Warum bin ich nur Journalist/Autor geworden? [insert: Dabei fällt mir auf: Mit 20 ist man Musikkritiker, mit 30 Journalist, mit 40 Autor, mit 60 Publizist, mit 80 Urgestein der Literatur, mit 100 Grandsigneur einer Epoche, mit 120 Teilnehmer eines perversen Experimentes] Also, warum nur? Ich weiß es nicht. Aber ich vermute, dass es was mit Sex zu tun hat. Ich erinnere mich nämlich an eine Stelle bei Philippe Djian, wo er ausführt, dass der Beruf des Schriftstellers gleich dem des Rennfahrers an zweiter Stelle der erotischen Rangliste kommt. Soll heißen: Ist man Rennfahrer oder Schriftsteller, schmilzen die Frauenherzen schneller als zum Beispiel bei einem Controller oder Head of First Assistent Content Manager. Wenn man gar beides gleichzeitig ist (also Rennfahrer und Schriftsteller, nicht das andere da), dann ist man Robbie Williams.
Aber das ist natürlich nicht der richtige Grund, warum ich das mache, was ich mache. Natürlich macht es sich dann später, wenn ich mal berühmt bin und bei KernerBeckmannMaischberger sitzen muss, besser, wenn ich sage, dass ich das nur der Frauen wegen gemacht habe. Dann lacht die Republik und die Leute denken "Na, so ein Schelm." und gönnen mir den kleinen Spaß, während ich gleichzeitig versuche Anne Will neben mir anzumachen. Aber das ist ja nur Show, denn das mit dem Sex und den Autoren ist ja eine komische Sache. Die meisten sind viel zu sensibel für wilden, exzessiven, wahnsinngen, perversen Sex. (ich natürlich nicht, hahaha). Viele mir bekannte bekannte Autoren liegen zu Hause, gehen Fußballspielen oder sitzen in Kneipen in der Ecke rum und trinken Bier. Sie unterscheiden sich also nicht von irgendwelchen Quartalsalkoholikern, was auch daran liegen mag, dass sie welche sind und deswegen so aussehen. Andere wiederum sind sensible Kreaturen, die zwar nicht immer mit einem Schal rumlaufen, aber oft naturtrüben Apfelsaft trinken. Sie haben schütteres Haar, ihre Stimme ist leise und sanft und sie leiden an einer seltenen Krankheit, die nur von wenigen Ärzten entdeckt werden kann. Beide Gruppen haben nie oder nur selten Sex. Das ist im übrigen auch auf Frauen zu übertragen. Ich kenne mindestens zwei (!) Damen, die vorzüglich schreiben und man denkt sich: "Junge, junge, da muss aber was abgehen." , aber da geht kaum was, in einem besonders tragischen Fall sogar nichts. Vielleicht liegt es daran, dass diese Autoren und Autorinnen einfach begriffen haben, dass es im Leben nicht im Sex sondern nur um die KÜNSTERLISCHE WAHRHEIT geht, der Essenz des Denkens.
Aber der wahre Grund, warum ich schreibe ist es natürlich nicht. Die Wahrheit ist natürlich, dass ich es nicht weiß. Ich bin nicht berufen worden. Adorno/Hemingway/Thomas Mann sind mir nicht im Traum erschienen und haben mir befohlen "Dahlmann, geh, fick sie alle rette die Literatur!". [insert=Groucho Marx ist mir vielleicht mal im Traum erschienen, aber das gildet glaub ich nicht.] Die Muse hat mich nicht geschubst, nicht mal leicht touchiert. Ich fand das Schreiben früher sogar richtig blöd, was dazu führte, dass meine Grundschullehrerin dachte ich sei blöd. Trotzdem bin ich da gelandet, wo ich jetzt bin, und somit ist die Schreiberei das beständigste, dass ich jemals im Leben gehabt habe.
Versuche in anderen Bereichen der Arbeit (Büro, Plattenfirma, Fabrik, Callboy) scheiterten alle kläglich so dass am Ende nur eine wage Vermutung bleibt, warum ich schreibe: 1. Ich kann machen was ich will. 2. Ich kann es dann machen wann ich will. 3. Ich kann ausschlafen. 4. Selbst wenn ich im Liegestuhl liege, arbeite ich. 5. Man lernt spannende Frauen und immer wieder neue Alkoholika kennen. Wenn man jetzt auch noch richtig ordentlich Geld damit verdienen würde, wäre alles gut.