Jaja, die Musikindustrie

Fand gerade bei argh.de diesen Brief welchen man ja nur unterschreiben kann.

Alles schön und gut. Nur: eigentlich ist es noch schlimmer. Denn die Labels sind arrogant, aufgeblasen und gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Es gibt eh nur noch EMI, BMG, Sony und Universal. Und der kleine Rest namens Zomba funktioniert genauso wie die Großen. Sie beherrschen den Markt, diktieren die Preise. Am Steuer sitzen BWL Studenten, die gerne Golf oder MX5 fahren, die Musik toll finden, die bei Radio NRJ läuft und ansonsten von nichts eine Ahnung haben. Diese Schleimer hat man seit Anfang der 90er Jahre in die Branche geholt, weil man effizient arbeiten, weil man noch mehr Marge am einzelnen Produkt machen wollte. Das Resultat ist bekannt.

Aber:

Man darf auch nicht vergessen, dass die Plattenfirmen mit ihren weit verzweigten Vertriebsmöglichkeiten und ihren immer noch gut gefüllten Kassen, auch Bands finanzieren, deren Musik eben nicht den klassischen MOR( Middle of the road) Hörer anspricht. Ob Bands wie Wired, Notwist, Three Mile Pilot, Swell, K`s Choice oder die frühren Radioheads, ohne einen großen Vertrieb würde man solche Bands nicht mal kennen. Das Problem sind nicht nur die Labels, sondern vor allem auch die Radiostationen, die uns seit über zehn Jahren mit Formaten wie "Die größten Hits der 70 und 80er uns das Beste von heute" quälen. Die Promotern standen mit ihren Muster CDs in den 90er Jahren oft verzweifelt vor den Marketingpennern der Radios und wurden ausgelacht. Die Industrie hat sich in dem Punkt nur den Vorgaben der Sender angepasst, als sie merkten, dass 90% ihrer Neuveröffentlichungen nicht mehr gespeilt wurden. Ich kann das in so fern beurteilen, als ich einer derjenigen war, die da ausgelacht wurden. Also besann man sich bei den Labels auf Schonkost, stellte die erwähnten BWL Monster ein und dachte, so wird alles gut.

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Wie der Neue Markt (NEMAX) erfunden wurde

Dieses Blog ist ja bekannt für seine investigative und schon-ungs-lose Arbeit an der Skandalfront. Hier wird angeprangert, aufgeklärt und getrun geforscht. So ist es mir jetzt gelungen, unter ein Einsatz meines Lebens ein Tonband in die Finger zu bekommen, welches darlegt wie der betrügerische "Neue Markt Index" (NEMAX) an der Frankfurter Börse gegründet wurde. Dieses erschütternde Dokument kann man hier nun in seiner vollen Länge nachlesen. So wurden die Anleger des NEMAX aufs Kreuz gelegt!

Irgendwann Anfang bis Mitte der 90er Jahr. Zwei Bankvorstände, sagen wir einer der Deutschen Bank und einer der Commerzbank. Nach einem entspannten Abend in einem Puff im Jahre 1995 sitzen sie zusammen nackt an der Bar. Vor ihnen ein gepflegtes Bier (Licher) in der Hand eine Zigarre. Im Hintergrund laufen "Die Flippers".

