Ich hatte es ja schon hier einmal kurz angedeutet, an anderer Stelle wurde auch schon berichtet. Knallgrau stellt die finanzielle Unterstützung für das Literaturprojekt "Mindestenshaltbar" mit sofortiger Wirkung ein. Das ist, nach mehr als zweieinhalb Jahren, ihr gutes Recht. Ich habe das Projekt im letzten April übernommen und bin Knallgrau für die Unterstützung in dieser Zeit sehr dankbar. Immerhin ist es das noch einzig verbliebende größere Literaturportal für Blogger/Autoren, dass es überhaupt gegeben hat. Knallgrau sucht nun ehrenamtliche Verwalter und Redakteure für die Seite, da sie sonst komplett eingestampft wird. Das Archiv soll aber weiter verfügbar sein.
Ich habe in den letzten Wochen überlegt, ob ich "Mindestenshaltbar" in Eigenregie weiterführen soll, mich aber am Ende dagegen entschieden. Zumindest für diese Form eines Portals. Das hat zum einen zeitliche und finanzielle Gründe, zum anderen denke ich aber auch, dass man für Literatur, die aus dem Netz kommt, eine andere, vielleicht zeitgemäßere Form finden muss. Ich hatte diese Woche ein Treffen mit jemanden, dem durchaus etwas ähnliches wie mir vorschwebt und wir sind zumindest mal übereingekommen, dass wir uns zusammen etwas überlegen werden. Ein Grundgerüst ist da, die Frage ist nur, wie man es füllen soll.
Leider hat sich das Projekt inhaltlich nicht weiterentwickeln können, da auch das Geld fehlte. Ich hatte im Frühjahr noch die Idee gehabt, die Seite aktueller zu gestalten, auch um von der monatliche Erscheinungsweise weg zu kommen. Das hätte aber bedeuet, dass MH eine neue grafische Gestaltung hätte bekommen müssen, nebst einem Umbau des dahinter liegenden CMS. Ich wollte mehr Bewegung auf der Seite schaffen, mindestens zweimal die Woche eine neue Geschichte featuren, das Monatsthema aber trotzdem beibehalten. Hat leider nicht mehr geklappt, der finanzielle Aufwand wäre auch erheblich gewesen. Dass Knallgrau dieses Geld nicht aus dem laufenden Projekten rausziehen kann und möchte, ist nachvollziehbar und verständlich, wenn natürlich auch bedauerlich. Aber man kann ein solches Projekt, das nur schwer refinanzierbar ist, nicht komplett in den Vordergrund stellen, wenn man etliche Angestellte hat.
Dass "Mindestenshaltbar" (neben vielen anderen Projekten im Bereich der Literatur) nicht so funktioniert hat, wie man sich das vielleicht mal gewünscht hat, liegt wohl auch in der allgemeinen Entwicklung der deutschen Blogszene begründet. Drehte sich in der Anfangszeit der Blogs fast alles nur um lange Geschichten und eine gewisse, neue Form der Literatur, ist das in den letzten zwei bis drei Jahren deutlich anders geworden. Da muss ich noch nicht mal mit dem Finger auf jemanden zeigen, sondern kann einfach mein eigenes Blog als Beispiel nehmen. Meine Erfahrung bei MH ist auch, dass das Interesse für Kurzgeschichten und "Literatur aus dem Netz" verschwindend gering ist, selbst wenn man hochkarätige Autoren an der Hand hat. Ich würde aber nicht sagen, dass die Literatur aus dem Netz tot ist. Wie man bei Lesungen immer wieder sehen kann, ist das Interesse groß. Die Frage ist nur, wie eine Plattform aussehen muss oder kann, damit sie in der Lage ist, die unterschiedlichen Sprachrichtungen des Netzes bündeln und zu dem den Autoren eine Möglichkeit bietet, sich einem größeren Publikum vorstellen zu können. Mit einem reinen Textportal, bei dem die Autoren aus "Ruhm und Ehre" nichts bekommen, ist das sicher nicht realisierbar. Hier wäre auch mal der Mut der Verlage gefragt, die sich bei diesem Thema aber bekanntermaßen sehr bedeckt halten.
Etwas traurig bin ich über die nun zu Ende gegangene Zusammenarbeit schon. Ich möchte an der Stelle ein sehr großes "Danke Schön!" an alle Autoren richten, die in den letzten Monaten immer wieder neue, schöne, spannende, traurige, lustige oder kurz gesagt, sehr lesenwerte Geschichten "Mindestenshaltbar" zur Verfügung gestellt haben. Da kann man ja noch so tolle Pläne haben - ohne Autoren geht halt einfach nichts. Mal sehen, wie es weiter geht.