Lieber Herr Mehdorn,
Ich kann das verstehen, dass Sie, bzw. ihr Unternehmen Geld braucht. Kost ja bestimmt ne Menge Geld, so ne Bahnstrecke von Köln nach Frankfurt durchs Nirgendwo zu legen, damit man knapp 45 Minuten schneller da ist. Und mit 300 Sachen durch Montabauer zischen kann.
Auch die neuen Preise sind schon toll, oder? Sie sagen wird alles billiger. Der frühe Bucher fängt den Wurm. Stimmt. 40% kann man sparen, wenn man 7 Tage im voraus bucht. Nicht erwähnt haben Sie allerdings, dass das Platzkontingent limitiert ist. 10% aller Sitzplätze sind Frühbucherplätze. Wenn die weg sind, dann gibt's eben nur noch den vollen Preis. Da macht es ja fast gar nichts mehr, dass diese Tickets auch auf einen bestimmen Zug an einem bestimmten Tag gebunden sind. Verpass ich den, weil das Meeting, oder doch 30 Minuten länger gedauert hat, weil ich mit dem Taxi im Stau stand, dann muss ich nur 45 Euro für die Umbuchung zahlen. Das ist natürlich fair. Jeder wird einsehen, dass er dazu noch die Differenz zwischen Plan&Spar- und "normalem" Fahrpreis bezahlen muss. Schließlich fällt ja auch Verwaltungsaufwand an.
So sollen nämlich die Passagiere besser auf die Züge verteilt werden. Das klappt bestimmt. Besonders die Pendler, die immer zur gleichen Zeit fahren werden davon profitieren. Zum Beispiel die, die immer von Berlin nach Köln fahren. Oder nach Hamburg. Oder die, die von München nach Stuttgart fahren. Sollen die doch ihren Chef bitten, dass sie einfach was früher nach Hause können. Oder eben mal länger arbeiten, bis der nächste Zug fährt. Tut auch der Wirtschaft gut. Außerdem können 10% der Pendler ja 40% sparen! (War es nicht früher so, das man mit Bahncard 50% sparen konnte, jeden Zug nehmen, den man wollte ohne Umbuchungsgebühren? Na, wir wollen jetzt mal nicht spitzfindig werden!)
Sehr schön auch die Idee, die Bahncard nur noch mit 25% Preisnachlass zu gestalten. Jetzt ist endlich Schluss mit diesen Studenten, die für billig mal eben irgendwohin fahren wollten und die Züge verstopft haben. Und das es keine InterRegios mehr gibt, sondern nur InterCitys, die aber wie InterRegios aussehen und deren Strecken abfahren, man dafür aber einen InterCity Zuschlag zahlen muss, vertreibt das langhaarige Pack sicher auch aus den Zügen.
Auch gut finde ich, dass Sie nun das Solidaritätsprinzip in der Gesellschaft stärken wollen. Der erste Fahrgast zahlt 100% des Preises, und bis zu vier Mitfahrer dann nur noch 50%. Ein Ticket kostet also 100 Euro, vier weitere zusammen 200. Macht zusammen 300 Euren, geteilt durch 5 Mitfahrer sind das dann nur 60 Euro pro Nase. Was? Mit der alten Bahncard wären es nur 50 Euro pro Person gewesen? Aber es geht auch nicht um Geld, sondern um Solidarität. Ich kann mir schon vorstellen, wie die Menschen da in Trauben vor den Schaltern der schicken Reisecenter stehen und diskutieren, wer mit wem mitfährt. Das verkürzt sicher die Schlangen vor den maximal zu 50% geöffneten Schaltern. Ach so, die Reisecenter werden zum größten Teil geschlossen, weil man im Internet buchen soll. Da kann man sich nicht so absprechen. Sie Schlingel, Sie, das haben sie sich aber hübsch ausgedacht.
Na ja. Die Strecke zwischen Köln und Frankfurt war eben teuer. Was können Sie auch dafür, dass ein Flugticket von Berlin nach Köln bei der Deutschen BA wenn man 14 Tage im voraus bucht 140€ kostet. Bei der Bahn wären es 120€ im Frühbuchersystem. (Von den Lufthansa Herbst-Special für 88 € einmal ganz zu schweigen, denn auch das ist streng kontingentiert) Dafür braucht der Zug 4 Stunden in denen man was von Deutschland sehen kann.
Ich jedenfalls bin zuversichtlich, dass mit diesem neuen Preissystem die Menschen in Scharen die hässlichen Flughäfen verlassen werden, und endlich wieder Bahn fahren. Mit den besten Grüßen
Ihr treuer Bahnkunde Don Dahlmann