Montag, 13. August 2007

Im ersten Moment wollte ich mich ja ein bisschen empören über diesen SZ-Artikel, in dem mal wieder das aufgekocht wird, das in "Qualitätsmedien" halt gerne über die Blogszene so geschrieben wird. Von wegen: selbstgefällig, sind ja doch nur Strickblogs und "wo bleibt denn die Medienrevolution?". Aber ich habe, wie viele andere auch, schon so oft über das Thema geschrieben, dass ich keine Lust mehr habe. Irgendwann fühlt man sich entmutigt und als Sonderpädagoge habe ich noch nie getaugt. Zudem ist es auch langweilig, immer reflexhaft in die gleiche Kerbe zu hauen. Von wegen: "Aber wir sind doch gar nicht so doof! Ihr seid selber doof!".

Was mich immer wundert, ist die Tatsache, dass man Blogs immer so isoliert betrachtet. Allenfalls wenn es darum geht, Sätze zu schreiben, in denen die Begriffe "Blogs, Dreck und Terrorismus" vorkommen, findet man eine Verbindung zu anderen Dingen im Netz. Dass Blogs nur ein Teil einer Revolution sind, die seit einigen Jahren schleichend vor sich hinarbeitet, wird völlig vergessen. Man schimpft über Blogs, stellt seine Bilder aber weiter fleißig bei Flickr rein und nutzt p2p Börsen. Man freut sich darüber, dass das Netz ein riesiges Rechercheinstrument ist, verdammt aber die Arbeit, die Blogs dazu beitragen, in dem sie irgendwelche Archive anlegen oder mittels Links bei Google überhaupt erst bekannt machen. Es sind nicht (nur) die Blogs, die die Medien verändern, es ist das Netz. Und das Netz greift viel tiefer in unser Leben und Denken ein, als sich das so mancher Journalist offenbar vorstellen mag. Ohne das Netz, das wiederhole ich gerne immer wieder, hätte wir nicht mal den Ansatz einer Diskussion über die sog. "Sicherheitsgesetze" von Schäuble & Co. Ohne das Netz würden Ideen, wie die des Bürgergeldes nicht so schnell eine breite Öffentlichkeit gefunden haben. Blogs sind nur das momentane Transportmittel für solche Dinge. Und sie sind mittlerweile, im Vergleich zu social networks wie "Twitter" oder Bookmarkmaschinen wie "reddit" träge. Manchmal wirken Blogs in diesem Vergleich schon behäbig, wie eine Tageszeitung. Aber dann schaut man sich eine Tageszeitung an, und man kommt sich vor, als wäre die Dampfmaschine gerade erfunden worden.

Irgendjemand hat neulich mal geschrieben, dass das Internet eine genau so große Revolution darstellt, wie der Buchdruck. Als dieser im 15. Jahrhundert auftauchte, sorgte er vor alle dafür, dass Informationen weiter gegeben konnten. Vorher hab eigentlich nur wenige "Gelehrte", die Abschriften erstellten. Die meisten von ihnen saßen zudem in einem Kloster und waren ein wenig einseitig in ihrer Berichterstattung. Der Buchdruck veränderte den Informationsfluss. Ohne den Druck hätte es keinen Luther gegeben. Keine französische Revolution. Keine Aufklärung.

Das Internet ist nichts anderes. Es ist wie der Druck nur ein Instrument um Informationen zu verbreiten, aber das scheint bei vielen einfach noch nicht angekommen zu sein. Wie damals die Mönche sitzen viele Redakteure offenbar fassungslos vor dem Netz und müssen sehen, wie ihr Informationsmonopol langsam zerbröselt. Neuigkeiten verbreiten sich per Twitter schneller, als jede Webseite es könnte, Bilder sind weltweit schneller verfügbar und für Analysen gibt es mittlerweile (zumindest in den USA) brillante Autoren auf allen Seiten des politischen Spektrums. Redaktionen sind zumeist weit, sehr weit davon entfernt, überhaupt das grundlegende System des Netzes zu verstehen. CNN und die BBC haben einen eigenen Twitter Account, durch den sie "breaking news" blasen. Warum? Weil die Leute automatisch nach einer Meldung auf ihre Seite gehen. In Deutschland macht man sich über Blogs lustig und ist vermutlich zu arrogant sich mit so etwas wie Twitter zu beschäftigen.

