede von Provokationen, die die Gewalt ausgelöst haben sollen. Die haben, wie man an der ersten Meldung sieht, vermutlich sogar stattgefunden, aber es ist auch immer eine Sache, ob man sich provozieren läßt. Oder, um es mal platt zu sagen: Wer sich auf das Niveau der Provokation einlässt, ist auch nicht besser. Interessant ist aber, wie unterschiedlich die Presse über die Demos und die Krawalle berichtet. Vor allem der eher Polizei kritische Artikel im "Hamburger Abendblatt" (gehört zu Springer) hat mich überrascht. Während alle anderen Medien berichten, die Autonomen seien ins Schanzenviertel gezogen, berichtet das Abendblatt, die Polizei habe die Demonstranten ins Schanzenviertel abgedrängt. Die Meldung, dass die verletzten Polizisten sich an ihrem eigenen Reizgas verletzt haben sollen, hat nur die SZ.
Rigoros wurden Personen in Polizeigewahrsam genommen und mit Bussen des öffentlichen Nahverkehrs in das zur Fußball-WM errichtete Sondergefängnis gebracht. Christian Arndt, Pastor im Ruhestand, der den Polizeiaufmarsch vom Bahnsteig der S-Bahn mit seiner Videokamera filmen wollte, wurde ein Aufenthaltsverbot am S-Bahnhof erteilt und unter Anwendung körperlicher Gewalt von den Angestellten des privaten S-Bahn-Wachdienstes im Auftrag der Polizei entfernt. Telepolis
Bild via NDR. Die Situation ist nicht eindeutig zu erkennen und man weiß nicht, wie und ob der Mann bedroht wird.
Bei den Auseinandersetzungen wurden nach Polizeiangaben zwei Demonstranten verletzt. 179 Polizeibeamte mussten ärztlich behandelt werden, zwei von ihnen im Krankenhaus. NDR
150 Polizisten erlitten Augenreizungen. Demonstranten hatten sie mit Reizgas attackiert. Bild.de
Immer wieder hätten dabei Autonome Polizisten mit Reizgas, Steinen und Farbbeuteln angegriffen und wiederholt Müllcontainer angezündet, berichtete die Polizei. Rund 150 Beamte wurden durch das Reizgas leicht verletzt. Berliner Morgenpost
Wegen Augenreizungen nach Besprühen mit einer unbekannten Flüssigkeit seien 150 Polizeibeamte ärztlich behandelt worden. RP-Online
Bei den Zusammenstößen wurden nach Polizeiangaben zwei Beamte und zwei Demonstranten verletzt. 150 Polizisten erlitten Augenreizungen, weil sie von Demonstranten offenbar mit Reizgas besprüht worden waren. FTD
Nach Polizeiangaben wurden zwei Beamte und zwei Demonstranten verletzt. 150 Polizisten erlitten Augenreizungen. Dies wurde auf angeblich von Demonstranten versprühtes Reizgas zurückgeführt. Rhein_Nekar Zeitung Anmerkung: Die RNZ war nicht die einzige Zeitung, die bei meiner Durchsicht der Meldungen, diese (vermutlich) dpa Meldung drin hatte. Aber die einzige, die das Wort "angeblich" eingefügt hat.
Bei den Ausschreitungen am Rande von ASEM- und G-8-Protesten in Hamburg sind mehr als 150 Polizisten verletzt worden - überwiegend durch ihr eigenes Reizgas. SZ
Gegen 15.15 Uhr kam der Demonstrationszug auf der Binnenhafenbrücke/Ecke Steinhöft komplett zum Stehen. Erst nach etwa einer halben Stunde bogen die Teilnehmer beim Rödingsmarkt in die Ludwig-Erhard-Straße ein. Abendblatt
Schon auf dem Weg durch St. Pauli hatte es immer wieder kurze Geplänkel gegeben, wobei Polizisten auch Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzten. Zur Begründung für ihr Vorgehen gaben sie an, einzelne an der Seite mitgeführte Transparente würden nicht den Längen-Vorgaben entsprechen. taz
Unterwegs kam es immer wieder zu Störungen durch die Polizei. So behinderten beispielsweise Wasserwerfer völlig grundlos die vorgeschriebene Route. Die ständigen Unterbrechungen führten dazu, dass die friedliche Demonstration vorzeitig aufgelöst wurde. Telepolis
Nach einer zunächst friedlichen Kundgebung mit mehreren tausend Teilnehmern zogen nach Angaben eines Polizeisprechers Demonstranten in kleinen Gruppen durch das Schanzenviertel und angrenzende Bereiche. Zeit
Gegen 16.15 Uhr lösten die Veranstalter die Demonstration vorzeitig auf. Minutenlang standen viele Demonstranten herum, wussten nicht, wie sie den Demonstrationsort verlassen sollten, weil sie von Polizisten umringt waren. Zeitweise herrschte auf beiden Seiten Verwirrung. Gegen 17.30 Uhr drängten die Beamten die verbliebenen Demonstranten in Richtung Schanzenviertel ab. Abendblatt
Wäre doch gelacht, wenn wir (also die Gemeinschaft der Blogger, Internetguerilla, Spaßterroristen, Nerds und leicht adipösen Autoren) da nicht ein paar Leute reinbekommen. Den Stefan Niggemeier zum Beispiel, oder Holgi, Johnny, ix, bov, Fefe, Frau Julie, Udo Vetter, Nico Lumma, Mekito, Malorama, Schwadroneuse, Sixtus, supatyp, SvenK, Marcel Bartels und noch irgendeinen, der dauernd übers vögeln schreibt. Leserbeirat. Was kommt als nächstes? Neudruck der Mao-Bibel?
