Mittwoch, 11. September 2002

Mein innerer Twin Tower Salat 2

Ich lag an diesem Tag also im Krankenhaus. Man hatte mich gerade von der Intensivstation mit allem Pipapo auf die Kardiologische Intensivstation geschoben worden. Mir war elend. Dauernd wuselten Ärzte um mich rum, ich verstand nur die Hälfte von dem was sie sagten, aber er reichte, dass ich Angst hatte, weil ich einfach nicht wußte, ob mein Herz denn nun gleich noch weiter schlagen würde oder nicht. Ich befand mich in einem merkwürdigen Zustand der Angst, der Bedrohung, des Nicht-Wissens. Das beste was mir an diesem Tag passierte, war meine damalige Freundin und die Nachricht, dass meine Eltern auf dem Weg nach Hamburg waren.

Ich sollte kurz nach Mittag eine Herzkatheter Untersuchung bekommen, wußte nicht, was das bedeutet, auch wenn man mir versicherte, dies sei alles ungefährlich (warum muss ich dann einen Wisch unterschreiben, dass ich um eventuelle Komplikationen wüßte?).

Gegen halb drei lag ich im Untersuchungsraum. Es dauerte etwas, bis er die Vorbereitungen abgeschlossen hatte. Ich konnte auf einem Monitor sehen was geschah und ich schwöre bei allem was mit heilig ist: Als der Arzt den Katheter in meine Arterie reinschob, zeigte die Uhr auf dem Monitor 14:46 Uhr.

Als ich da raus kam, nach ungefähr einer Stunde, waren meine Eltern da, die sorgenvoll auf mich nieder blickten. Gleichzeitig schnappte ich schon die Worte "World Trade Center", "USA", "Bomben", "Flugzeug" auf. Die Freude, meine Eltern zu sehen überlagerte erst mal alles andere. Dann wurde ich in mein Zimmer zurück geschoben und hörte wie sich zwei Schwestern unterhielten. Die eine sagte "Ja, das WTV brennt. Beide Hochhäuser. Und das Pentagon, und Capitol und das Weiße Haus soll auch brennen. Die greifen die USA an!".

Das beunruhigte mich dann schon was, und ich schickte meinen Vater zu einem Fernseher (mein Zimmer hatte keinen) während ich mit meiner Mutter redete. Mein Vater tauchte nach kurzer Zeit mit bleichem Gesicht wieder auf, und schickte meine Mutter zu dem TV Gerät. Er erklärte mir, dass ein Turm eingestüzt sei.

Ich war wahrscheinlich der einer wenigen Journalisten an dem Tag, der keinen Fernseher hatte. Am Abend des 11.9. hörte ich Radio. Es gab nur zwei Sender: NDR2, die hatten EINEN Reporter in NY, der alle fünf Minuten dasselbe sagte, und NDR Klassik. De spielten Brahms und sagten gar nichts.

Die ersten Bilder sah ich dann man nächsten Tag. Meine Eltern hatten diverse Zeitungen mitgebracht, und die Zeitung, in dem Moment für jemanden, der noch nichts gesehen hatte, das was geschehen war am Besten eingefangen hatte, war die Bild Zeitung, die auf sechs oder acht Sonderseiten nur Fotos. Ich beglückwünschte mich zu meiner Entscheidung gerade JETZT im Krankenhaus zu liegen, wendete mich aber erstmal wieder meiner Lage zu.

Die ersten bewegten Bilder habe ich am folgenden Wochenende gesehen. Und da dachte ich in meinem journalistischen Hirn: Toll,. wegen eines Kreislaufkollapses verpasst Du die Nachricht des Jahres.

Permalink