Viele Redakteure und Journalisten sehen den Weltuntergang vor sich. Oder, wie Mario Sixtus in einer Kolumne im "medium magazin" (nicht online, haha) schreibt:

Das Internet hat die einstige Superkraft des Publizierens nun in rücksichtsloser Weise zum Allgemeingut degradiert. Und die vormaligen Superhelden, Journalisten und Medienmacher, reagieren auf diese für sie ungewohnte Situation mit Unverständnis, Überheblichkeit und Drohgebärden, immer wieder gerne angereichert mit einer großen Portion Kulturpessimismus: Hilfe, die Barbaren kommen!

Und deswegen rege ich mich über so Artikel nicht mehr auf. Es macht keinen Sinn mehr, gegen ein Denken anzurennen, das sich in schöner Regelmäßigkeit wiederholt. Ob Jörges oder Boie, die dahinter liegenden Ängste und Gedanken sind sich gleich. Warum also noch mal diskutieren? Die Journalisten und Redakteure, die sich gegen die Veränderungen der Gatekeeping Funktionen stellen, befinden sich in der guten Gesellschaft islamischer Schriftgelehrten im 15. Jahrhundert. Die versuchten die Drucktechnik in arabischer Schrift zu verbieten und so wurde das erste Buch in arabischer Schrift erst rund 50 Jahre nach der Gutenberg Bibel gedruckt. Islamische Werke durften erst noch später gedruckt werden. Bis dahin waren schon abertausende von Bibeln hergestellt und verteilt worden.

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Freitag, 10. August 2007

Spammer sind eine Pest, vor allen in Blogs. Hier im heimeligen Antville Wohnzimmer schützt mich eine Anmelderoutine vor lästigen Krempel, auch wenn das manche Kommentatoren nervt. Bei Wordpress und anderen Blogs sieht das anders aus. Ich hab gerade ein neues Wordpressblog aufgesetzt und bin mal gespannt, wann die ersten Spammer ihren Weg an askimet vorbei finden.

Das Spam überhaupt Erfolg hat, wundert mich nach knapp 11 Jahren Netzerfahrung immer noch sehr, aber jemand erklärte mir mal, dass selbst eine Klickquote im hunderstel Promillebereich noch Geld bringt, da ja meist alles automatisiert sei, denn dafür gibt es ja Programme, die das erledigen.

Mario Sixtus ist vor einiger Zeit über ein Programm gestoplert, dass offenbar dazu in der Lage ist, Spam in rund 2 Millionen (kein Tippfehler) Blogs zu posten. Das ist eine Sauerei, aber jetzt auch nicht so spannend. Der Hersteller des Programms hat Sixtus allerdings eine Abmahnung zugesandt, da er nicht als "Spammer" bezeichnet werden möchte. Mario hat kurz genickt, und sich das Programm einfach selber gekauft. Der Anwalt des Herstellers behauptet steif und fest, dass alle (!) aufgeführten Blogs ihre Zustimmung gegeben hätten, dass über dieses Programm Kommentare im jeweils eigenen Blog abgegeben werden dürfen, es sich deswegen also auch nicht im "Spam" handeln würde. Auch mein Blog ist drin, und ich hab sicher keine Einverständniserklärung gegeben.

So, nach dem wir jetzt alle sehr laut gelacht haben, schauen wir beim Herrn Sixtus vorbei, lesen die ganze Geschichte und fragen freundlich nach, ob das eigene Blog sich auch in der Liste befindet. Wer mag, kann ja mal mit seinem Rechtsanwalt zusammen überlegen, ob ein Eintrag in der Liste des Programms nebst der Behauptung, man habe seine Zustimmung hierzu gegeben nicht abmahnfähig ist. Für irgendwas müssen die bescheuerten Abmahngesetze ja gut sein.

