Sehr interessanter Artikel im Standard
"Die Herausforderung an professionelle Journalisten heutzutage ist nicht mehr, zuzuhören, sondern Bloggern beim Sprechen zu helfen", erklärte der britische Journalist und Web 2.0-Experte Paul Bradshaw in seinem Vortrag "Blogs and Journalism" anlässlich des 8. Wiener Globalisierungssymposiums am Donnerstag in Wien. Der Ausspruch, dass Journalisten einen ersten Entwurf der Geschichte verfassten, habe keine Gültigkeit mehr, so Bradshaw.
Aber: auch Bradshaw redet im Kern davon, dass "die Blogger" "den Journalismus" lernen müssen/sollten. Im Grunde ist es weiterhin die Diskussion, ob man Subjeltivität oder Objektivität in einem Artikel lesen will. Ich setze mich mit meinem Einsatz für Subjektivität gerne hier und da mal in die Nesseln. Ich bin weiterhin der Meinung, dass man eine subjektive Meinung in einem von einem Redakteur verfassten Artikel (nicht einer umgeschriebenen dpa Meldung) durchaus lesen sollte. Der Anspruch immer objektiv (unabhängig) sein zu wollen, ist ein performativer Widerspruch analog zu "Ich lüge immer." Man kann nicht niemals wirklich unabhängig und objektiv sein, was schon damit anfängt, dass man Meldungen kürzt oder erst gar nicht bringt.
Es gibt viele, die sagen, dass die Objektivität eines Artikels oder einer Zeitung wichtig sei, da sich durch die Politik eines Chefredakteurs und/oder eines Verlages eine politische Richtung schon heraus bilden würde. Das stimmt, wenn man sich das Spektrum der Zeitungen von der taz bis zur Bild anschaut. Doch in den meisten regionalen Tageszeitungen findet die Objektivität nur noch auf lokalen Sportseiten statt. Den Rest der Zeitung füllen dpa und PR Meldungen. Von einer selbst herbei geführten Objektivität kann da keine Rede mehr sein.
Im Grunde machen Blogs das, was früher eine gutbestückte Redaktion leisten konnte. Unterschiedliche Individuen mit einer Begabung fürs Schreiben werden ohne Beschränkung von der Leine gelassen und kommen Tage später mit leicht verquollen Augen und guten Geschichten wieder. Tatsächlich lesen sich meine RSS Feeds morgens wie eine Zeitung. Herr Knüwer schreibt über die Wirtschaft (und zwar so, dass man es verstehen kann), Udo Vetter übers Rechtssystem, dlisted über den neusten Klatsch, dogfood über Sport, das Hauptstadtblog über lokales usw. usf. Das tun alle sehr subjektiv, aber ich gebe mein Hirn ja nicht ab, wenn ich meinen Feedreader lese.
Und das sollte man auch nicht, wenn man die Zeitung liest. Zeitungen sollten Widerspruch auslösen, sollten zum Nachdenken anregen. Die Zeiten, in denen Zeitungen nur dazu da waren, die Menschen über das zu informieren, was in den letzten Tagen sonstwo passiert ist, sind angesicht von dutzenden von Nachrichtensendern und dem Internet vorbei. Und zwar endgültig. Das die meisten Zeitungen Leser verlieren, hat nicht (nur) damit zu tun, dass ihnen die Leser ins Netz abwandern, sondern damit, dass in ihnen nichts mehr steht, was einen interessieren oder aufregen könnte.
So sehr Blogs durchaus vom klassischen Journalismus was lernen können, so sehr sollte der Journalismus sich überlegen, wo er die nächsten Jahre noch hin will.
Wäre doch gelacht, wenn wir (also die Gemeinschaft der Blogger, Internetguerilla, Spaßterroristen, Nerds und leicht adipösen Autoren) da nicht ein paar Leute reinbekommen. Den Stefan Niggemeier zum Beispiel, oder Holgi, Johnny, ix, bov, Fefe, Frau Julie, Udo Vetter, Nico Lumma, Mekito, Malorama, Schwadroneuse, Sixtus, supatyp, SvenK, Marcel Bartels und noch irgendeinen, der dauernd übers vögeln schreibt. Leserbeirat. Was kommt als nächstes? Neudruck der Mao-Bibel?
