Wahlplakate und TV Spots aus den letzten 50 Jahren.
In dem Bericht geht es um die von Filmstudios wie Konzertagenturen (vergl. den Ärger um Fotos von den Coldplay Konzerten) immer häufiger verordnete Gleichschaltung der Medien. Es ist nichts Neues, dass es eine Sperrfrist für Veröffentlichungen gibt. Es gab auch schon immer ein Gentlemans Agreement zwischen Journalisten, Filmverleihen, Musikfirmen etc. Man bekommt das zu besprechende Material vorher, dafür schreibt man auch erst drüber, wenn die die VÖ ansteht. Etwas anderes würde allerdings auch für die Medien keinen Sinn machen, denn was sollen die über einen Film berichten, der erst sechs Wochen später anläuft. Und das manche Firmen paranoid werden, wenn es um Ware geht, die viel verkaufen soll, leider aber schlecht ist, weiß ich, seit ich mal erlebt habe, dass eine Musikfirma die neue CD ihres Stars in einem CD Player anlieferte, bei dem die Lade zugeklebt war, damit man sie nicht öffnen konnte. Den Player musste man natürlich später wieder zurückgeben, damit die Firma sehen konnte, dass man auch ja keine Kopie gemacht hatte. Was anderes ist es aber, wenn Firmen per Unterschrift von Journalisten verlangen, dass sie erst ab einem bestimmten Zeitpunkt über etwas öffentlich schreiben, bzw. das bestimmtes Material nach Ablauf eines Datums nicht mehr veröffentlicht werden darf, also quasi seinen Urheberrechtsschutz verliert.
Letzlich gibt es da eigentlich nur eine Antwort: nicht drüber schreiben. Denn genauso wie eine Firma bestimmten kann, wann und ob man über deren geistiges (haha) Eigentum berichtet, genauso können Zeitungen und Journalisten entscheiden, ob sie über etwas berichten. Das nun zum Beispiel einige Flimverleiher Angst haben, dass Blogs in Zukunft die Mediensperren unterlaufen, halte ich für übertrieben. Gerade die Bereiche Film und Musik sind sehr vom persönlichen Geschmack abhängig. Natürlich kann irgendein Kritiker, der einen Film sechs Wochen vor seinem offiziellen Start schon gesehen hat, behaupten, der Film sei der größte Müll seit Menschengedenken, aber das würde wahrscheinlich trotzdem kaum jemanden davon abhalten, den Film zu sehen.
Viel eher sehe ich die Gefahr, dass Firmen das Medium der Blogs benutzen, um zusätzliche Promotion für einen Film zu machen. Das man in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft Blogbots einsetzen kann, um zufallsgenerierte Einträge zu erhalten, um dann, wenn die Blogs mal so ein oder zwei Jahre mäßig untereinander verlinkt vor sich herdümpelen, plötzlich mit positiven Einträgen über ein Produkt, einen Film oder eine neue CD zu kommen. Klingt utopisch?
So weit entfernt ist das nicht. Ich nutze zum Beispiel Flickr um bei Antville per MMS zu mobloggen. Und das kann ich nicht nur hier, sondern bei allen Antville Blogs, bei denen ich als Admin oder Contributer eingetragen bin. Ich kann, nur mit einem Handy ausgestattet, von jedem Ort der Welt, solange ich Empfang habe, auf verschiedenen Blogs in wenigen Schritten posten. Es gibt also jetzt schon die Möglichkeit und die relative Anonymität der Blogsphäre macht es noch leichter Blogs anzulegen, die gar nicht existieren sollten.
Warum sich jemand diese Mühe machen sollte, Blogbots entwicklen, die sich automatisch einloggen, Texte generieren usw.? Weil es Geld bringt. Es hat sich auch keiner vorstellen können, dass es Firmen gibt, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als abertausende von Seiten als Linkfarmen zu erstellen, die das Googleranking einer anderen Firma verbessern. Die Porneauxindustrie hat das, wie so oft, als erste entdeckt. Schon seit etlichen Jahren findet man in den Refs immer wieder Blogs, die nichts anderes als Weiterleitungen zu Payseiten sind. Andere Gewerbesparten werden da nachziehen. Auf jeden Fall ab dem Moment, ab dem es vernünftige Textgenerierungsbots gibt, oder man 1 Euro Jobber einstellen kann, die Blogs pflegen.
