Warum werden nur dauernd Menschen im Irak entführt? Und warum entführen sich die Entführer in den letzten zwei Jahren quer durch Europa? Erst Briten, dann Italiener, jetzt Deutsche? Und warum werden nicht viel mehr Menschen entführt? Diese Fragen stellte ich mir, als ich Paparazzi Forum eine ähnliche Frage des Alt-Mitglieds Klaus Cäsar las, der mich zu diesem Text inspirierte.

Es ist doch heute im Irak so, dass man erstmal Mitglied sein muss, überhaupt entführt zu werden! Und wenn nicht Mitglied, so muss man doch einen Bürgen oder ein Empfehlungsschreiben haben, damit man überhaupt entführt wird. Und wo muss man Mitglied sein? Das verrate ich gleich.

Man muss erstmal ein bisschen schauen, wie die Lage im Irak überhaupt ist. Es war doch so, dass nach dem ersten Irak Krieg praktisch kein Ausländer mehr im Land war. Nur noch einheimische, die entweder arm waren, oder Mitglied der Baath Partei. Erstere zu entführen lohnte sich nicht, zweitere auch nicht, weil man irgendwie erschossen wurde, was eine erfolgreiche Entführung am Ende ein wenig unglaubhaft aussehen lässt. Aber dank der Amerikaner hat sich dass ja dann schnell geändert. Mit den Panzern kamen erst eingebettete Journalisten, die man aber nicht entführen konnte, weil sie zumeist vorher (zur eigenen Sicherheit) von den alliierten Truppen erschossen wurden. Aber schnell kamen andere Menschen. Menschen die Sachen gebaut haben, Menschen die alte Sachen untersucht haben,. Menschen die Essen brachten, Menschen die das Öl abholten, Menschen die einen Computer mitbrachten und noch mal ganz viele Soldaten. Man sieht, da ging es plötzlich zu wie in einem Ameisenhaufen auf Koks.

Von dem Gewimmel und den vielen neuen Leuten war die seit Jahrzehnten um ihre Existenz ringende irakische Entführungsindustrie natürlich erstmal überfordert. Praktisch hätte man an jeder Ecke irgendjemanden entführen können, aber so was ist natürlich schlecht fürs Geschäft, weil ein Überangebot an Entführungen ja die Preise kaputt macht. Da hätte die US Regierung gesagt: "Hey, beim Warlord von letzter Woche haben wir Rabatt bekommen, so geht das nicht." Nachher hätten die Entführer dann so Bonuskarten ausgeben können. Nach zehn Entführungen ist die elfte umsonst. Das ist im Sinne der Gewinnmaximierung natürlich totaler Mumpitz.

Nun höre ich schon den Einwand: Ja, aber man hätte ja einfach ein paar Soldaten entführen können. Das würde doch total toll sein, weil man a) dafür Geld bekommt und b) die Medien in den USA schön benutzen könnte. Aber das ist leider falsch gedacht. Denn erstens bekommt man von einem Land, das eh schon ein paar Tausend Leute verloren hat, nur noch höhnisches Gelächter zu hören, und zweitens sind Soldaten ja bewaffnet, und können hier und da auch mit ihren Waffen umgehen, was eine bewaffnete Entführung unter Umständen schwierig gestalten könnte. Der Nachwuchs an guten Entführern wächst ja auch nicht gerade auf den Bäumen.

Also hat man sich entschlossen, eine Personengruppe zu nehmen, die einerseits ausländisch ist, andererseits aber auch schön überschaubar zu sein scheint: die Mitglieder, oder zukünftigen Mitglieder von Geheimdiensten. Ob nun letztes Jahr Frau Sgrena, die völlig unschuldigt entführt wurde, aber die dann von ihrem Geheimdienst freigekauft wurde, oder neulich diese Frau Osthoff, die einen Platz ziemlich weit oben auf der Warteliste für Neumitglieder der Geheimdienste hatte

Warum aber diese Gruppe Menschen? Nun, zum einen sind es wenige, so dass man Geschäft schön unter sich aufteilen kann. Zum anderen ist das auch ganz praktisch für die Geheimdienste. Sollten sie ihr Mitglied in Gänze wiederbekommen, so haben sie a) eine Möglichkeit gefunden unangenehm rum liegendes Geld aus Waffengeschäften los zu werden und b) hintenrum wieder Geld zu sparen, weil sie ihm vorwerfen können, er habe was verraten, weswegen sie ihm die Rente kürzen. Also haben beide Seiten gewonnen.

Und dann gibt es noch einen zweiten Grund für die Entführungen, denn man darf nicht die völkerverständigende Wirkung von Entführungen vergessen. Es ist doch heute so, dass sich die Menschen kaum noch für einander interessieren. Weiß man, was der Nachbar treibt? Oder warum die Frau im Haus gegenüber immer so früh aufsteht und ihre Katze quält? Man weiß es nicht, weil die Welt ein kaltherziger Ort geworden ist. Schlimmer ist es doch mit fremden Menschen. Früher gab es Kriege und danach oft gemeinsame Völkerwanderungen. Da ist man sich sehr nahe gekommen, und konnte das ein oder andere Vorurteil langfristig abbauen.

Heute passiert dass nur noch in touristisch erschlossenen Gebieten. Aber wie ist das Landstrichen, die nicht mit einem Strand oder einem alten Steinhaufen oder einem Club Méditerranée gesegnet sind. Da will doch keiner hin und sowohl die Menschen dort, als auch wir hier wissen gar nichts voneinanender. Da kommt doch so ein Entführter im Wohnzimmer gerade recht. Endlich mal kann man lernen, was der andere so ißt, wie er aufs Klo geht und wie seine Schlafgewohnheiten sind. Man kann voneinander lernen! Und wir wissen doch, dass das Unwissen der größte Feind des Friedens ist! Deswegen sind manche Entführungen von der UNO organisiert, quasi ein Völkerverständigungsprogramm, weswegen auch nicht geschossen wird. Auch nicht auf die Bodyguards, die man ja gerne zurückläßt.

Das ist in Kürze die Sache mit den Entführungen. Insgesamt ist natürlich noch komplizierter, weil manche Entführungen ja gar nicht stattfinden, sondern nur vertuschen sollen, dass die Menschen von Aliens entführt werden, die einem Dinge in den Hintern stecken. Warum auch immer sie meinen, dass man ausgerechnet dort irgendwas wirklich Wichtiges finden könne.