Gezittert...

...hat bestimmt der Irak, als er Bushs überraschende Rede vor der UN Vollversammlung vernommen hat. Da hat der Saddam sicher nicht mit gerechnet. Etwas störte mich nur. Also früher, sehr viel früher war das ja so.

Da hat Fürst Eins da gesessen und gerechnet: "Ich hab 300 Pferde, 50 Kanonen und 300 Dukaten, mit denen ich ein paar Söldner zahlen kann. Der Idiot neben an (Fürst Zwei, die. Red.) hat 200 Pferde, 30 Kanonen und nur 150 Dukaten. Sollte klappen." Dann hat man alles zusammengetrommelt ist einmarschiert, hat ein wenig gemordet und gebrandschatzt, während der Nachbar (Fürst Zwei, die Red.) erst seine Leute zusammen getrommelt hat.

Heute macht man das wohl anders. Man überlegt quer durch die Medien erstmal laut und über ein Jahr lang, was man alles mit seinem Gegner machen könnte. Dann hält man eine Rede, in der man sagt, wie Scheisse man den anderen findet. Und das man ihm, zwar ungerne aber nu, was man machen muss, muss man eben machen, ihm also demnächst mal eins in die Fresse hauen wird. Und so zwar richtig böse, so dass der andere auch ja nicht mehr aufstehen kann. Dann wartet man.

Ich bin mir ja nicht sicher, ob die moderne Kriegsführung wirklich so viel besser ist.

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Schimpf & Schande

Da schimpft man gerade übers Föllitong, da schmeißen die Zürcher den Marthaler raus. Und wie das so ist, damit wird nicht nur dem Intendant Marthalter, sondern auch seinem gesamtem Team gekündigt. Die wollen allerdings weiter machen, auch wenn die Motivation natürlich nicht besonderns hoch ist.

Das pikante an der Sache ist ja, dass die Zürcher Bevölkerung noch vor zwei Monaten Marthaler und sein Konzept am Theater per Volksentscheid bestätigt haben, ein merkwürdiger Verwaltungsrat aber nun Marthaler wegen einem Defizit von 2.2 Millionen Franken bei den Abos (ein Abo kostet 800 Franken im Jahr) gekündigt hat. Das ist in sofern ein Skandal, als dass die Spielzeit noch gar nicht angelaufen ist und die Stadt Zürich auch nicht gerade zu den ärmsten Städten gehört. Die erwirtschafteten im letzten Jahr einen Überschuss von sage und schreibe 576 Millionen Schweizer Franken. Am Geld kann es also nicht liegen. Offenbar gibt ein Gekungel hinter den Kulissen, wer das Haus übernehmen soll. Vielleicht hat man auch schon jemanden gefunden, der wieder das schnarchige Konzept nach Zürich bringt, das die letzten 30 Jahre das Theater da geprägt hat. Jedenfalls haben die Schweizer Theaterfreunde ein listiges Konzept ersonnen: Sie sammeln Geld fürs Theater. Sind die 2.2 Mios zusammen, werden dem Verwaltungsrat wahrscheinlich die Argumente knapp. Auf der anderen Seite: Was soll man von einer Stadt erwarten, die überall Schilder aufstellt, auf denen steht "Erlaubt ist... was nicht stört!"

Doppelt traurig ist es noch mit dem Hintergedanken, das Marthaler und seine Crew leider nicht nach Berlin kommen werden. Kann sich die Stadt nicht leisten.

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Das Kapital säuft

Heute in der SZ einen ganz interessanten Artikel über das Sterben des jungen Feuillitons gelesen. Von Roger Willemsen. Kann ich nicht leiden. Auch das sogenannte "junge Feuilltion" kann ich nicht besonders leiden, schon gar nicht das "Jetzt" Magazin, dass mir in seiner uneindeutigen Verschwurbeltheit und seinen völlig unpolitischen Ego Dogmen immer zu sehr am Geist der Zeit vorbei gehechtet ist. Aber so ein bißchen hat der Willemsen schon Recht, wenn er schreibt:

Ein paar Alte und in Arriviertheit Gealterte des Feuilletons verliehen darauf ihrem sublimen Behagen Ausdruck und machten die Kontaminierung des klassischen Feuilletons durch „Popliteratur“ für den Exitus verantwortlich. Ein paar Junge und in Arriviertheit jung Gebliebene schäumten zurück, verlangten dringend, der Kapitalismus möge sich nicht so kapitalistisch verhalten und die Alten nicht so alt. (...)

Der Popjournalismus erkannte, dass die vermeintliche Hochkultur gesellschaftlich längst Subkultur ist – außer im Feuilleton. Also stellte er seinen erweiterten Kulturbegriff gegen ein Feuilleton, das statt aus der Verhandlung der Letzten Fragen, aus der Reflexion, aus der sensitiven Zeit- Begleitung Stärke zu gewinnen, lieber einen exklusiven Bildungsbegriff ziselierte, der Passworte in Umlauf brachte.

Nichts ist so langweilig, wie der Feuilliton von heute. Die Resteverwertung der Vergangenheit, die mittlerweile so durchgekaut ist, dass nur noch winzige Fetzen mit der nuklearfokussierenden Sprache des Feuillitonisten exhumiert werden. Ein "Seht her, ich hab was Neues gefunden" gibt es nicht. Zumindest nicht im Feuilliton. Dass der nicht mehr gelesen wird, dass die Kulturwächter ihr Image mit dem eines Oberlehrers eingetauscht haben, ist ihre eigene Schuld. Man könnte ja mal über den eigenen Tellerrand blicken und schauen, was sich in Theater und Performance so tut. Der sinnlose Popjournalismus der vergangenen Jahre war wie eine von der Titanic erdachte Reaktion auf den Feuilliton. Ein Witz in sich selber, man dachte überhaupt nicht an einer Auseinandersetzung, ausser an die mit jenem inzestiösen Kreis der "Eingeweihten", die sich nicht nur gegenseitig lobten, sondern auch noch die Arbeit zuschoben. Das führte dann immerhin bis zu solchen komischen Büchern, wie das des Lebert Sohnes über sein Teenager-Dasein, das dann auch sofort von allen Kollegen des Vaters hübsch gelobt und in die Bestsellerlisten geschoben wurde. Gut, man kann so Bücher mal schreiben, aber dann kommt demnächst ein 12jähriger, der seine Erlebnisse aus der Sexta beschreibt. Ist ja selbst erlebt. Orginär. Erste Onanie-Erlebnisse. Pop eben.

Nun ist er aber erstmal weg, der Popjournalismus. Die Protagonisten sitzen in Thailand, Berlin, München und Hamburg und haben eins gemein. Zumeist sind sie arbeitslos. Das ist aber der eigentliche Skandal. Denn während die Verlagsmarketing-Fuzzies und Alt-68er Feuillitonschreiber genüsslich bei ihrem Lieblingsitaliener sitzen, hockt das geistige Kapital arbeitslos draussen rum und säuft.

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