Bankvorstand 1 (BV1) : Na, wie läufts? BV2: Geht so. Die Umsätze. BV1: Ja, bei uns dasselbe. Die Scheiß Asiaten mit ihrer Rezession machen einem die verdammte Shareholder Value kaputt. Wie stehen wir denn bei der nächsten Aktionärsversammlung da? BV2: Ganz schlecht. Man müsste sich was einfallen lassen. BV1: Haha, noch mehr Versicherungen verkaufen? Gebühren erhöhen? Vielleicht sollte man argumentieren, dass die Herstellung von EC-Karten in Indien teurer geworden ist, und deswegen nun pro Karte leider 30 Mark verlangt werden müsse. BV2: Nicht schlecht, aber lohnt sich nicht, alle zwei Jahre. BV1: Vielleicht Sollbruchstellen einbauen lassen, dass die Karte alle 3 Monate am Arsch ist? BV2: Ne, auch zu wenig. BV1: Der Sommer will mit der Telekom an die Börse. BV2: Warum das denn? BV1: Der braucht Kohle wegen dieser Handygeschichte. Soll groß werden. Faselte was davon, das in drei Jahren jeder eins hat und dass das Internet da mit rein soll. BV2: Internet? Keine doofe Idee. BV1: Da brauchts aber noch ganz schön viel Support. Allein die Technik. Und im Internet gibts ausser Titten ja auch noch nichts zu sehen. BV2: Da bräuchte es also Firmen, die Inhalte liefern BV1: Ja. Einen Rechner haben die meisten ja schon zu Hause. BV2: Fehlt nur der Zugang zum Internet. BV1: Geht über Modem, bräuchte man nur eine Firma, die die Dinger billigst auf den Markt wirft. Könnte die Telekom machen. So ein Sonderpaket: Internetzugang und Modem für umme. Die ganzen Famlienväter, die nicht mehr auf ihre Frau wollen, werden scharf drauf sein. Pornos eben. BV2: Aber nur für Pornos lohnt sich das auf Dauer nicht. Das muss auch was anderes ein. Nachrichten. Bilder. Informationen. Man könnte das Bankgeschäfft darüber abwicklen. Spart uns Personal und die Gebühren bleiben trotzdem.. BV2: Hey, das ist eine Riesenaufwand. Die Hardware, die Technologie, der Content. Die Firmen gibt es nicht, die Leute sind nicht da. BV1: Gibt doch genug arbeitslose Akademiker. Die ganzen Informatiker. BV2: Die haben aber eine Kohle. BV1: Geben wir ihnen eben die Kohle. BV2: Okl. Dann haben wir hunderte von Firmen, die alle ein ein Geschäftsfeld wollen. Ist doch klar, dass es einen wahnsinnigen Konkurenzkampf geben wird. Da geht die Hälfte pleite und die Kredite sind futsch BV1: Stimmt. Ein Problem. Abgeschriebene Kredite sind nie gut im Geschäftsbericht.

Es wird neues Bier serviert

BV1: Aber wenn wir die Unternehmen an die Börse bringen würden...? BV2: Ja! Das ist DIE Lösung!. Aktien bringen Geld. Sagen wir, dass 30% der Firmen, die überleben, ihre Kredite auch zurückzahlen. Der Rest geht flöten. Dann hätte man aber immer noch daran verdient, dass man die Unternehmen überhaupt an die Börse gebracht hat. Man müsste vorher nur ein paar kleine Investmenthäuser aufkaufen. Irgendwas aus dem Ausland. Die stopfen Kapital da rein. BV1: Prächtige Idee! Die ausländischen Firmen organisieren das Kapital, wir machen die Beratung, erheben die Gebühren für den ganzen administrativen Quatsch. So verdienen wir richtig Geld dabei. Und die Kredite, die flöten gehen, schreiben wir über die Beteiligung an den neuen Investmenthäusern ab. Klasse Idee. BV2: Ja, ja. Schon. Also was brauchen wir: ein wenig Technologie; liefert Telekom. Content: liefert irgendein Idiot. Und wir verdienen auf beiden Seiten. Man, aber das ist schon ne wahnsinnige Luftnummer. Ist das legal? BV1: Tja, was können wir Banken denn dafür, wenn die Leute so blöd sind? Wir sind nur nett und helfen mit Krediten. Wieso sind wir das schuld? BV2: Halt. Damit die Aktien auch vernünftig laufen, müssen sie bekannt sein. Das geht nur über den DAX. Aber da bekommen wir sie neuen Aktien nie rein. BV1: Stimmt. Aber wir könnten Druck ausüben, das man eine Art neuen DAX gründet. Sowas wie die 2. Bundesliga. BV2: Findest Du nicht, das geht was weit? Ich meine, das Ding muss doch zusammenbrechen, wenn zeitlich begrenztes venture capital in einen Markt gepumpt wird und dann alle gleichzeitig ihre Kohle wiederhaben wollen. BV1: Ist uns doch egal. Denk einfach an Deine nächste Aktionärsversammlung. Ausserdem: Die Firmen, die überleben, bringen wir in den DAX oder kaufen sie über unsere Beteiligung an den Verlagen oder Bertelsmann oder Allianz auf. BV2: Stimmt. Aber die Börsenaufsicht auch noch bescheißen, ich weiß nicht. BV1: Stell Dich nicht wie ein Mädchen an. Brauchen noch einen Namen für den neuen DAX BV2: Ne Max, ich weiß nicht. Das klingt alles sehr utopisch. BV1: NeuDax, NewDax. Was hast du eben gesagt? BV2: Dass, das utopisch klingt, Max BV1: Hähä. Nemax. Neuer Markt Index. HäHä. Jetzt muss ich glatt noch mal ficken gehen.

