Das Problem mit diesem Ergebnis, ist nicht das Ergebnis einer einzelnen Partei. Es ist ein Problem aller Parteien und der Art und Weise, wie man in den letzten 20 Jahren mit dem Wähler umgegangen ist. Das Vertuschen, Lügen und Verwischen von Wahrheiten, angefangen bei der Rentenlüge bis hin zu den hilflosen Versuchen die Krankenkassenbeiträge im Zehntelprozentbereich zu senken hat bei vielen Wählern wohl eins klar gemacht: Egal, was man wählt, man bekommt man Ende nie das, was einem am Anfang versprochen wurde. Diese Wahl verdeutlicht das Problem sogar noch, weil es aufzeigt, dass die Kluft zwischen denen, die was ändern wollen, aber nicht wissen wie, und denen, die lieber erst mal schauen wollen, bevor man eventuell noch mal was verändert, größer den je ist. Die Unsicherheit wächst aber in beiden Lagern, da man spürt, dass man Antworten auf drängende Fragen braucht, aber nicht weiß, wo und wie man sie suchen soll.

Ob eine große Koalition eine Lösung ist? Ich glaube nicht. Die große Koalition unter Kiesinger/Brandt wird gerne als „doch eigentlich gar nicht so unerfolgreich“ bezeichnet, und so werden die Notstandsgesetze und der Abbau der Staatsverschuldung genannt, der sich am Ende der Koalition in ein Haushaltsüberschuss gewandelt hatte. Das ist sicher richtig. Aber damals ging es um 700.000 Arbeitslose, nicht im 5 + X Millionen. Zudem bietet eine große Koalition keine Alternative, sondern nur einen eingefrorenen Frontverlauf. Als Brandt sich in den Meinungsumfragen vorne sah, tat er dann auch das einzig richtige: Er kündigte den Koalitionsvertrag und schuf so den Weg zu Neuwahlen, die dann mit dem bekannte Ergebnis endeten. Die letzten drei Jahre haben sich von der großen Koalition von 1969 nur dadurch unterschieden, dass es keine direkte Zusammenarbeit zwischen den beiden großen Parteien gegeben hat, sondern dass man den Umweg über die Vermittlungsausschüsse und den Bundesrat gewählt hat. Aber alle großen Entscheidungen, zum Beispiel Hartz IV wurden von SPD und CDU zusammen entschieden. Wir hatten also drei Jahre einer großen Koalition und weiter gebracht hat es niemanden. Noch mal zwei oder drei Jahre mehr mit einer gerupften CDU die sich in interne Machtkämpfe verwickeln wird und einer fröhlichen, aber völlig orientierungs- wie basislosen SPD? Noch mehr Vermittlungsausschüsse, Streitigkeiten, Hinterzimmerpolitik, windelweiche Erklärungen, halbgare Entschlüsse, politisches Intrigenspiel? Das ist Pest und Cholera zusammen und führt am Ende dazu, dass die PDS bei 20 % liegen wird. Und womit? Mit Recht. Denn die PDS war mit der FDP im Wahlkampf die einzigen, bei denen man das Gefühl haben konnte, dass sie klare Vorstellungen von dem haben würden, was sie machen wollen. Ob man den Positionen nun zustimmen möchte oder nicht, sei da hin gestellt.

Womit ich wieder beim Anfang wäre. CDU und SPD sind darüber gestolpert, dass sie nicht die Wahrheit sagen, dass sie sagen „Wir versuchen…“ und nicht „wir machen und es wird verdammt weh tun“ Das hätten sie schon in den 90er Jahren tun müssen, dass hätten sie 2005 sagen können. Je länger sie warten werden, je länger sie sich darum drücken und den Wählern weiterhin ein Macht- und Parteipolitisches Trauerspiel zumuten, desto schneller werden diese Argumente von Leuten besetzt, die eher am linken oder rechten Rand zu suchen sind. Der „große“ Verführer kommt nicht aus dem Nichts, er wird von den großen Lagern aus Ihrer Unfähigkeit zur Bewegung, aus ihren gewerkschaftlichen wie lobbyistischen Verstrickungen und aus ihrer Geringschätzung dem Wähler gegenüber geschaffen. Vielleicht wäre es deswegen besser, wenn man im Dezember einfach noch mal Neuwahlen ansetzt. Lieber drei weitere Monate Stillstand, als am Ende eine weitaus größere Katastrophe.