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Es gibt so einige Dinge im Leben, denen kann man nicht ausweichen. Dazu gehören auch Nachbarn, wenn man nicht gerade in Kanada oder Sibiren lebt. Nachbarn können ganz wundervoll sein. Man kann sich Salz bei ihnen leihen. Oder Butter. Oder mal die CD, die man sonst nur mässig gedämpft durch die Wand hört, damit dann endlich mal Ruhe ist. Manchmal hat man mit seinem Nachbarn oder der Nachbarin oder beiden Sex. Sehr viel häufiger hat man aber Nachbarn, die man nicht mit auf eine einsame Insel nehmen möchte. Man würde sich vielleicht dorthin schicken, aber mitkommen möchte man auf gar keinen Fall. Ob das nun der knurrige, nach Schnaps stinkende Hausmeister ist, die nervige Nachbarsfrau, die einen dauernd daran erinnert, dass man beim letzten Mal die Treppe nicht sauber genug gewischt hat oder der unter Schreianfällen lebende Drogensüchtige, der ab und an liebevoll seine Freundin gegen die Wand wirft. In den meisten Fällen ist man einfach froh, wenn man selber oder die Nachbarn endlich ausziehen.

Die August-Ausgabe ist voll mit wundervollen Autoren die sich zum Thema "Nachbarn" geäußert haben und es sind so viele, dass ich dieses Mal zur alphabetischen Reihenfolge greife:

Nilz Bokelberg Maximilian "Merlix" Buddenbohm Susanne Englmayer Frau Frank Grete Marcus Hammerschmitt Monique Chantal Huber Pia Januszek JochenausBerlin Victor Haase Maike Frau Nuf Herr Shhhh SvenK René Walter

Danke an alle Autoren und Helfer!

Und hier geht es zur neuen Ausgabe. (Inkl. Bild von einem kackenden Hund)

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Donnerstag, 9. August 2007

Achso! Vor lauter Urlaub und Internetgedöns völlig vergessen.

Erwähnte ich schon, dass ich HEUTE, also praktisch gleich bei den Brause Boys um 21 Uhr im Laine-Art, Liebenwalder Straße 39 (im Hof!), Berlin-Wedding lese?

Nein?

Nun, ich lese HEUTE ab 21 Uhr bei den Brause Boys in der Liebenwalder Strasse 39 (im Hof!) in Berlin-Wedding. Auch da sein werden: der grandiose Ivo Lotion und das CS Field Trio das ich nicht kenne, aber die bestimmt toll sind, sonst wären sie ja nicht eingeladen. Da es heute noch mal Sommer ist, müssen alle kommen.

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Update: 13.08.07: Oh. Gerade einen Anruf von Freenet bekommen. Man habe "noch einmal nachgeschaut" und das Problem gefunden, warum ich nicht von 6Mbit/s auf 16Mbit/s upgraden kann. Es war mein steinalter Tarif, der im System wohl kein Upgrade zu ließ. Das hat man jetzt geändert und in den nächsten 10 bis 14 Tagen wird das hier wohl flotter werden.

Ok- damit hat mich Freenet wieder glücklich gemacht und das man heutzutage von einem Dienstleister noch angerufen wird, ist ja auch wirklich selten.


Update: 10.08.07: Muhahaha. Kam eben per Mail:

Ihre Meinung ist uns wichtig!

Hallo Herr Dahlmann,

Sie haben am 09.08.2007 um 12:04 den telefonischen Kundenservice von freenet kontaktiert.

Ihre Meinung über unseren Kundenservice ist uns sehr wichtig! Um Ihre Wünsche und Erwartungen an uns noch besser erfüllen zu können, bitten wir Sie, sich Zeit für unsere Umfrage zu nehmen. Das Ausfüllen des Fragebogens dauert nur ca. 3 Minuten.

Ich hab Ihnen dann mal den Link zu diesem Eintrag geschickt.


