Frau Kaltmamsell hat ein Stöckchen liegen lassen, welches ich gerne aufnehme und an folgende Menschen weiterreichen möchte
1. Was fällt dir zu deinem ersten Kochversuch ein? Nur schlimme Dinge. Die allerallerersten Versuche bestanden darin, die Ravioli aus der Dose geschmacklich zu verbessern. Dazu habe ich folgende Kombinationen ausprobiert:
Mit Grillgewürz -> Nicht so zu empfehlen. Es sei denn, man steht auf Ravioli, die so schmecken, als hätten sie einen ganzen Abend lang auf einem völlig verrußten Grill gelegen.
Mit normalen Ketchup & unfrischen Pfeffer -> Das war schon eine größere Herausforderung, da das Ketchup den Pfeffergeschmack süßlich überdeckte, was dazu führte, dass man mehr Pfeffer an die Sosse schütten musste, weswegen es dann zu scharf wurde usw. usf. Noch heute verspüre ich einen gewissen Stolz, dass ich irgendwann die richtige Mischung herausgefunden habe.
Mit Pizzagewürz -> Meine Mutter, sonst eine sehr gute Köchin, hat schon immer einen Hang zu Trockengewürzen in Tüten gehabt. Wir hatten immer eine riesige Schublade voll mit Maggi, Knorr und sonstigen Gewürzmischungen, die man alle 15 Jahre komplett entsorgte, weil sie nie benutzt wurden. Ich entdeckte also irgendwann, so mit 16 oder 17, die Tüte mit dem Pizzagewürz und hatte folgende Rechnung: Pizza = Italien, Ravioli = Italien. Gewürz + Ravioli = Superitalien. Zu meiner großen Überraschung stimmte die Rechnung aber nicht. Das gilt im übrigen auch für Rechnung: Raviolifleischfüllung = Gehacktes. Gehacktesgewürz = Lecker Ravioli mit mehr Gehacktesgeschmack.
Kalt -> Man kann Ravioli sehr gut kalt aus der Dose essen.
2 . Wer hatte größten Einfluss auf deinen Kochstil? Meine Mutter, denke ich mal. Das, was man in den prägenden Jahren so essen muss, trägt sicher eine Menge dazu bei, wie man später zu essen pflegt. Es gibt bis heute Dinge, die ich nur bei meiner Mutter esse. Dazu gehören: Linsensuppe, Tafelspitz und ein ganz besonderer Nudelauflauf. Auch wenn ich die Rezepte habe, komischerweise schmeckt es bei meiner Mutter immer ein Stück besser, als zu Hause. Der andere Einfluß ist ein Wort: Einfachheit. Mich reizt ein einfaches Essen, ohne viel Brimborium, oft mehr, als überkanditelte Menükompositionen. Wenn ich lese "Gugelhupf in Traminergelee, Parfait im Baumkuchenmantel mit gebratener Rehleber", denke ich: Warum kann ich die Leber nicht einfach mit Zwiebeln und Äpflen haben? Und was ist ein Tramiergelee? Klar, esse ich gerne ausgefallene Dinge und wenn ich Froschschenkel auf einer Karte entdecke, würde ich gerne mal kurz meine Tierliebhaberrei vergessen und die Dinger essen. Da es sie nur noch in irgendwelchen dubiosen Ecken in Frankreich gibt, esse sie eben nicht mehr. Auch keine Schildkrötensuppe. Aber genauso glücklich machen mich Sachen wie eine frische Pasta mit ebenso frischem Tomaten und einem Stück dunklem Brot.
3. Gibt es ein altes Foto als Beweis für frühes kulinarisches Interesse? Nein.
4. Leidest du an irgendeiner Art von kulinarischer Phobie? Kümmel. Widerlich.
5.1 Welches Hilfsmittel in der Küche schätzt du am meisten? Messer. Sehr, sehr scharfe Messer. Ohne vernünftiges Messer in der Küche sage ich dauernd "Ich kann so nicht arbeiten", weswegen ich seit einiger Zeit immer ein Allzweckmesser mitnehme, wenn ich irgendwo fremd koche.
5.2. Welches Hilfsmittel war der größte Reinfall? Küchenmaschine. Imm Prinzip sind die Dinger toll, weil man alles damit machen kann. Dummerweise sind fast alle hässlich und nehmen wahnsinnig viel Platz weg. Noch schlimmer ist allerdings die Reinigung von den Dingern, so dass man am Ende meist mehr Zeit damit verbringt, die Maschine wieder sauber zu bekommen, als wenn man die Karotten von Hand geraspelt hätte.
6. Nenne eine seltsame oder verrückte Essenszusammenstellung, die du wirklich magst - und wahrscheinlich niemand sonst! Ich bin völlig normal. Früher hatte ich mal so eine Phase, wo ich Leberwurst mit Pflaumenmus gegessen habe, aber da bin drüber weg.
7. Auf welche drei Zutaten kannst du nicht verzichten? Komische Frage. Das ändert sich ja je nach Gericht. Ansonsten muss immer Haus sein: Nutella, diese merkwürdige süß-scharfe Thaisosse und Schwarzbrot.
8. Dein Lieblingseis? Keine Experimente. Schokolade und Vanille. Neulich in einem Anflug von Wahnsinn mal Joghurt-Brombeere gegessen. Schlecht geworden.
9. Was wirst du nie essen? Es gibt Grenzen, die ich nicht überschreite. Warmes Affenhirn, Katzen, Hunde, Ratten, Meerschweine, Käfer. Wobei Käfer auch nur eingeschränkt stimmt. Ich hab schon in Honig glasierte Heuschrecken gegessen. Leicht bitter und knackt wie ein Stück Toblerone beim reinbeissen. Während in Ameisen in Honig eher zischen, wenn man draufbeißt. Ich esse auch keinen Hummer, weil ich nichts essen möchte, was bei lebendigen Leib in kochendes Wasser geworfen wird. Ansonsten leider auch Froschschenkel.
10. Dein Spezialgericht? Aus dem Handgelenk immer eine Pasta Limone. (Sahne, Zitrone, frische Petersilie, fertig.) Ansonsten mein Chili, ein Rotweingulasch und Lachs auf Orangenvierteln.
11. Welche Frage fehlt hier? Was, glaubst du, war Deine größte kulinarische Tragödie aller Zeiten?
Hier möchte ich der Einfachheithalber aus dem sehr lesenswerten Buch "Fein gehackt und grob gewürfelt" von Julien Barnes zitieren:
"Wir befinden uns in der Küche eines Akademikerhaushalts in London Ende 1995 oder Anfang 1996. Es ist Essenszeit; Gäste schlendern herein und warten, dass Ihnen ein Platz an einem langem, blankgescheuertem Tisch zugewiesen wird. Auf einer Anrichte steht ein Teller, auf dem etwas Rundes, Braunes und Schwabbeliges liegt, das eindeutig keinen schönen Anblick bietet - im Grunde so etwas wie ein Kuhfladen. Teilnahmsvoller Gast: Chocolate Nemesis? Gastgeberin: Ja Teilnahmsvoller Gast: Nichts geworden? Gastgeberin: Nein Teilnahmsvoller Gast: Das ist immer so