Lorenz Lorenz Meyer über Journalismus vs. Weblogs. Schön, der Hinweis darauf, dass sich Blogger und ihre "Macht" gerne überschätzen. Nach, sagen wir mal grob, zwei Jahren, in denen sich die Weblogszene intensiv entwickelt hat, gibt es immer noch kein Blog, dass auch nur ansatzweise eine Relevanz in der tägliche Meinungsbildung über die Blogosphäre hinaus hat.
Das 90% der Journalisten heute unter der Fuchtel der Buchhalter-, Anzeigen-, Marketing- und Imageabteilungen stehen wird allerdings auch in diesem Artikel vergessen. Sicher, Journalisten sollten early adopters, sollten nur ihrem Gewissen etc verpflichtet sein, aber so einen Ethos kann sich in Deutschland vielleicht ein Broder oder ein Prantl erlauben. Der große Rest ist froh, wenn er noch seinen Job hat und hält die Fresse. Und wie groß die Angst bei den meisten zu sein scheint, will ich einfach mal daran ablesen, dass bei den Hunderten von in Berlin akkredetierten politischen Journalisten, offenbar noch nicht einer auf die Idee gekommen ist, bei blogger.com ein anonymes Blog aufzumachen und ein wenig ehrlichen Hintergrund zu liefern. Auch kenne ich kein Blog (ich lass mich da gerne berichtigen) eines einigermaßen profilierten Journalisten, der seine Meinung in einem Blog außerhalb der Zeitung preisgibt.
Vielleicht liegt das aber auch an der völlig überkommen Vorstellung, als Journalist dürfe man keine Meinung haben, sondern nur berichten. Die Fakten würden die Meinung schaffen. Habe ich schon immer für bullshit gehalten. Es fehlt in Deutschland, außerhalb der meist Supatopcheckerbunnyartigen Kommentare ("Das kann man so sehen, aber auch anders. MerkelStoiberSchröder müssen nachsitzen, wenn nichts passiert".) ein Meinungsjournalismus. Seiten, in denen steht, was jemand denkt. Die wenigen Zeitungen, die das machen (Freitag, Jungle World) liest auch deswegen kaum einer, weil sie teilweise von einem fast unerträglichen Lagerdenken beherrscht werden.
Lorenz Lorenz-Meyer hat recht, wenn er schreibt, dass der Erfolg von Weblogs erst durch die Vernetzung möglich ist, aber vor allem aber auch dadurch, dass in Weblogs, so sie sich einem Thema stellen, Meinungen publiziert werden. Man kann mit dem Autor etwas anfangen. Ihn ob seiner Meinung auslachen oder zustimmen. Das gibt es im "normalen" deutschen Journalismus nicht. In den letzten Jahren gibt es nur noch hilflose Wut, Wortnutten oder die aus Sendungen wie "Explosiv" und "Frontal21" bekannten "Investigativ" Journalisten, die Arbeitslose beim Trinken filmen und dann Sätze wie "Auch so kann man in Deutschland leben" aus dem Off sprechen. Und wohin sich der deutsche Journalismus entwickelt, kann man auch schön am "Spiegel" und seinen Titelthemen der letzten Jahre ablesen. Am Ende beißt sich die Katze in den Schwanz. So lange Blogs in Deutschland keine gesellschaftliche Relevanz haben, wird ihr Einfluß auf eine allgemeine Meinungsbildung nicht existent sein. So lange werden sie auch keinen Druck auf Verlage und Journalisten ausüben können.
