Freitag, 11. Juni 2004

Den peinlichsten Fast-Schwiegervater, den ich jemals hatte, war ein Mann, der eine Dali-Bibel im Wohnzimmer liegen hatte, und den Freunden seiner Töchter zum Abschied gerne eine Postkarte in die Hand drückte, auf der man die Reste eines abgesaugten Fötus betrachten konnte. Er war auch der mir einzig bekannte Mensch, der aus der CSU ausgetreten war, weil sie ihm zu lasch erschien. Dafür schaffte er es, seine lammfromme Frau in der Alkoholismus zu treiben, während sich sein ältester Sohn, nachdem er ein halbes Jahr wegen Drogenbesitz (800gr Hasch gingen nicht wirklich als Eigenbedarf durch) im Knast verbracht hatte, mit einem Motorrad an einer Leitplanke enthauptete. Er saß den ganzen Tag in seinem Büro, schimpfte, telefonierte sehr viel, und bestellte Unmengen dieser Postkarten. Eines Tages hatte seine Arbeit Erfolg. Weitere Menschen traten aus der CSU aus und gründeten zusammen mit ihm die Partei "Christliche Liga". Tatsächlich gelang es diesem Haufen geistig Versprengter nicht nur die Partei zu gründen sondern auch bei einer Wahl anzumelden. Ich meine es war eine Europawahl, aber sicher bin ich mir da nicht. Jedenfalls wurde ein Wahlvideo produziert, das zu 85% im Büro meines Fast-Schwiegervaters aufgenommen wurde. Er, zwischen zwei Billy Regalen, im Hintergrund ein Wahlplakat, vor sich, nicht besonders gut sichtbar, die Postkarten mit dem Blutmatsch drauf. Er redete sehr viel, vor allem über die Verkommenheit der Menschen und der Parteien und dass es nur eine Rettung geben würde, nämlich ihn, bzw, seine Partei. Der Spot wurde natürlich ausgestrahlt, was besonders seiner Familie freute, die nur noch gebeugt und schnell durch das Dorf liefen, während meine Eltern, als sie das Video sahen, meiner Freundin Asyl anboten. Die Partei bekam bei der Wahl tatsächlich ein paar Tausend Stimmen, aber zu wenig, um aus dem Topf des Bundeswahlleiter entschädigt zu werden. Das führte dazu, dass sich die Parteiführung sehr schnell zerstritt, weil niemand mehr Geld in den Laden und die Rettung der Welt investieren wollte. Er trat dann, wenn ich mich recht entsinne, aus der Partei wieder aus und gründete mit ein paar Getreuen eine andere Partei, die den undankbaren Bettnässern zeigen sollte, was ein echter Glaube ist.

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