Der Winter in meiner Heimatstadt Bonn geht so: Ab November regnet es, im Januar wird der Regen etwas kälter, Mitte März ist alles vorbei. An der Kleidung merkt man den Wechsel der Jahreszeit vor allem daran, dass man einen Pullover über das T-Shirt zieht und an schlimmen Tagen auch mal den Wintermantel aus dem Schrank holt. In Berlin geht Winter ganz anders. Interessant deswegen auch die die Art und Weise, wie sich die Mode mit den Temperaturen ändert.

Zwischen 2 und 5 Grad: Die meisten Berliner sehen noch nicht ein, dass sie anfangen soll, ihren Kleiderschrank umzuräumen. Sie tragen die Kleidung aus dem Sommer in diversen Schichten übereinander. Berliner Frauen haben deswegen auch den Trend geschaffen, dass sie einen unter einem Rock eine Jeans tragen. Oder umgekehrt. Etwas empfindliche Studentinnen, die gerade aus Freiburg gekommen sind, um hier ihr Theologiestudium zu beenden, tragen schon mal Handschuhe und einen Schal.

Zwischen 1 und -3 Grad: Langsam ändert sich das Bild. Viele Menschen frieren und haben angefangen, die Kartons mit den Wintersachen aus dem Keller zu räumen. Deswegen riecht es jetzt in U-Bahnen nicht mehr nach abgestandenem Schweiß sondern wie in einer Mottenkiste. Der Berliner, mit den aktuellen Modetrends nicht immer sofort einer Meinung, trägt gerne bewährtes, so dass man auf seiner Fahrt zur Arbeit immer ein buntes Potpourri der Mode aus den letzten 10 Jahren bewundern kann. Von diesen Temperaturen an sieht man bestimmte Mädchen, die meist Sandy, Mandy, Cindy oder Mindy heißen in riesigen Daunenjacken rumlaufen, unter denen sie darunter weiter ihr bauchfreies Top tragen.

Zwischen -3 und -6 Grad: Fast alle Berliner haben eingesehen, dass der Sommer tatsächlich vorbei ist und die niedrigen Temperaturen bleiben. Fast alle Berliner frieren. Deswegen haben sie auch schon mal die Kiste mit den Klamotten aus dem Keller geholt, die sie eigentlich seit ein paar Jahren schon weggeben wollten. Ja, auch der Berliner findet, dass man ab einem gewissen Zeitpunkt bestimmte Moden nicht mehr tragen kann. Die Berliner, die das nicht so sehen, machen dann irgendwann einen Retro-Modeladen in einem Trendbezirk auf und werden reich.

Zwischen -7 Grad und -10 Grad Ab dieser lächerlichen Kälte frieren ausnahmslos alle Berliner. Die arme Freiburger Theologiestudentin hat ihre süße Mansarden Wohnung in Berlin Friedrichshain mit dem romantischen Kohleofen verlassen und ist zu ihren Eltern nach Freiburg gefahren, bis das Wetter wieder besser wird. Ab diesem Zeitpunkt ist es dem Berliner völlig egal was er trägt. Er zieht einfach alles an, was er hat, ohne Rücksicht auf Mode oder das Farbempfinden anderer Menschen. Deswegen sehen viele Berliner jetzt aus wie eine seit Jahren mit tausenden von Plakaten immer wieder überklebte Litfasssäule. Ungefähr so bewegen sie sich auch.

Ab -11 Grad plus scharfer Ostwind und Schneeverwehungen Die ersten Fahrradfahrer tauchen wieder auf, weil sie es nicht einsehen, sich dem Wetter zu beugen. Man kann nicht mehr unterscheiden, ob man mit einem Mann oder einer Frau spricht, weil sich alle bis zur Unkenntlichkeit vermummen. Sexuelle Aktivitäten erfordern mindestens drei Stunden Vorbereitungszeit, weil man so lange braucht, um sich auszuziehen. Die Sommerklamotten werden in den Keller geräumt, weil man davon ausgeht, dass es nie mehr warm wird. Viele Berliner erwägen den Kauf eines handlichen Flammenwerfers für den Weg zur Arbeit. Die letzten Restaurants räumen ihre Außentische rein.