Ich hatte heute die wahnsinnge Idee, meinen DSL Anschluss etwas flotter machen zu wollen, damit ich noch mehr illegale TV Streams aus den USA gleichzeitig schauen kann Upload habe, da ich für mindestenshaltbar und andere Projekte große Bilddaten hin und her schieben muss. Und 16Mbit/s statt 6Mbit/s download können ja auch nicht schaden. Sowas mache ich normal per Internet, aber da bekam ich bei Freenet, meinem DSL Provider, immer nur Meldung, dass ein "Tarifwechsel" nicht möglich sei. Dabei wollte ich gar nicht den Tarif, sondern nur den Anschluss wechseln. Also bei Freenet angerufen. Ich dachte, so ein Wechsel, wenn man mehr bezahlen will, sollte ja eigentlich eine Sache von zwei Minuten sein. War es zumindest auch bei meinem letzten Upgrade vor ein paar Jahren von 2 Mbit/s auf 6 Mbit/s. Wie gesagt, das dachte ich.

[insert hier - belanglose Geschichte über jemanden, der sich über die Wartezeiten bei einer Hotline, die undurchsichtige Menüfühurung usw. aufregt]

Nach ca. 17 Minuten hat die offenbar mit einem Gespräch leicht überforderte Frau namens "Maja" endlich begriffen, dass ich kein Telekom Kunde mehr bin, sondern meinen gesamten DSL-Anschluss über Freenet laufen habe und stellt bedauernd fest, dass ein Tarifwechsel nicht möglich sei. Eine Einschätzung zu der ich sie herzlich beglückwünsche, allerdings mit dem Hinweis, dass ich diese Erkenntnis auch schon ohne ihre Hilfe gemacht hätte. Nach 18 Minuten wundert sie sich selber und will mit dem "Expertenteam" sprechen. Während ich warte, drängen sich mir Fragen auf.

Warum darf ich nicht mit dem Expertenteam sprechen? Wie sieht so ein Expertenteammitglied wohl aus? Ist ein ein hochkonzentrierter Mensch, der vor mehreren Bildschirmen sitzt, mit einem Gehrin, so groß wie das Universum und der bei Fragen wie "Warum kann Herr Dahlmann nicht einfach eine 16 Mbit/s Leitung haben?", gequält auflacht, und in ein leises, krächzendes Kichern verfällt und der CallCenter Dame sagt: "Drücken Sie die Tastenkombination "F23 ° ² ž Ÿ '" und gleichzeitig die Tasten "~ € ~" und sagen sie dem Kunden, er möge wie ein teumessischer Fuchs schauen und dabei die Worte "Sei mit mir, oh Gudatrigakwitl" sagen?

Nach 21 Minuten ist Maja wieder bei mir sagt mir, dass ich meinen Wunsch, einen 16 Mbit/s Leitung haben zu wollen, doch schriftlich einreichen möge. Das habe ihr das Expertenteam gesagt. Und mit schriftlich meint die Dame nicht etwa, dass ich eine Mail senden soll. Oder ein Fax. Nein. Ich möge bitte einen Brief per Post an das Kundencenter schicken. Dort würde man den Brief gegebenenfalls lesen, den Wunsch begutachten und eventuell auch erfüllen.

Oha. Was kommt als nächstes? Muss ich bei meinem nächsten Upgrade persönlich in Kiel erscheinen? Vielleicht in Begleitung meiner Mutter? Wenn ich nicht grundsätzlich so zufrieden mit dem Laden wäre, weil die Ausfallraten beim DSL gen Null tendieren, würde ich einfach sagen: dann eben woanders. So schreibe ich halt jetzt einen Brief, drucke ihn aus, stecke ihn in einen Umschlag, klebe eine hübsche Briefmarke drauf (Ich hab noch welche auf denen steht "Ich vermisse dich", vielleicht hilft das ja) und stecke den Brief in die Post. Vermutlich ist dieser Weg sogar günstiger, als es nochmal bei der Hotline zu versuchen.

Derweil höre ich etwas Musik, und denke gar nicht daran, mich weiter aufzuregen, dafür ist das Wetter hier viel zu gut.

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