Den gefährlichsten Menschen, den ich jemals kennen gelernt habe, war Bertram. Damals stand ich am Wochenende in der "Barriere" an der Tür und sollte aufpassen, dass niemand böses reinkam. Bertram war aber böse, denn er haute nach zwei Bier anderen Menschen auf die Nase. Gerne auch mehrmals. Inhaber der Kneipe war u.a. der Ex-Juso, nun SPD Kreisvorstandsvorsitzende Gert-Peter, der einfachheithalber "DScheyPi" genannt. Dieser hatte wiederum etwas gegen Gewalt, gerade, wenn sie diese gegen die bekifften Gäste seines Ladens richtete. Wenn Bertram mal wieder ausfällig geworden war, befand JP, dass er mindestens einen Abend nicht rein durfte, sonst würde er dass ja nie lernen und der Mann an der Tür mußte Bertram dies möglichst schonend mitteilen. Was eher zu den Herausfordungen gehörte, denn Bertram war groß. Mit meinen 186cm kam ich mir neben ihm vor wie ein Winzling, und die verwaschenen Tätowierungen unterhalb der schrundigen Fingerknöchel machten die Sache nicht einfacher. Seine Faust war ungefähr so breit wie mein Gesicht und ich wollte nicht wissen, was passieren würde, wenn er sie dort kurzzeitig parken würde. Der Vorteil war aber, das Bertram wirklich außerordentlich und unfassbar blöd war. Er war so blöd, dass man sich automatisch fremdschämte. Der Spruch "Blöd wie Bertram" kursierte damals, und er war die ultimative, allerletzte Beschimpfung. Schlimmer ging nicht. Dank dieser Blödheit konnte man Bertram in Gespräche so verwickeln, dass er am Ende nicht mehr wußte, weswegen er eigentlich gekommen war. Dieser Umstand hatte einigen anderen Türmenschen schon die Nase und das Leben gerettet. Man laberte ihn zu, ließ ihn ab und an von seinem Bier trinken, gab ihm drei Zigaretten und er zog irgendwann wieder ab. Das er so blöd war, war auch zu seinem Vorteil, denn die Polizei ließ ihn regelmäßig wieder laufen. Er machte ja nichts wirlich schlimmes. Wenn ihm einer dumm kam (wie auch er das definierte) haute er ihm ein oder dreimal auf die Nase und trank dann weiter. Hoffnungsloser Fall. Konnte man nur völlig wegsperren oder mit leben.

An dem Abend war es nun so weit und ich mußte Bertram sagen, dass er heute leider nicht reinkommen würde, da er am Vorabend mal wieder Nasen gebrochen hatte. Als er vor mir stand, dachte ich einfach, ich sei John Wayne und sagte ihm, dass er mal wieder Hausverbot hatte. Er starrte mich völlig fassungslos an, holte aus und haute mit der Faust auf den Türrahmen. John Wayne hatte sich derweil in ein kleines, puscheliges, angststarres Häschen verwandelt und ich sagte "Wöööööhhhh". Betram hieb weiter auf den Türrahmen ein, die Augenbraun wild zusammengezogen. Als er aufhörte, waren seine Knöchel blutig und der Türrahmen gesplittert. Dann ging er mit hängenden Schultern nach Hause. Am nächsten Tag, als er wieder Bier bekam, erzählte er, dass er jetzt niemanden mehr schlagen dürfe, weil die Polizei gesagt hätte, er würde sein Leben lang Mädchenkleider tragen müssen, wenn er das nochmal machen würde.