Sobald allerdings die Sonne wieder rauskommt und die Temperaturen wieder die 5 Grad übersteigen, werden FlipFlops getragen. Zur Not mit Socken.

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Warum werden nur dauernd Menschen im Irak entführt? Und warum entführen sich die Entführer in den letzten zwei Jahren quer durch Europa? Erst Briten, dann Italiener, jetzt Deutsche? Und warum werden nicht viel mehr Menschen entführt? Diese Fragen stellte ich mir, als ich Paparazzi Forum eine ähnliche Frage des Alt-Mitglieds Klaus Cäsar las, der mich zu diesem Text inspirierte.

Es ist doch heute im Irak so, dass man erstmal Mitglied sein muss, überhaupt entführt zu werden! Und wenn nicht Mitglied, so muss man doch einen Bürgen oder ein Empfehlungsschreiben haben, damit man überhaupt entführt wird. Und wo muss man Mitglied sein? Das verrate ich gleich.

Man muss erstmal ein bisschen schauen, wie die Lage im Irak überhaupt ist. Es war doch so, dass nach dem ersten Irak Krieg praktisch kein Ausländer mehr im Land war. Nur noch einheimische, die entweder arm waren, oder Mitglied der Baath Partei. Erstere zu entführen lohnte sich nicht, zweitere auch nicht, weil man irgendwie erschossen wurde, was eine erfolgreiche Entführung am Ende ein wenig unglaubhaft aussehen lässt. Aber dank der Amerikaner hat sich dass ja dann schnell geändert. Mit den Panzern kamen erst eingebettete Journalisten, die man aber nicht entführen konnte, weil sie zumeist vorher (zur eigenen Sicherheit) von den alliierten Truppen erschossen wurden. Aber schnell kamen andere Menschen. Menschen die Sachen gebaut haben, Menschen die alte Sachen untersucht haben,. Menschen die Essen brachten, Menschen die das Öl abholten, Menschen die einen Computer mitbrachten und noch mal ganz viele Soldaten. Man sieht, da ging es plötzlich zu wie in einem Ameisenhaufen auf Koks.

Von dem Gewimmel und den vielen neuen Leuten war die seit Jahrzehnten um ihre Existenz ringende irakische Entführungsindustrie natürlich erstmal überfordert. Praktisch hätte man an jeder Ecke irgendjemanden entführen können, aber so was ist natürlich schlecht fürs Geschäft, weil ein Überangebot an Entführungen ja die Preise kaputt macht. Da hätte die US Regierung gesagt: "Hey, beim Warlord von letzter Woche haben wir Rabatt bekommen, so geht das nicht." Nachher hätten die Entführer dann so Bonuskarten ausgeben können. Nach zehn Entführungen ist die elfte umsonst. Das ist im Sinne der Gewinnmaximierung natürlich totaler Mumpitz.

Nun höre ich schon den Einwand: Ja, aber man hätte ja einfach ein paar Soldaten entführen können. Das würde doch total toll sein, weil man a) dafür Geld bekommt und b) die Medien in den USA schön benutzen könnte. Aber das ist leider falsch gedacht. Denn erstens bekommt man von einem Land, das eh schon ein paar Tausend Leute verloren hat, nur noch höhnisches Gelächter zu hören, und zweitens sind Soldaten ja bewaffnet, und können hier und da auch mit ihren Waffen umgehen, was eine bewaffnete Entführung unter Umständen schwierig gestalten könnte. Der Nachwuchs an guten Entführern wächst ja auch nicht gerade auf den Bäumen.