Heute in irgendeiner Zeitung mal wieder über Namen Florian Illies gestolpert. Ich kenn den ja nicht, aber dennoch erweckt sein Name bei mir leichte Hassgefühle. Nichts schlimmes. Also jetzt nicht so ein "Wenn Du das nochmal sagst, geh ich zurück zu meiner Mutter" Hass, oder gar eine "Wo ist meine alte, verrostete Motorsäge?" Raserei. Eher so ein "Ach nööö" Ding gepaart mit einer leichten inneren Resignation und eben dem leichten Zucken des Kopfs. Illies, die alte Erdnussflocke. So witzig wie ein kleines Steak. Ich hab selten humorlosere Bücher als die seinen gelesen, von seiner Zeitung mal ganz abgesehen. Sein erstes Buch wurde mir Gottseidank von niemanden mit den Worten "Lies, das ist total toll" in die Hand gedrückt. Nicht, weil ich niemanden kennen würde, der nicht einen von seinen Eltern geerbten Golf II gehabt hätte, sondern weil ich vermutlich das Glück habe, Menschen zu kennen, die mir sowas nicht empfehlen. Ich kenne Menschen, die mich auf Bücher von Oskar Panizza aufmerksam machen. [Vielleicht sollte mich das aber auch nachdenklich machen, dass ich mir Menschen Bücher von durchgeknallten Protestanten geben, die von ihrer Mutter ins Irrenhaus gesteckt wurden] Irgendwann habe ich sein Buch doch mal gelesen und mich geärgert über diese Bauchnabelschau von Menschen, die sich den Pullover vor der Brust zusammenknoten. Das man in 80ern in Läden gegangen ist, die "Cappuccino" hießen, ist ja nicht das Problem, denn diesen Läden, mit ihrer Neonwerbung an der Wand, konnte man ja nicht entgehen. Quasi die Klingeltonwerbung der 80er. Das man sich darin offensichtlich wohl gefühlt hat, ist aber was anderes. Schon nach der Hälfte des Buches wollte ich den Gegenentwurf schreiben, weil ich den geföhnten Ex-Jung-Managern nicht den Entwurf einer sauberen Jugend überlassen wollte, aber der Erfolg des Buches ließ mich dann besser meinen Mund halten.
Geärgert hab ich mich trotzdem, aber nicht nur über ihn. Auch all die Stuckrads, Krachts etc. die mich mit ihrer langweiligen Befindlichkeitssoße übergossen waren auch nicht besser. Pop-Literat zu sein war ja toll. Quasi die New Economy des Literaturbetriebs. Die ja auch dann mangels Masse unterging. Was ich bei all den Büchern vermisst habe, war Feuer, eine innere Wut, die sich nur mit Buchstaben ertränken lässt. Alles erging sich in semi-lustigen Betrachtungen, arroganten Betrachtungen der Umwelt - solange die Betrachtung dem Geschmack der eigenen Sosse zuträglich waren - und unfassbar langweiligen Selbstfindungsproblemchen. Kein Feuer und schon gar kein Aufbegehren, sondern nur ein "Ich wär so gern ein junger Grass oder Lenz" Anbiedern. Nur nicht aufregen, nur nicht aus der Reihe tanzen. Sehr neidisch hab ich nach Frankreich geschaut, wo Virginie Despentes, Michel Houellebecq oder Marie Darrieussecq ihre Seelen auskotzen und keine artifizielle Lebenslügen verbreiteten, sondern eine, manchmal sicher quälende, Analyse betrieben, ohne dabei mit der Sprache spielen zu wollen. Sie benutzten eine klare Sprache, keine langwierigen Umschreibungen, in denen der Autor um sich selbst und um die Worte drehte. Die Worte mussten deutlich sein, keinen Irrtum zulassen. Selbst das unsägliche Buch von Catharine Millet fand ich noch besser, als all das, was ich aus Deutschland gelesen habe. Denn da passierte wenigstens etwas in Büchern, was tiefer ging, als die kaugummigleichen Betrachtungen, die verkrampften Beschreibungen von Trieben und dem, was sie anrichten können. Dieses komplette Auslassen von diesen Dingen, dieses verspießte Ignorieren, einem katholischen Wegschauen ähnlich, war nicht nur schlimm, sondern auch verlogen. Und Illies war/ist da einer, der in seiner langweiligen Harmlosigkeit, in seiner Fleisch gewordenen "Manufaktum" Hölle, diese literarische Langweile verkörpern. Aber was solls. Das kann man ja nun ebenso wenig ändern, wie den "Fun Freitag" bei Sat.1 [da frag mich auch immer: wer lacht da?]