Nico regt sich auf. Felix auch. Und ich hab mich hier auch schon mehrfach über die Dinge gewundert, die so täglich zum Thema "Demokratie", "Datenschutz", "Persönlichkeitsrechte" an mir vorbei ziehen. Ich hab sie natürlich seit Ende der 90er Jahre und die langen Diskussionen um den großen Lauschangriff wahr genommen, aber wie alle andern auch, verschwanden die Begriffe im weißen Rauschen der Nachrichten. Auch nach dem 11.September 2001 schwappte das erstmal an mir vorbei. Patriot Act? Naja, die irren Amis halt. Hier herrscht ja eine ganz andere Situation. Aber in den letzten, sagen wir mal zwei Jahren, hat mich das Thema doch immer wieder beschäftigt. Was in vielen Fällen aussah wie eine "Zwischendurch Lösung", ist nun zum festen Bestandteil des Alltags geworden. Das sind meist aber nur Gesetze, die wieder in den großen Gesetzbüchern verschwinden und ein relativ stilles Dasein fristen. Der Normalbürger vergisst die Aufregung schnell und wendet sich dem nächsten Thema zu.
An manchen Dingen aber kann man die Veränderungen mit bloßem Auge sehen. Schönstes Beispiel sind die Botschaften der USA und von Großbritannien in Berlin. Auch vor 9/11 waren diese gut bewacht, meist mit Mannschaftswagen und einer Absperrung die vor der Tür stand. Nach 9/11 wurde, aus Sicherheitsgründen, die Straße vor den Botschaften gesperrt. Vorübergehend natürlich. Es wurden einfache Absperrgitter aufgestellt, dazu viel Polizei. Fünf Jahre später ist die US Botschaft eine Festung. Mit Wachhäuschen, Betonabsperrung und Polizisten die, die Touristenströme bewachen. Die britische Botschaft ist eine ebenfalls eine Festung, gelegen hinter hübsch glühenden Poller im Knight Rider Look.
Es verändert sich also doch etwas. Es sind nicht "vorübergehende Maßnahmen", die irgendwann schon wieder verschwinden werden. Es sind Fakten, die geschaffen werden. Und warum sollte man die wieder rückgängig machen wollen? Warum sollte man eines der Gesetze, selbst wenn es seine Unsinnigkeit unter Beweis gestellt hätte, wieder abschaffen?
Und wie viel von diesen Dingern gibt es überhaupt? Es rauschen so viele Begriffe täglich an einem vorbei, dass man schnell den Überblick verliert. Videoüberwachung. Handyüberwachung. Sicherheitsgesetz. Anti-Terrorgesetz. Dazu die anderen Nachrichten. Tote Kinder, Naturkatastrophen, Hartz IV. Man vergisst so schnell. Und ist es am Ende wirklich so schlimm? Bewegt man sich auf einen Staat zu, der mehr Angst vor seinen Bürgern zu haben scheint, als der Bürger vor dem Staat hat, obwohl es umgekehrt sein müsste? Es hat mich interessiert, wie viel Meldungen, Texte und Nachrichten zum Thema "Bürgerrechte" ich so finde. Also habe ich ein Blog aufgemacht und gesammelt. Das war am 24. Juni. Zusammen mit ein paar anderen Blogger haben wir Meldungen gesammelt. Nicht zwanghaft, einfach so, wie man über sie gestolpert ist. Ich dachte ja: pro Monat werden es vielleicht zwei, drei Einträge. Mittlerweile sind 39 Einträge. In vier Monaten. Das ist erschreckend viel.
Man fragt sich immer, was man angesichts der bröckelnden Bürgerrechte tun kann. Sich darüber aufregen ist ja eine Sache. Aber damit überhaupt etwas passiert, muss man sich der Problematik überhaupt erstmal gewahr sein. Denn wie erwähnt - Gesetzestexte sind schnell vergessen, wenn man nicht von ihnen betroffen ist. Es ist wie bei einer Krankheit. Solange man sie selber nicht hat, oder jemanden kennt, der sie hat, solange ist die Notwendigkeit sich damit zu beschäftigen auch nicht gegeben. Manche Dinge kann man aber per Prävention vermeiden. Es kommt also auch bei so was abstrakten und eigentlich nicht greifbaren, weil immer dagewesenem wie den Bürgerrechten darauf an, dass man sich erstmal bewusst wird, was man verliert. Aber im Gegensatz zur verlorenen Gesundheit, lassen sich Rechte relativ simpel wieder einrichten. Und allein das Sammeln von Meldungen aus diesem Themenbereich, allein die Häufung von diesen Meldungen hat mich sensibler gemacht für dieses Thema.
Was also tun? Da wären folgende Möglichkeiten: Lesen. Einfach lesen. Vielleicht ein wenig aufmerksamer alles beachten, was mit Bürgerrechten und Demokratie zu tun hat. Man kann sich Fragen stellen. Man kann seinen Abgeordneten anschreiben. Schließlich kann man wählen und damit eine Entscheidung treffen. Und wenn man möchte, dass man auch in Zukunft seine Wahl selber mittels Kugelschreiber ausfüllen kann, dann kann man bei einer Petition unterschreiben, die die Abschaffung von Wahlmaschinen fordert. Bekommt man 50.000 Unterschriften zusammen, geht die Sache vor den Petitionsausschuss.
Nachtrag: Joerg Olaf Schäfers wies mich zu Recht auf den Fehler hin, dass man keine 50.000 Unterschriften benötigt um eine Petition einzureichen. Wie und warum das genau funktioniert, beschriebt er in seinem Blog
Und wer Lust hat, der kann auch beim Blog mitmachen. Hinweise immer an mich unter den bekannten Mailadressen.