Also hat man sich entschlossen, eine Personengruppe zu nehmen, die einerseits ausländisch ist, andererseits aber auch schön überschaubar zu sein scheint: die Mitglieder, oder zukünftigen Mitglieder von Geheimdiensten. Ob nun letztes Jahr Frau Sgrena, die völlig unschuldigt entführt wurde, aber die dann von ihrem Geheimdienst freigekauft wurde, oder neulich diese Frau Osthoff, die einen Platz ziemlich weit oben auf der Warteliste für Neumitglieder der Geheimdienste hatte

Warum aber diese Gruppe Menschen? Nun, zum einen sind es wenige, so dass man Geschäft schön unter sich aufteilen kann. Zum anderen ist das auch ganz praktisch für die Geheimdienste. Sollten sie ihr Mitglied in Gänze wiederbekommen, so haben sie a) eine Möglichkeit gefunden unangenehm rum liegendes Geld aus Waffengeschäften los zu werden und b) hintenrum wieder Geld zu sparen, weil sie ihm vorwerfen können, er habe was verraten, weswegen sie ihm die Rente kürzen. Also haben beide Seiten gewonnen.

Und dann gibt es noch einen zweiten Grund für die Entführungen, denn man darf nicht die völkerverständigende Wirkung von Entführungen vergessen. Es ist doch heute so, dass sich die Menschen kaum noch für einander interessieren. Weiß man, was der Nachbar treibt? Oder warum die Frau im Haus gegenüber immer so früh aufsteht und ihre Katze quält? Man weiß es nicht, weil die Welt ein kaltherziger Ort geworden ist. Schlimmer ist es doch mit fremden Menschen. Früher gab es Kriege und danach oft gemeinsame Völkerwanderungen. Da ist man sich sehr nahe gekommen, und konnte das ein oder andere Vorurteil langfristig abbauen.

Heute passiert dass nur noch in touristisch erschlossenen Gebieten. Aber wie ist das Landstrichen, die nicht mit einem Strand oder einem alten Steinhaufen oder einem Club Méditerranée gesegnet sind. Da will doch keiner hin und sowohl die Menschen dort, als auch wir hier wissen gar nichts voneinanender. Da kommt doch so ein Entführter im Wohnzimmer gerade recht. Endlich mal kann man lernen, was der andere so ißt, wie er aufs Klo geht und wie seine Schlafgewohnheiten sind. Man kann voneinander lernen! Und wir wissen doch, dass das Unwissen der größte Feind des Friedens ist! Deswegen sind manche Entführungen von der UNO organisiert, quasi ein Völkerverständigungsprogramm, weswegen auch nicht geschossen wird. Auch nicht auf die Bodyguards, die man ja gerne zurückläßt.

Das ist in Kürze die Sache mit den Entführungen. Insgesamt ist natürlich noch komplizierter, weil manche Entführungen ja gar nicht stattfinden, sondern nur vertuschen sollen, dass die Menschen von Aliens entführt werden, die einem Dinge in den Hintern stecken. Warum auch immer sie meinen, dass man ausgerechnet dort irgendwas wirklich Wichtiges finden könne.

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Frau Kaltmamsell hat ein Stöckchen liegen lassen, welches ich gerne aufnehme und an folgende Menschen weiterreichen möchte

  1. Parka Lewis
  2. Pe
  3. Cassandra

1. Was fällt dir zu deinem ersten Kochversuch ein? Nur schlimme Dinge. Die allerallerersten Versuche bestanden darin, die Ravioli aus der Dose geschmacklich zu verbessern. Dazu habe ich folgende Kombinationen ausprobiert:

Mit Grillgewürz -> Nicht so zu empfehlen. Es sei denn, man steht auf Ravioli, die so schmecken, als hätten sie einen ganzen Abend lang auf einem völlig verrußten Grill gelegen.

Mit normalen Ketchup & unfrischen Pfeffer -> Das war schon eine größere Herausforderung, da das Ketchup den Pfeffergeschmack süßlich überdeckte, was dazu führte, dass man mehr Pfeffer an die Sosse schütten musste, weswegen es dann zu scharf wurde usw. usf. Noch heute verspüre ich einen gewissen Stolz, dass ich irgendwann die richtige Mischung herausgefunden habe.

