Mal auf Kinder, Katzen, Kanarienvögel usw. aufzupassen ist normal. Als freundlicher Mensch macht man so was. Vertretungsweise red ich auch ein bisschen mit anderleuts Zimmerpflanzen, wenn’s denn sein soll. 'Blog Gießen' ist allerdings neu im Programm. Da kenn ich mich bisher weder mit der Dosierung noch der Frequenz aus. Aber Herr Dahlmann meint das mache nichts. Hier müsse man sich keine Sorgen machen, wie im gemeinsamen Heimatdorf für ‚Erlebnisschrott’ oder ‚Befindlichkeitskram’ gegeißelt zu werden. Inzwischen herrscht da drüben zwar eher aufregungslose Altersmilde, aber hey, was waren wir streng damals.. Vor gefühlten 1000 Jahren, als das Internet für die Meisten noch eine ziemlich neue, sattgrüne Spielwiese war und von Blogs weit und breit nix zu sehen. Immerhin wirken einige der seinerzeit gesetzten Maßstäbe – auch in energisch Richtung echter feuilletonistischer Berühmtheit weiterdrehenden Welten – noch immer nach. Und so outet man sich mit einer kleinen Reverenz nicht automatisch als Vorgestriger. Ich jedenfalls schau gerne mal nach, was aus Leuten und Orten geworden ist, die ich aus Gründen mal mochte. Schon erstaunlich, auf wie viele Fleisch- bzw. Beton-gewordene Klischees man dabei stößt und beim Aufschreiben nichts, aber auch gar nichts dazu erfinden muss:

Herr H. und die Zufriedenheit Sven-Erik hat endlich Ordnung im Leben. Das liegt an Siri, die eigentlich ganz anders heißt, aber ihren richtigen Vornamen kann Sven-Erik ebenso wenig aussprechen wie sie den seinen. Wohl auch der Einfachheit halber nennen sie sich gegenseitig nur 'honey'.

Viel miteinander reden können sie ohnehin nicht. Er spricht kein Thai, sie kein Deutsch, und sein Englisch ist nur ein bis zwei Tick weniger rudimentär als ihres. Aber das ist nicht schlimm, sagt Sven-Erik. Sie verstehen sich auch ohne nennenswerten Wortschatz und Grammatik. Wenn sie kurz vor Mittag fragt "honey, I cook you?“ antwortet er "yes honey, i have hungry" und 15 Minuten später stellt sie mit strahlendem Lächeln köstliches Essen auf den Tisch.

Honey putzt, wäscht, bügelt, kocht, flickt, dreht die Joints vor und tut auch ansonsten alles um Honey zu erfreuen. Wer die beiden übers Wochenende besucht, fühlt sich ein bisschen wie in einer Endlosschleife der ‚Mai Ling’ Episode von Polt.

Trotzdem sieht es so aus als seien die rund 25.000 Euro, die Sven-Erik letztes Jahr für Auslöse und Eheschließung zu zahlen hatte, vernünftig angelegt. Nach zwei gescheiterten Ehen mit Deutschen und etlichen ruhmlosen Versuchen mit taiwanesischen Frauen war er irgendwann auf Brautschau nach Phuket geflogen, wo er die Bar- und Bordellangebote systematisch durchkämmte und dabei auf Siri traf. Anfang 30, keine Schönheit, aber nett und lustig und im wettbewerbsgetriebenen Sexdienstleistungsgewerbe erfolglos genug, um sich von Sven-Eriks Ganzkörperverfettung und miserablen Umgangsformen ebenso wenig abschrecken zu lassen wie von Neurodermitis-Schorf an sehr sichtbaren Stellen.

Nach einigen „Überprüfungstestläufen, Du weißt schon...“ mit weiteren Thai-Damen, die sich ebenfalls nicht leisten konnten in Sachen Kunde wählerisch zu sein, stand fest: Siri wird’s. Tschaptschap und ab dafür. Obwohl sie rein finanziell kein wirklich guter Deal war, aber "Loyalität, gute Versorgung und sexuelle Kompatibilität, darauf kommt’s doch an,“ meint Sven-Erik und dass man sich das ruhig was kosten lassen darf.

Wie Siri das sieht, weiß man nicht genau. Jedenfalls scheint sie entschlossen, diese Ehe harmonisch zu führen. „I happy. Can do…”, sagt sie und brät sich eine eigene Portion Phat Thai, weil Sven-Erik immer schimpft wenn nur ein Hauch zuviel Chili und/oder Knoblauch in seinem Essen ist.