Der Unterschied zwischen Qualitätsjournalismus und Bloggern?
Während die meisten Zeitungen und deren Websites nach dem TV Geständnis eines Fahrradrennprofis in der Sendung "Beckmann" mal wieder schreiben, wie verlogen die Rennszene doch sei, entdeckt dogfood in seinem Blog mit Hilfe einiger Leser, dass die ARD das Interview an einer wichtigen Stelle völlig kommentarlos und ohne eine Erklärung für die Zuschauer, mit einem Pfeifton belegt hat und liefert die gelöschte Passage gleich mit. Lesen konnte man das nur in diesem Blog, und jenen, die das Thema verlinkt haben. SZ? Sponline? Focus? Stern? Fehlanzeige.
Kurze Zusammenfassung: Beim US Bookmarksammeldienst digg.com, gab es in den letzten Tagen massiv Ärger. Ein User hatte einen Code gepostet, mit dem man den Kopierschutz von HD-DVDs angeblich knacken kann. Daraufhin nahmen die Betreiber der Seite die Meldung runter, zu mal sie rechtlichen Ärger befürchten. Eine Vielzahl von Usern postet darauf den Code wieder und wieder, mokierte sich über Zensur und löste eine kleine Revolution aus. Am Ende gaben die digg.com Betreiber nach und harren jetzt der (rechtlichen) Dinge, die da eventuell kommen.
Ich sehe das gar nicht so negativ wie es bei Johnny anklingt. Dass sich die User bei digg.com durchgesetzt haben, ist eine interessante Geschichte. Zum einen hätte digg.com die Geschichte auch aussitzen können. Sie sind mittlerweile groß genug, dass sie einen kleinen Sturm aushalten könnten. Man hätte vielleicht etwas Schlagseite bekommen, aber verschwunden wäre man deswegen noch lange nicht. In ein paar Wochen wäre die Sache vergessen gewesen.
Man kennt das Spiel aus Foren und dem Usenet. Informationen, mit welchen Programmen oder Tricks man einen Kopierschutz umgehen kann, kursieren dort schon länger. Doch während solche "Hacker" Foren schwer zu finden sind und meist eine Zugangsbeschränkung haben oder vermeintliche Infos mit Trojanern geliefert werden, ist nun zum ersten Mal auf einer bekannten und offenen Plattform eine solche Information aufgetaucht. Und sie ist nicht gelöscht worden. Wenn man es ein wenig historisch überhöht darstellen möchte, dann hat das Volk gegen die Industrie einen Sieg geholt. Keinen großen, keinen wichtigen, aber einen Interessanten. Die Schwarmintelligenz hat es möglich gemacht.
Nun sind Massenbewegungen auch immer etwas mit Vorsicht zu genießen. Ich bin kein Freund großer Menschenmassen, sie machen mir meist Angst, weil eine zunächst vielleicht sinnvolle Massenbewegung gern auch mal ins Hysterische umschlägt. Zudem sind Massen leicht zu manipulieren, dass kennen wir ja hier aus erster Hand. Eine interessante Frage ist aber, ob die Schwarmintelligenz des Netzes eine Masse darstellt, oder nur eine Ansammlung von Individuen, die zufälligerweise in einem Moment das gleiche Rechts/Unrechtsverständnis haben.
Mein Massenverständnis, und wahrscheinlich das der meisten Menschen, steckt noch irgendwo in den 60er/70er/80ern fest. Man erreicht nur etwas "gegen die da oben", wenn man sich solidarisiert, an die Hand nimmt und auf die Straße geht. Möglichst noch mit einem Bettlaken, auf dem was Sinnvolles steht. Demonstrationen rochen in den 60ern noch nach Revolution, in den 70ern waren sie schon demokratischer Alltag. Oder anders ausgedrückt: Der Staat hatte erkannt, dass von einer Demo prinzipiell keine Gefahr ausgeht. Dementsprechend werden Demos vom Staat und der Wirtschaft ignoriert. Der Protest von Millionen von Menschen konnte weder den NATO Doppelbeschluss noch Hartz IV verhindern.