Mit Pizzagewürz -> Meine Mutter, sonst eine sehr gute Köchin, hat schon immer einen Hang zu Trockengewürzen in Tüten gehabt. Wir hatten immer eine riesige Schublade voll mit Maggi, Knorr und sonstigen Gewürzmischungen, die man alle 15 Jahre komplett entsorgte, weil sie nie benutzt wurden. Ich entdeckte also irgendwann, so mit 16 oder 17, die Tüte mit dem Pizzagewürz und hatte folgende Rechnung: Pizza = Italien, Ravioli = Italien. Gewürz + Ravioli = Superitalien. Zu meiner großen Überraschung stimmte die Rechnung aber nicht. Das gilt im übrigen auch für Rechnung: Raviolifleischfüllung = Gehacktes. Gehacktesgewürz = Lecker Ravioli mit mehr Gehacktesgeschmack.

Kalt -> Man kann Ravioli sehr gut kalt aus der Dose essen.

2 . Wer hatte größten Einfluss auf deinen Kochstil? Meine Mutter, denke ich mal. Das, was man in den prägenden Jahren so essen muss, trägt sicher eine Menge dazu bei, wie man später zu essen pflegt. Es gibt bis heute Dinge, die ich nur bei meiner Mutter esse. Dazu gehören: Linsensuppe, Tafelspitz und ein ganz besonderer Nudelauflauf. Auch wenn ich die Rezepte habe, komischerweise schmeckt es bei meiner Mutter immer ein Stück besser, als zu Hause. Der andere Einfluß ist ein Wort: Einfachheit. Mich reizt ein einfaches Essen, ohne viel Brimborium, oft mehr, als überkanditelte Menükompositionen. Wenn ich lese "Gugelhupf in Traminergelee, Parfait im Baumkuchenmantel mit gebratener Rehleber", denke ich: Warum kann ich die Leber nicht einfach mit Zwiebeln und Äpflen haben? Und was ist ein Tramiergelee? Klar, esse ich gerne ausgefallene Dinge und wenn ich Froschschenkel auf einer Karte entdecke, würde ich gerne mal kurz meine Tierliebhaberrei vergessen und die Dinger essen. Da es sie nur noch in irgendwelchen dubiosen Ecken in Frankreich gibt, esse sie eben nicht mehr. Auch keine Schildkrötensuppe. Aber genauso glücklich machen mich Sachen wie eine frische Pasta mit ebenso frischem Tomaten und einem Stück dunklem Brot.

3. Gibt es ein altes Foto als Beweis für frühes kulinarisches Interesse? Nein.

4. Leidest du an irgendeiner Art von kulinarischer Phobie? Kümmel. Widerlich.

5.1 Welches Hilfsmittel in der Küche schätzt du am meisten? Messer. Sehr, sehr scharfe Messer. Ohne vernünftiges Messer in der Küche sage ich dauernd "Ich kann so nicht arbeiten", weswegen ich seit einiger Zeit immer ein Allzweckmesser mitnehme, wenn ich irgendwo fremd koche.

5.2. Welches Hilfsmittel war der größte Reinfall? Küchenmaschine. Imm Prinzip sind die Dinger toll, weil man alles damit machen kann. Dummerweise sind fast alle hässlich und nehmen wahnsinnig viel Platz weg. Noch schlimmer ist allerdings die Reinigung von den Dingern, so dass man am Ende meist mehr Zeit damit verbringt, die Maschine wieder sauber zu bekommen, als wenn man die Karotten von Hand geraspelt hätte.

6. Nenne eine seltsame oder verrückte Essenszusammenstellung, die du wirklich magst - und wahrscheinlich niemand sonst! Ich bin völlig normal. Früher hatte ich mal so eine Phase, wo ich Leberwurst mit Pflaumenmus gegessen habe, aber da bin drüber weg.