Tonbandende

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Ist das so?

Ja sicher, sie müsste einsehen, dass das Glück nicht existiert, dass das Paradies nicht existiert, dass es nichts zu gewinnen oder zu verlieren gibt und man im wesentlichen nichts ändern kann. Und wenn du glaubst, die Verzweiflung ist alles, was einem dann bleibt, dann irrst du dich noch einmal, denn auch die Verzweiflung ist eine Illusion. alles was du machen kannst, das ist, dich Abends hinzulegen und morgens aufzustehen wenn es geht mit einem Lächeln auf den Lippen, und egal, was du denkst, es wird sich nichts ändern, du machst die Dinge nur noch komplizierter. [Philippe Djian -Betty Blue]

Eigentlich bin ich mit Djian durch , aber machmal....

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Kleine Gärten

"Hitler wollte uns nicht an den Kragen, Ulbricht und Honecker auch nicht, jetzt kommen die", schimpft der pensionierte Reichsbahner Dieter Grothe, 67... Interessante Aussage. würde bedeuten, dass der Turbokapitalismus schlimmer sei, als Hitler und/oder die DDR. Wenn man es wörtlich nehmen würde, wenn man den Artikel gelesen hat. Ich würde sowas ja nie behaupten, da man mit NS Vergleichen zur Zeit ja etwas vorsichtig sein muss. Aber neulich da hörte ich einen jungen Menschen sagen: "Der Nationalsozialismus hat rund 35 Millionen Menschen in 12 Jahren den Tod gebracht. Jährlich verhungern zur Zeit ungefähr die gleiche Zahl an Menschen weltweit." Ein sicher nicht statthafter, aber durchaus interessanter Vergleich. Nun sterben die Leute auch nicht, weil es den Burtalo-Kapitalismus gibt. Die würde auch sicher so sterben. Aber sie sterben auch, weil das Kapital eben nicht so fließt wie es fließen könnte.

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Das Böse in der Musik

...sitzt zumeist in den Konzernen. Sehr, sehr guter Artikel, bzw. Beginn einer Artikelserie über die Musikindustrie im neuen BrandEins. Kann man zwar auch so lesen, aber ein paar Käufer mehr tut der BrandEins sicher auch gut.

[Huch ich sehe gerade Aargh.de liest auch die BrandEins. Sehr schön]

Ich kenne die Musikindustrie ja aus eigener Erfahrung, sowohl als Journalist, als auch als Angestellter. Keine zehn Pferde würden mich mehr in diese Branche bringen, oder anders ausgedrückt, ich glaube, ich würde eher für die CSU arbeiten, als für SonyBMGUniversalEMIZomba. Dass denen der Laden zusammenbricht, konnte man schon zu Zeiten beobachten, als es noch gut lief. Wenn man frische BWL Jünglinge von der Uni holt, die als Produktmanager die Musik betreuen sollen, von selbiger aber keine Ahnung haben weil sie bisher nur Phil Collins hörten, dann darf man sich auch nicht wundern, dass diese Menschen irgendwann mal zur eigenen Joberhaltung auch den letzten Rest von musikalischem Verständnis sausen lassen, und einen kurzfristigen Erfolg einer Retortenband bevorzugen. Auch eben wegen der eigenen Gratifikation. Die Krise ist keine Krise der obersten Management, sondern des mittleren. Eben all die Golffahrenden Knallköppe, mit Fönfrisur, Ray-Ban, Boss After Shave und Mädels auf dem Beifahrersitz, die Kaugummi kauen, Schlüsselbänder um den Hals haben und niedliche kleine T-Shirts tragen und das Buch "Generation Golf" lesen oder Stuckrad-Barre. Ich sah die neulich alle, alle wieder, als ich bei der "House Warming Party" von Universal eingeladen war. Vier Jahre hatte ich einen sehr großen Bogen um die Branche gemacht und innerhalb von 2 Minuten wußte ich auch wieder warum. Aber die Häppchen waren lecker und für den GinTonic nahmen sie Bombay Sapphire. So schlecht kann es ihnen also nicht gehen.

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