Ein paar Nachwuchsautoren haben mich und andere Blogger was gefragt.
Ach ja, Lobo, Du alter Rhododendrenschubser, ich warte immer noch auf die Bunny DVD, die ich mit meiner Stimme veredeln durfte.
1) Was macht das Phänomen Blogs für Dich aus? Das jeder eine Stimme hat. Im Grunde die Umsetzung einer alten Utopie, dass jeder eine Stimme hat, die gehört werden kann und das alle Stimmen gleich laut sind. Es ist faszinierend zu sehen, welche Menschen sich ein Blogg zu legen, und wie man in deren Leben eintauchen kann. Ich habe in meinem RSS Reader Blogs von ehemaligen Strafgefangenen, englischen Sprachwissenschaftlern oder depressiven Teenager aus einer Kleinstadt in den USA. Dazu die direkte soziale Komponente. Ich habe über mein Blog Dutzende von Menschen kennen gelernt, von denen einige Freunde geworden sind. Außerdem glaube ich, dass Blogs die größte Partnerschaftsbörse sind, die man im Internet finden kann. Die Blogszene verlinkt sich quasi auch gerne bis ins Bett hinein.
2) Was ist das Spezielle an der deutschsprachigen Blogosphäre? Dadurch, dass die deutsche Blogszene relativ klein ist, hat sie einen hohen "Kuschelfaktor". Gemeint ist: man kennt sich schnell, verlinkt sich und kommentiert auf den jeweiligen Blogs. Dadurch, dass es vielleicht nur 30 oder 40 Blogs gibt, die von den meisten Bloggern gelesen werden, ist es möglich, dass Geschichten, die sonst unter Tisch fallen, neben den klassischen Medien an die Öffentlichkeit zu bringen. Wobei man ehrlich sagen muss, dass so etwas in der deutschen Blogszene bisher noch nicht in dem Maße passiert ist, wie man es aus den USA kennt. Das Spezielle ist zurzeit, dass die Szene so klein ist, und scheinbar nur langsam wächst, wenn man sie der Blogszene in Frankreich oder Italien vergleicht. Vor allem fehlt der politische Bezug. Es gäbe genügend Themen, die man bearbeiten könnte, allein fehlen die Autoren. In Deutschland gleiten politische Diskussionen leider oft immer noch auf langweiliges Stammtischniveau ab. Das hat aber auf der anderen Seite auch etwas damit zu tun, das der Journalismus in Deutschland so was wie ein hermetisch abgeschirmtes Gebiet darstellt. Wenn man versucht, sich ohne amtlichen Presseausweis irgendwo zu akkreditieren, stößt man meist auf Granit. An Informationen oder Gesprächspartner kommt man nur, wenn man mit dem Presseausweis wedelt. Wenn man der Politik vorwirft, sich würde sich zu sehr von den Menschen entfremden, muss man auch sagen, dass es der deutsche Journalismus mit seiner Vereinsmeierei es genauso macht. Von daher ist es schwer für einen an der Politik interessierten und textlich begabten Menschen aus dem Nichts ein politisches Blog mit Hintergrundinformation zu starten.
3) Wie könnten Blogs zu einem Wirtschaftsfaktor werden? Blogs an sich gar nicht. Die Bloghoster, die es in Deutschland gibt, wären ja an erster Stelle als Wirtschaftsfaktor zu nennen, aber selbst die tun sich schwer. Ich denke, das Blogs nur für die jeweiligen Autoren zu einem interessanten Wirtschaftsfaktor werden können, in dem sie Blogs als Selbstvermarktungsplattform nutzen. Man kann sich als freier Journalist durch ein Blog durchaus neue Kunden erschließen. Vielleicht werden in Zukunft Blogs oder deren Autoren von Verlagen eingekauft, um den Online Auftritt einer Zeitung aufzuwerten.
4) Ist Dein Blog für Dich beruflich relevant, und wenn ja, wie? Ja und Nein. Ich habe zwei Blogs, die regelmäßig befülle. Mein eigenes (don.antville.org) hat bisher keine berufliche Relevanz in einem direkten Sinne. Allerdings habe ich durch meine Tätigkeit als Blogautor schon diverse Einladungen bekommen, über dieses oder jenes Thema in anderen Publikationen zu schreiben. Das aber ein Text direkt aus dem Blog in ein anderes Medium übernommen wurde, ist noch nicht passiert. Das Blog dient also höchstens als Eigenwerbung und als Möglichkeit, ein wenig "Büffetbloggen" zu betreiben. Sich also auf Veranstaltungen einladen zu lassen, um dann etwas darüber zu schreiben. Beim meinem anderen Blog (formel1blogg.de), das ich zusammen mit Felix Schwenzel führe, sieht das schon etwas anders aus. Wir haben im Herbst 2005 den Versuch gestartet, ein nicht eben Blogaffines Thema wie den Motorsport, in ein Blog zu bringen. Das war nicht leicht und wir arbeiten auch nach fast einem Jahr noch daran, das Thema zu gestalten. Aber interessanterweise habe ich auf dieses Blog,schon mehr Anfragen bzgl. Werbung und Kooperationen bekommen, obwohl es deutlich weniger Zugriffe als mein Hauptblog zählt. Im ersten Halbjahr 2006 habe ich erkannt, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gibt, sich hier ein weiteres journalistisches Standbein aufzubauen, das ein paar Einnahmen generiert.