Montag, 5. Juli 2004

Es ist schön, wenn man den Montag schlecht gelaunt beginnen kann. Zum Beispiel, weil es regnet. Weil der Praktikant was wichtiges vergessen hat, weil zum einemillionsten Mal ein ehemaliger Vermieter die Kaution nicht rausrücken will, weil doch noch "ein paar Sachen zu machen waren", weil man eine stramme Liste mit Arbeit vor sich hat, weil man dummerweise eine Arbeitsreise machen muß, die man eigentlich anders machen wollte, aber nicht kann, weil man auf sein Konto geschaut hat und bei dem Blick aufs Konto die Frage aufgetaucht ist, wo zum Teufel eigentlich das Geld hin ist, wo man doch eigentlich nur zu Hause war, nicht Essen, nicht im Kino, keine Nutten, kein Koks. Deswegen geht man dann Abends ganz besonders gerne in ein Einkaufscenter, weil man Einkaufscenter ja sowieso liebt, weil man schon immer wußte, dass Einkaufscenter so eine Art der Vorhof zur Hölle sind, denn es kann einfach nicht gut sein und es ist keine Idee Gottes, Tausende von Menschen zwischen "Nordsee", "Plus", "Post", "New Yorker" und "Teures Billig" einzupfrechen, rechts und links keine Ausgänge. Ich werde auf der Stelle höchst aggressiv, wenn ich all die unschlüssigen Menschen zwischen den Geschäften sehe, die sich zwischendurch mal was bei "Pinky" gönnen, die immer in irgendetwas reinbeißen. Eine Brezel mit draufgeklebter Brühwurst, einen Döner, dessen Salat an der Seite rausquillt, ein Fischbrötchen. Es gibt offenbar eine ganze Industrie, die sich damit beschäftigt Essen zu erfinden, dass erstens scheiße aussieht und zweitens ohne Messer, Gabel und Spritzschutz eigentlich nicht zu essen ist, weswegen die Käufer stehen bleiben müssen und immer vor einem Schaufenster stehen bleiben müssen, weil es ja nichts anderes als verkackte Schaufenster gibt, mal abgesehen von der Bank mit der Plakete "Gestiftet von der Sparkasse". Ich muss da leider rein, da gibts die CO² Flaschen für mein Wasser. Also gehe ich ganz schnell rein, dann wieder raus und dann hab ich die fatale Idee, dass meine Laune ja nichts mehr verderben kann, jetzt kann ich es mir auch richtig geben und bei Plus einkaufen, mir ist nämlich der Frischkäse ausgegangen. Na, immerhin eine frische Ananas, super. Dann Kasse. Vor mir Elend. Eine Frau, so breit wie ihr Einkaufswagen von der Seite, versucht offenbar ein Kind zu bändigen und weil das Kind eine ähnliche Laune wie ich hat, ist das ein schweres Unterfangen. Denke ich. Bis ich sehe, dass die Frau die beiden Kornflaschen überraschenderweise nicht für ein exotisches Rezept gekauft hat, sondern für sich, denn sie schraubt den Deckel ab, trinkt, und hat gleich sehr viel mehr Nerven für das Kind, und ich bin offenbar der absolut einzige, der sie entgeistert anstarrt, der Rest packt seine Plastikbrühwürste aufs Band. Ich überlege für einen winzigen Moment, ob es nicht doch sinnvoll ist, in die PDS einzutreten, aber das ist natürlich Quatsch, da kann man direkt Funktionär beim DFB werden, und außerdem stehen die ja alle auf meiner Liste mit den Leuten, die an die Wand kommen, wenn die Revolution da ist. Sicher selber auf die Liste zu stellen, ist ja auch irgendwie dumm. Aber es ist schön, wenn man den Montag so absolut schlecht gelaunt beginnen kann, weil dann weiß man ja, wie der Rest der Woche wird. Das ist sehr beruhigend.

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