7. Auf welche drei Zutaten kannst du nicht verzichten? Komische Frage. Das ändert sich ja je nach Gericht. Ansonsten muss immer Haus sein: Nutella, diese merkwürdige süß-scharfe Thaisosse und Schwarzbrot.

8. Dein Lieblingseis? Keine Experimente. Schokolade und Vanille. Neulich in einem Anflug von Wahnsinn mal Joghurt-Brombeere gegessen. Schlecht geworden.

9. Was wirst du nie essen? Es gibt Grenzen, die ich nicht überschreite. Warmes Affenhirn, Katzen, Hunde, Ratten, Meerschweine, Käfer. Wobei Käfer auch nur eingeschränkt stimmt. Ich hab schon in Honig glasierte Heuschrecken gegessen. Leicht bitter und knackt wie ein Stück Toblerone beim reinbeissen. Während in Ameisen in Honig eher zischen, wenn man draufbeißt. Ich esse auch keinen Hummer, weil ich nichts essen möchte, was bei lebendigen Leib in kochendes Wasser geworfen wird. Ansonsten leider auch Froschschenkel.

10. Dein Spezialgericht? Aus dem Handgelenk immer eine Pasta Limone. (Sahne, Zitrone, frische Petersilie, fertig.) Ansonsten mein Chili, ein Rotweingulasch und Lachs auf Orangenvierteln.

11. Welche Frage fehlt hier? Was, glaubst du, war Deine größte kulinarische Tragödie aller Zeiten?

Hier möchte ich der Einfachheithalber aus dem sehr lesenswerten Buch "Fein gehackt und grob gewürfelt" von Julien Barnes zitieren:

"Wir befinden uns in der Küche eines Akademikerhaushalts in London Ende 1995 oder Anfang 1996. Es ist Essenszeit; Gäste schlendern herein und warten, dass Ihnen ein Platz an einem langem, blankgescheuertem Tisch zugewiesen wird. Auf einer Anrichte steht ein Teller, auf dem etwas Rundes, Braunes und Schwabbeliges liegt, das eindeutig keinen schönen Anblick bietet - im Grunde so etwas wie ein Kuhfladen. Teilnahmsvoller Gast: Chocolate Nemesis? Gastgeberin: Ja Teilnahmsvoller Gast: Nichts geworden? Gastgeberin: Nein Teilnahmsvoller Gast: Das ist immer so

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Es regnet, mir war gestern Abend ein klitzekleines bißchen langweilig und ich hab mich dann mal getraut....

preisbloggen

Ich esse ja nicht so gerne Döner. Dabei ist der Döner in Berlin so was wie ein Standardessen, was nicht nur daran liegt, dass man in Berlin mittlerweile kaum mehr noch eine Imbissbude findet die was anderes anbietet, sondern wahrscheinlich viel mehr am Preis. Normalerweise kostet ein Döner hier so um die 2 Euro, es sei denn, die Döner-Mafia liefert sich einen blutigen Krieg, dann kann man in Neukölln schon mal einen Döner für 99 Cent bekommen. Der Döner ist hier derartig beliebt, das sogar ein Dönerquartett gibt. Das Problem mit dem Döner ist aber nicht seine Verbreitung, sondern die Frage, wie man ihn isst, ohne dabei wie Olga, die glubschäugige Kuh auszusehen. Selbst nach 20 Jahren Döner Erfahrung, habe weder ich selber einen probaten Weg gefunden, noch mir einen bei anderen Menschen abschauen können. Ich habe alles ausprobiert.

