Eine der größten Lügen der Menschheit ist neben dem betrügerischen Wort "Doppelhaushälfte" und der Erfindung der Software "Photoshop" mit ganz ziemlich großer Sicherheit der Satz "Alter macht weise". Mit Hilfe dieses Satzes versucht man Menschen nahe zu legen, dass man, wenn man ein nicht näher bestimmtes Alter erreicht hat, welches aber wahrscheinlich irgendwo in der Nähe des "Werthers Echte" Opas liegen muss, auf jeden Fall sehr entspannt wird. Kein hektisches rumwuseln mehr, kein aufgeregtes Hüpfen oder Schnaufen, wenn mal etwas nicht so klappt wie man will. Das ist eigentlich erst mal toll, toll, toll. Dummerweise weiß man nicht, wann man denn nun weise zu sein hat. Und ob das ein Zustand ist, in den man reinschlittert wie in eine Prostataerweiterung, oder ob man irgendwas dafür tun muss. Ich behaupte deswegen: Lug und Trug. Wahrscheinlich von der Werbeindustrie ebenso erfunden, wie der rotnasige Weihnachtsmann von Coca Cola.
Stattdessen behaupte ich, dass man im Alter einfach redundanter wird. So eben telefonierte ich mit dem wunderschönen Mädchen die mir mittendrin laut wehklagend den Verlust eine wichtigen Datei mitteilte, weswegen sie nun extra noch mal in die Firma müsse. Sie habe da heute etwas vom Server runtergespeichert, aber das sei jetzt nicht auffindbar. Da senkte ich meine Stimme um eine Oktave und sagte: "Wunderschönes Mädchen, warum schickst Du Dir eine wichtige Datei nicht einfach selbst per Mail?". Das mache ich nämlich. Aber das war nicht immer so.
Früher war ich ganz anders, etwas dünner, nicht so viel graue Haare und ein rechter Hansguckindieluft, wenn es um Wochenendarbeit ging. Da sagte ich oft am Freitag Abend, als ich noch in einer Wertschöpfungskette namens "Firma" arbeitet, "Ach Don, nu ist mal gut, geh trinken. Die Arbeit für das Meeting am Montagmorgen um acht kannst du auch Sonntagnacht machen." Sprachs, und verschwand, um Sonntagabends festzustellen, dass eine irrsinnig wichtige Information in einer Email lag, die in einem Postfach gammelte, an welches ich nicht ran kam. Also einfach die Mediadaten aus dem Kopf geraten und über den Daumen gepeilt und selten falsch gelegen. Aber man wird älter, hat mehr Sorgen (Steuer, Haare aufm Kopf, Frauen, Ipod Akku/Festplatte/Display) und kann sich nicht mehr soviel merken. Seit einem Präsentationdesaster vor ein paar Jahren habe ich mir für die Arbeit unterwegs am Laptop folgende Arbeitsschritte angewöhnt.
- Angefangene Arbeit speichern
- Den Ordner mit dem Material für die Arbeit zippen
- Den Ordner komplett an mich selber schicken
- Angefangene Arbeit zur Sicherheit noch mal speichern und getrennt an zwei Mailadressen von mir schicken, falls die eine nicht erreichbar sein sollte.
- Im mobilen Telefon eine Erinnerungsfunktion mit Weckruf einschalten, die einen daran erinnert, den ganzen Quatsch mit dem Laptop noch abzurufen bevor man im Zug sitzt und sich wundert, wo der ganze Krempel denn geblieben ist, den müsste man doch eigentlich nur per Internet jetzt schnell....
(Bevor die Frage kommt: Nein, USB Sticks bringen bei mir nichts, weil ich sie zu Hause vergesse)
Mittlerweile ist mir aufgefallen, dass sich die Redundanzen auch in mein tägliches Leben rein fressen. Zum Beispiel Wäsche waschen. Ich habe keinen Wäschekorb, weil, wenn ich einen Wäschekorb hätte, würde ich nicht mehr an die Wäsche denken, da ich, wie schon mehrfach ausgeführt, alles sofort vergesse, was ich nicht sehe. Oder sehen will. Deswegen landet die Wäsche direkt in der Waschmaschine und wenn die voll ist, dann mache sie an. Soweit klappt das immer ganz gut. Dann vergesse ich aber, dass ich meine Waschmaschine angestellt habe und wenn ich vorbei komme, mache ich sie zur Sicherheit lieber noch mal an, es kann nicht schaden.
Am schlimmsten ist es aber mit Daten vom Rechner. Ich mache hier und da Backups, was mich völlig wahnsinnig macht. Denn selbst wenn ich eine CD brenne und zufälligerweise daran denken sollte, sie auch noch zu beschriften und dann im Extremfall auch noch so beschrifte, dass ich nicht die fünfunddreißigste CD mit der Aufschrift "Backup" habe, dann denke ich mir schon beim brennen: "Was ist, wenn ich die CD verschlampe, weil sie aus Versehen in den Stapel mit dem Altpapier auf meinem Schreibtisch rutscht?". Also packe ich die wichtigsten Daten dann noch mal in einen Ordner, den ich auf meinen Webspace schiebe. In dem Ordner sind dann zum Beispiel Texte, angefangene Romanzehntel oder Passwörter. Darunter befindet sich zum Beispiel im Moment auch mein Passwort für den FTP Zugang zu meinen Webspace, das ich aber leider mittlerweile vergesse habe, weswegen ich nicht mehr drauf komme. Das ist jetzt natürlich Vergesslichkeit und zeigt mir auf, dass ich meine Redundanz noch weiter treiben muss, in dem ich alle Daten zusätzlich noch mal ausdrucke und abhefte. Kommt sicher, wenn ich 40 werde.