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Kanzler Duell II (Super Zusammenfassungsservice nur hier total exklusiv bei mir. Man kann also aufhören es schauen)

Fischer und Schröder schütteln permanent den Kopf und sagen Sachen wie "Ja, aber das haben SIE ja alles schlimm gemacht und SIE hatten damals doch keine Ahnung, warum sollten SIE diese heute haben, nehmen wir mal den Westerwelle weg, der war damals noch nicht dabei, aber zusammen sind sie trotzdem doof, mal sehen was wir machen, wenn wir gewählt werden, wahrscheinlich weiter, das wissen wir noch nicht."

Merkel und Stoiber schauen entsetzt und sagen: "Oh, SIE haben in den letzten sieben Jahren ja gar nichts gemacht. Und wir machen jetzt das und das und das und das und das und das und das und das und das, und wenn wir Zeit haben holen wir auch mal wieder Luft, und SIE sind total gemein, wenn sie sagen, das wir doofe Sachen wollen und zur gleichen Zeit nichts sagen, wie SIE das Schlimme was wir haben ändern wollen."

Westerwelle lächelt wie ein Mann, der sehr genau weiß, dass er Recht hat und nicht gewählt wird und sagt: "Also WIR machen das alles anders und zwar SO." Dann beleidigt er noch kurz Fischer und lehnt sich buddhistisch lächelnd zurück. Ich glaube er ist eingeschlafen. Er ist aufgewacht und sagt Sachen. Der einzige, der nicht brüllt dfür aber Sachzusammenhänge zusammenstellt. Sollten CDU/FDP die Wahl doch noch gewinnen, kann sich Frau Merkel bei Herrn Westerwelle bedanken.

Gysi ist auch dabei, darf aber nur wenig sagen, weil die anderen und die Moderatoren ihn nicht lassen. Wenn er was sagt dann in etwa: "Na, warten wirs doch mal ab und im übrigen habt IHR alle Unrecht und wenn wir könnten, würden wir alle glücklich machen, das hat mir Lafontaine gesagt."

Die beiden Moderatoren wollen sehr pfiffig und schlau wie Füchse sein, sind aber aber leider eher wie ein sehr, sehr alter Fisch, der lange in der Sonne gelegen hat.

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Dieser Text ist sicher nicht falsch. Ich beobachte das Problem mit Rente und Krankenversicherung nicht nur an mir, sondern auch in meinem Bekanntenkreis, wo es viele mehr oder weniger frei arbeitende Menschen gibt. Das überhaupt jemand eine private Rentenvorsorge UND eine Krankenversicherung gleichzeitig hat, kommt einfach nicht vor. Die meisten entscheiden sich dann für eine billige Privatversicherung und lassen die Rente Rente sein, weil eh sie davon ausgehen, dass zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich über das Thema wirklich Gedanken machen müssen, die Lage der Rentenkassen sowieso eine völlig andere und vor allem eine nicht absehbare sein wird.

Viel schlimmer ist dieses Klima der Unsicherheit, das überall herrscht. Wie lange es wohl mit den Aufträgen gut gehen wird. Oder wie lange man noch einen Job hat. Es sind nicht nur die Selbstständigen, die vor sich hinbibbern und nicht wissen, wie lange sie ihr finanzielles Umfeld stabil halten können. Den Angestellten geht es mittlerweile genauso. Wie lange bleibt die Firma profitabel? Wie lange braucht es noch bis irgendein Beratungsmensch meinen Job wegrationalisiert, um seinen behalten zu können? Mittlerweile herrscht offenbar in vielen Firmen ein Klima, dass man nur mit den Worten "blanke, panische Angst" umschreiben kann, zumal diese auch noch durch innerbetriebliche Intrigen gesponsert wird. Ich selbst hab noch in keiner Firma gearbeitet, in der Intrigen und üble Nachrede nicht an der Tagesordnung gewesen wären.