Soso. Sponline schreibt (immerhin mal mit halbempörten Unterton):
Ziel der "Postbeschlagnahmungen" seien ausschließlich Bekennerbriefe gewesen, hieß es heute. [...]Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wurde nur ein Brief geöffnet, die übrigen äußerlich in Augenschein genommen.
Frage 1: Warum muss man Bekennerschreiben, die meist an so unbekannte Adressaten wie jene der dpa gerichtet sind, abfangen, wenn sie doch eh ankommen und der Polizei übergeben werden? Denkt man, dass sich die mögliche Terroristen die Schreiben erst einmal mit vollem Absender zum Gegenlesen gegenseitig per Post zuschicken? Nach dem Motto "Du, schau mal wegen der Kommata?"
Frage 2: Wie erkennt man ein Bekennerschreiben, die ja vermutlich nicht selten ohne Absendeadresse kommen? Krackelige Handschrift? Am Rand angekokelt? Mao-Briefmarke?
Frage 3: Wenn die Behörden nur Bekennerschreiben gesucht haben, warum haben Sie dann die Post aus den Stadtteilen Eimsbüttel und St.Georg gefilzt? Da sitzt keine einzige Redaktion, an die ein Bekennerschreiben gerichtet werden könnte. Die sitzen alle im Zustellbezirk Mitte.
Frage 4: Freuen sich die Journalisten, die in den Stadtteilen gerne wohnen, dass ihre Post gegengelesen wird?
Frage 5: Ich glaube kaum, dass sich irgendein ein militanter Linker noch die Mieten in der Schanze erlauben kann. Wen überwacht man da?
Ich frage mich schon länger, seit wann die Stimmung unter den Politikern so gekippt ist. Seit wann man das Bedürfnis hat, die Bürger besser kontrollieren zu wollen. Seit der Debatte über den großen Lauschangriff, als man in den 90er Jahren den Eindruck erwecken wollte, die russische Mafia sei kurz davor, diesen Staat zu übernehmen? Wo ist die überhaupt? Wahrscheinlich hat sie zu viel damit zu tun, neue Mädchen nach Berlin zu importieren, wo es offenbar, wie man seit der Affäre um Michel Friedmann weiß, einen hohen Bedarf zu geben scheint.
Aber polemisieren hilft vermutlich auch nicht, obwohl ich zu Zeit viele Stimmen vermisse, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Wo ist denn eigentlich das Kabarett? Na gut, es ist eh tot, wie haben ja jetzt Oliver Pocher, das haben wir uns offensichtlich verdient. Und wo sind die Schriftsteller? Hat irgendein in der kulturellen Hackordnung weit oben stehender Autor, Schauspieler, Musiker oder Künstler irgendwas zum Thema Bürgerrechte in den letzten Jahren gesagt? Hab ich da vielleicht irgendwas verpaßt?
Der einzige Protest gegen das momentane, unerklärliche Vorgehen des Staates gegen seine Bürger, scheint aus dem Netz zu kommen. Ich vermisse eine große Stimme.Von Günter Grass zum Beispiel, der selber noch mit erlebt hat, was es bedeutet, wenn ein Staat plötzlich die Gesinnung wechselt. Stattdessen kann man dabei zu sehen wie Gesetze, die ja mal dazu gedacht waren eine Bedrohung von radikalen Islamisten zu entschärfen, auf die eigenen Bürger angewendet werden.
Immerhin - in den Medien kommt so langsam an, was da abgeht. Die SZ, allen voran Heribert Prantl, schreibt schon lange gegen den Überwachungsstaat und auch beim "Stern" tut sich was. Sätze wie sie Hans-Ulrich Jörges hier beim Stern Audio Kommentar spricht, müssten viel öfter und noch viel lauter ausgesprochen werden.
Der Unterschied zwischen Qualitätsjournalismus und Bloggern?
Während die meisten Zeitungen und deren Websites nach dem TV Geständnis eines Fahrradrennprofis in der Sendung "Beckmann" mal wieder schreiben, wie verlogen die Rennszene doch sei, entdeckt dogfood in seinem Blog mit Hilfe einiger Leser, dass die ARD das Interview an einer wichtigen Stelle völlig kommentarlos und ohne eine Erklärung für die Zuschauer, mit einem Pfeifton belegt hat und liefert die gelöschte Passage gleich mit. Lesen konnte man das nur in diesem Blog, und jenen, die das Thema verlinkt haben. SZ? Sponline? Focus? Stern? Fehlanzeige.
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