Im Netz passiert was anderes. Niemand verabredet sich, keiner schreibt Flugblätter, aber es finden sich in Windeseile hunderte, wenn nicht tausende von Menschen, die mit der ihnen zur Verfügung stehenden minimalen Meinungsmacht in wenigen Stunden ein Thema so aufbauschen können, dass es für Firmen eng werden kann. Das konnte man ja selbst im deutschen Blogdorf schon mehrfach erleben. Doch diese Form der politischen oder gesellschaftlichen Meinungsäußerung ist neu. Sie formiert sich unsichtbar, sie kann nicht gefilmt werden, man muss keine Genehmigungen einholen und kann nicht von der Polizei kontrolliert werden.
Diese Form der "Masse" ist neu und, so weit ich weiß, wenig bis gar nicht erforscht. Es ist keine Masse im klassischen Sinn, denn würde man versuchen, auch nur einen Teil derjenigen, die Mails an digg.com geschickt haben zu einem klassischen Protest auf der Straße vor deren Zentrale zu bewegen - kaum einer würde kommen. Ein wenig scheint diese Masse wie ein Flashmob zu funktionieren. Man taucht blitzartig auf, macht einen Heidenlärm und verschwindet ebenso schnell wieder.
Ich finde das spannend, weil sich eine völlig neue Form des Protests zu formieren scheint. So etwas hat es in der Geschichte der Menschheit in der Form noch nicht gegeben und es wird interessant sein, wie man in Zukunft versuchen wird, den Informationsfluss zu steuern. Denn je mehr Menschen ungehinderten Zugang zu Informationen haben werden, desto mehr Informationen werden verfügbar sein. Je mehr davon verfügbar sind, desto schwerer wird es werden Gesetze, die die Freiheits- und Bürgerrechte beschneiden, en passant mal so eben durchzuwinken. Das konnte man in den letzten Monaten auch in Deutschland ansatzweise bei den geplanten Überwachungsgesetzen beobachten. Weniger demokratische Länder sind sich des Dilemmas, dass ihnen das Internet beschert bewusst, und versuchen den Zugang zu Informationen zu beschränken. Während auf der eine Seite in China zehntausende von Menschen täglich das Netz nach nicht genehmen Informationen durchforsten und bestimmte Seite sperren, arbeiten mindestens genauso viele Menschen daran, diese Infos auf einem anderen Weg wieder verfügbar zu machen.
Die Sache bei digg.com ist im Grunde unwichtig, aber die Bewegung, die dahinter steckt, ist es nicht und mit den bisherigen Definitionen von "Volks-" oder "Massenbewegung" kommt man da nicht weiter.
Du meine Güte, ich müsste ja eigentlich gerade was anderes machen, aber bei solchen Sätzen kann ich einfach nicht anders.
"Ich versuche unseren Merchants beizubringen, dass ein Blogger mindestens 5,00 Euro pro Blogartikel verdienen sollte [...]"
Aus einem Interview Gespräch mit Max Klinger von blogpay.eu in einem pdf Magazin, dass sich "BlogInside" nennt und von blogpay.eu kommt. Da drin sind noch mehr Klopper, versteckt, aber am meisten hat mich dann doch das Titelbild erheitert. Auf dem Titel des Magazins des Word Dokuments sieht man ein Ei, dass in einem dieser lustigen Eierbecher mit Füssen steckt, welcher vor einer Tastatur steht. Auf dem Ei liegt ein Stück billiger Scheibenkäse. Eine bessere Kritik wäre mir zu diesem Magazin Dokument auch nicht eingefallen. Super auch die Telefonnummer, bei der man sich in der Redaktion melden kann. Es ist eine 0180er Nummer für 0,12 € / Minute.
Via Großbloggbaumeister. Dort vermutet man in den Kommentaren eine perfide Aktion zur kommenden documenta.