Mittenrein -> Geht gar nicht. Meist hängt nach einem beherztem Biss einem ein Stück Zwiebel in der Nase, oder die Nase ist mit Kräutersoße verziert oder ganz am linken Mundwinkel hängt ein Stück Dönerfleisch gerade so raus, dass man es nicht packen kann. Es ist weder im Mund, noch ist es draußen. Es hängt im Nirgendwo, im Nirwana, in seiner persönlichen Dönerfleischstückhölle zwischen Mundwinkel, Lippen, Zähne und Mundinnenhöhle, wo es ja rein soll, aber nicht mehr rein kann, weil dort gerade wegen Überfüllung geschlossen ist. Dann kann sein Gesicht entweder über die Dönertüte beugen, in der Hoffnung, dass das Fleischstück dann der Schwerkraft folgt und bitteschön in der Dönertüte landet. Oder man kann mit einer linkischen Mundbewegung versuchen, das sich quasi in einem transzendentalen Zustand befindliche Dönerfleischstück zu retten, in dem man gleichzeitig versucht das Gesicht mit der dem Dönerstück abgewandten Seite nach unten zu legen, während man gleichzeitig versucht, den mit dem Dönerfleisch verzierten Mundwinkel nach innen zu stülpen, während die Zunge versucht, das Fleisch zu ergattern und seiner ordnungsgemäßen Zuwendung zu zuführen. Das sieht sehr blöd aus.

Seitlich rein -> Eine Variante, die die meisten von mir beobachteten Döneresser offenbar bevorzugen. Der hungrige Mensch versucht dabei den Zwiebelberg oben auf dem Döner zum umgehen, in dem er, clever wie Menschen es durch Jahrmilliarden unaufhaltsam fortschreitender Evolution geworden sind, in den seitlichen Rand des Döners reinbeißt um so dass oben beschriebene "Mittenrein-Problem" listig zu umgehen. Nur um sich mit einem neuen Problem konfrontiert zu sehen, auf das die Evolution noch keine Antwort gefunden hat. Denn beißt man mit schief gelegtem Kopf seitlich, verschiebt sich die Dönermitalles Masse unweigerlich nach oben. Was zur Folge hat, das der eh statisch bedenklich aufgehäufte Zwiebelberg seinen Halt verliert und sich der Schwerkraft ergibt, was wiederum zu dem Problem führt, das der Mensch, schrecktrainert wie er seit dem Säbelzahntiger nun mal ist, eine Fluchtbewegung macht, in dem er den Oberkörper nach vorne beugt und, damit er nicht vor der Dönerbude umfällt, den Hintern nach hinten streckt. Also steht ein Mensch mit schief gelegtem Kopf, einem weit geöffnetem Mund und einem raus gestrecktem Hintern rum, während beide Hände verzweifelt das Dönerpaket umklammern. Das sieht sehr blöd aus.

Erstmal oben mit den Fingern abessen -> Das sind die ganz geschickten. Wahrscheinlich Ingenieure, die auf den ersten Blick erkennen, dass der aufgehäufte Fleischbatzen, nie im Leben eine DIN Norm erfüllt, und daher von vornherein mit ausgesuchter Vorsicht zu genießen ist. Da alle Essvarianten nur zu einem unbefriedigenden Ergebnis kommen, die zudem dazu führen könnten, dass Teile des Döners vollends aus der Hand gleiten, entschließen sich unbesorgte Menschen dazu, erstmal mit den Fingern die oberste Schicht des Döners abzutragen. Ist der Füllzustand des Dönerbrötchens dann zu ihrer Zufriedenheit abgesunken, wählen sie Variante Eins, also mitten rein. Aber auch hier hat der Döner noch eine Überraschung parat. Denn alles, was man oben sieht, ist nur Blendwerk und Verzierung. Die wahre Herausforderung lauert tiefer, quasi im verborgenem, gemein verschanzt in der Schlund des Döner. Der Salat und die Soße. Zwar kann man, hat man die oberste Schicht entsorgt, herzhaft hinein beißen, ohne dass man von rum fliegenden Dönerbestandteilen beschossen wird, doch je herzhafter der Biss, desto stärker der Druck nach unten. Der Döner will nämlich von Natur aus quillen, unbeschwert und sorgenlos, wie er ist. Hat man ihm alle oberen und seitlichen Quillmöglichkeiten genommen, dann quillt er eben nach unten, was ebenfalls zu schweren Problemen führen kann. Erstmal bemerkt man von der hinterlistigen Quillattacke natürlich nichts, umgibt das Essen doch eine vertrauenseinflössende Papiertüte. Doch mit fortschreitender Dauer ist die Dönertüte nicht mehr in der Lage, eine für ein äußerlich trockenes Gericht erstaunliche große auslaufende Menge an Flüssigkeit aufzuhalten und gibt nach. Dann tropft die Dönersoße in die Handinnenfläche, wo sich die Tropfen sofort vereinigen und ein kleines Rinnsal bilden, das offenbar nur einen Weg kennt: schnellstmöglich zum Handgelenk. Um zu vermeiden, dass die Soße ins Hemd läuft muss man nun den Döner mit einer Hand festhalten, während man gleichzeitig die betroffene Hand zum Mund führt (oder umgekehrt) um die Soße abzulecken. Das sieht auch sehr blöd aus.