Und weil ja gerade Wahlkampf ist: Ich überlege seit Wochen, wem ich eigentlich meine Stimme geben soll und finde keine Lösung, weil mit alle den gleichen Mist erzählen, weil niemand auch nur eine leise Idee bereithält, wie man diese Stimmung im Land verändern kann. Wie man auch nur ansatzweise etwas zum positiven verändern möchte. Wie man das ja zweifellos vorhandene Geld vernünftig verteilt. Bei allen Parteiprogrammen die man so liest, bleibt am Ende der Eindruck, dass die von sehr verzweifelten Menschen geschrieben worden sind, die gerne möchten aber nichts wissen, hilflos herumstochern und sich ansonsten von Lobby- und Interessenverbänden sagen lassen, was gut sein soll. Den Nährboden für radikale oder populistische Parteien legt die heutige "Politelite" selber, wenn sie sich nicht bald was einfallen lässt.

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Duett Duell Nachlese:

  • Merkel, die immer so hübsch gegrinst hat nach ihren Antworten, so wie ein Musterschüler, wenn er die richtige Antwort gegeben hat und sich mit diesem "Ich hab alles richtig gemacht und gewusst" Zufriedenheitsgrinsen hinsetzt.

  • Schröder, dem man anmerkte, dass er sich nicht traute, dass zu sagen, was er denkt, weil er Angst hatte, dass man ihm das dann als Arroganz auslegen würde. Wohl zu Recht. Wirkte irgendwie leblos und gelangweilt und klang schon ein bisschen wie Altkanzler Kohl vor seiner Abwahl, als dieser nur noch über sich selber sprach.

  • Diese vier Moderatoren. Meine Güte, genauso ein Merkel Syndrom. Nach jeder Frage selbstzufriedenes Grinsen, diese Hoffnung, dass man es jetzt den beiden aber richtig gegeben hat, diese Klugheit, weil man sich doch zusammen diese ganzen heimtückischen Fragen ausgedacht hat, die die Politiker doch so richtig ins Schwitzen bringen sollten. Lächerliches Geschwätz, am schlimmsten Klöppel, der erst gar nichts sagte, und dann diese wirklich dämliche Frage nach Doris Schröder Köpf stellte um dann wieder in brummelndes Schweigen zu verfallen. Da war ja sogar die Christiansen ein inquisitorisches Schwert und hatte rasiermesserscharfe Fragen auf Lager. Und dieser Kausch, wie ein kleiner aufgeregter Junge, der ein neues Fahrrad ausprobieren darf. Letztendlich Statisten, die ihre Fragen stellten und wenn Merkel/Schröder nicht drauf eingingen, dann wurde nicht nachgehakt. Genauso wenig wenn es hieß, "...das steht doch in unserem Parteiprogramm". Hey, Journalistenhasis, wenn ich ein Parteiprogramm lesen soll um mich zu informieren, dann kann ich auch gleich auf die 90 Minuten Sendezeit mit "harten Fragen" verzichten und stattdessen "Grimms Märchen" lesen. Hätten das mal den Frank Plasberg moderieren lassen sollen.

  • Beim ZDF waren danach viele andere Politiker und Journalisten, aber auch Alice Schwarzer. Bei der ARD Hessen-Koch, Clement, ein entstaubter Nowottny eine komische Frau und Günter Jauch. Alice Schwarzer war die einzige, der aufgefallen ist, dass es bei der Diskussion nur um Geld, Geld, Geld und nicht um Werte oder Menschen ging. Als ob Geld der einzige Wert sei, mit dem man das Lebensgefühl eines Menschen beschreiben kann.

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Vielleicht ist das ja nicht allen klar, aber Spiegel Online und "Der Spiegel" haben nichts miteinander zu tun. Außer sich gegenseitig zu vermarken, natürlich. Aber inhaltlich zwei völlig verschiedene Redaktionen und Firmen, wenn auch miteinander verzahnt

Ich erwähne das deshalb, weil ich es schon wichtig finde, dass man darin unterscheidet, dass Sponline sich immer mehr zu einer Seite entwickelt, die gerne Tatsachen verdreht, während das Mutterblatt "Der Spiegel" gerne mal scheisse recherichiert. Oder besser formuliert: so rechechiert, wie es ihnen gerade in den Kram paßt, wie man auch spätestens seit der Windanlagen Story des "Spiegels" im letzten Jahr weiß.

Jedenfalls sollte man das schon bedenken, wenn man immer von "dem Spiegel" spricht und am Ende die Onlineausgabe meint. Man soll ja nicht immer alles pauschalisieren und in einen Topf werfen.

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