Früher wurde letzteres Problem meist dadurch beseitig, in dem man den Döner in Alufolie spannte. Seit dem es diese Dönertüten gibt, auf denen ironischerweise auch noch "Guten Appetit" steht, ist auch die letzte Möglichkeit zerstoben. Und seit neustem haben perfide und hinterlistige Dönerlieferanten einen weiteren Trick gefunden um die Kundschaft noch effektiver demütigen zu können. Es gibt jetzt den Döner "Extra", quasi die Mutter aller Döner. Dieser besteht aus Dönermitalles und extrem fetttriefenden Kartoffelspalten, die zwischen Salat und Fleisch gepresst werden. Wie man sich leicht vorstellen kann, ist die Kombination Salatsoße und heißes, triefendes Öl explosiv und fordert die oben beschriebenen dämlichen Körperhaltungen geradezu heraus. Wäre ich ein Dönerbudenbesitzer würde ich ein Fotoblog aufmachen, in dem nur Fotos von Menschen zu sehen sind, die gerade sehr blöde aussehen. Aber ich esse sowieso lieber Bratwurst.

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Ich war mal in Belgien. Komischweise fährt man ja eher nach Holland, als nach Belgien. Vielleicht wegen diesen riesigen Kroketten die mit irgendwas merkwürdigen gefüllt sind, und ohne die keine holländische Frittenbude in Holland aufmachen darf. Wahrscheinlich gibt es eine holländische Krokettenmafia, die jeden Imbissbudenbesitzer blutig schlägt, hat er nicht die Riesenkrokette in seinem Angebot. Ich kannte Menschen, die ausschließlich deswegen nach Holland fahren. Sie sagten "Hmm, mal wieder nach Holland fahren, so eine Riesenkrokette futtern. Ach ja, neues Dope brauch auch." Ich selber hab noch nie eine gegessen, weil ich Angst hatte, mir so einen Riesenprügel mit heißem Inhalt in den Mund zu schieben. Das kann jetzt jeder sexuell interpretieren wie er will, ich wollte mir einfach nicht die Mundhöhle an diesem komischen Schleim verbrennen, der aus den Riesenkroketten raus läuft. Irgendwann dachte ich, dass ich das kleine Land neben den Krokettenbrätern ja auch mal besuchen kann. Mal "Hallo" sagen, lecker Essen, die berühmten Fritten, vielleicht die Sehenswürdigkeiten anschauen. Das erste, was mir in Belgien auffiel, war der Himmel, der offenbar ein Stück weiter unten hing. Ich vergleich das mal so:

Holland -> schöner Altbau, hohe Decken, hell. Belgien -> sozialer Wohnungsbau aus dem 50er Jahren, Deckenhöhe 1,50 m, Soutterain.

Das ändert sich erst, wenn an die See kommt, oder in Brügge nächtigt, dem "Venedig Belgiens". Oder war das Antwerpen? Ist Antwerpen in Belgien? Zum Venedig Belgiens möchte ich noch anfügen: Was nicht so alles das Venedig von irgendwas ist. Die Hamburger sind sehr stolz darauf, dass sie mehr Brücken als Venedig haben, und nennen sich hier und da mal „Venedig des Nordens“. Miami Beach wurde auch mal als "Venedig Floridas" beschrieben. Alles ist Venedig. Überall. Das macht mich völlig fertig. Allein das Wort schon. Ist ja gerade modern, doofe Wörter so lange laut vor sich hin zu sagen, bis sie im Kopf völlig Lächerlich klingen.

Venedig. Venedig. Venedig. Venedig. Venedig. Venedig.

Jetzt hab ich so oft geschrieben, dass ich mir unsicher geworden bin, ob man es überhaupt so schreibt. Egal. Ich also mit meinem alten Käfer nach Belgien. Natürlich toll: die beleuchteten Autobahnen. Die Belgier haben damals noch alles an- und ausgeleuchtet, was sie hatten. Ein einsames Haus mitten auf dem Feld kam nicht ohne Flakscheinwerfer aus, dass es Nachts in gleißendes Licht tauchte. Kraftwerke, Fabriken, Brücken, Bahngleise. Alles voll ausgeleuchtet. Und darauf waren die Belgier auch sehr stolz. In Brüssel hab ich mir dann das Atomium angeschaut, das irgendwie sinnlos auf einem Hügel stand, und das ebenso verrostet war, wie es stank. Es stank wirklich schrecklich, irgendwie nach Mottenkugeln und für einen Moment hatte ich die Theorie, dass die Belgier damals in den 50er Jahren unter einer wahnsinnigen Mottenplage gelitten haben was ihnen sehr peinlich war und sie deswegen dieses große Atommodell bauen ließ, damit sie die Mottenkugeln verstecken konnten. Noch hat niemand diese Theorie widerlegt . Ich bin dann noch einen Tag ein wenig sinnlos durch Belgien hin und her gefahren. Man kurvt über das platte Land und plötzlich poppt ein schlecht gerendertes Dorf vor einem auf in dem kein Mensch zu sehen ist, nur vielleicht eine Kuh. Dann denkt man "Ach, hier leben also auch Menschen", fragt sich, was die wohl den ganzen Tag so machen und fährt weiter. Das war eher deprimierend, auch wenn es wohl kaum einen besseren Hintergrund für meine "Bauhaus", "This Mortal Coil" und "Trisomie 21" Kassetten gab, als die Gewerbegebiete einer mittleren Kleinstadt in Belgien.

Auf dem Rückweg dann an den Ardennen vorbei geschrammt, auch aus dem Grund, selber den blöden Witz „Damals in den Ardennen“ machen zu können. In den Ardennen gibt es aber nichts. Jedenfalls nicht da, wo ich war. Nichts ist jetzt auch falsch. Es gibt sehr viele Bäume, die mit ihren lustigen Wipfeln die tief hängenden Wolken von unten fein sauber putzen. Ich kaufte noch schnell ein mächtiges Stück Ardennenschinken, den ich auf den Rücksitz warf und ca. sechs Wochen später im Hochsommer wieder gefunden habe, weil es in meinem Auto so komisch roch. Eine zeitlang dachte ich, dass noch irgendwo Teile des Hasen, der sich leider wenige Wochen zu vor in suizidaler Absicht vor meinen Wagen geworfen hatte, unter dem Auto hängen würden. Tja. Das sind meine Erinnerungen an Belgien. Stinkender Schinken, Mottenkugeln, Regen. Seitdem auch nie mehr da gewesen, außer einmal in Brüssel, als wir wegen merkwürdigen Geräuschen in der Hydraulik notlanden mussten, was meine Empfinden für Belgien auch nicht verbessert hat. Am Wochenende fahr ich aber vielleicht mal wieder in dieses Land. Vielleicht aber nach Holland, da könnte ich versuchen meine freundliche Begleitung eine dieser Kroketten essen zu lassen, um endlich mal das große Rätsel zu lösen, was in den verdammten Dingern eigentlich drin ist.

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