Ein entfernter Onkel, vormals dekorierter Nazi, gab den bemerkenswerten Spruch von sich "Was soll das alles, was brauch ich einen Personalausweis. Ich weiß wie ich heiße, und wenn der Staat das wissen will, dann kann ja fragen." Der mir damals einzig bekannte Mensch mit einer eigenen Adresse meinte: "Wenn ich den Fragebogen bekomme, dann zerreis ich den und schmeiß ihn in den Müll." Das war sehr mutig, wie ich fand, drohte der Staat doch mit Zwangsgeldern und Haft, sollte man nicht antworten. Es ging um die Volkszählung 1983 und die Angst, dass der "Staat" dem "Bürger" hinterher schnüffelt, dass es ihn ausspioniert und am Ende die erfassten Daten in großen Computern sammelt und vielleicht dazu nutzt, seinen Bürger besser kontrollieren zu können.

Nun unterstellt man diesem Staat ja nicht unbedingt, dass er wild geworden ist. Wie schnell ein Staat, bzw. ein Staatsapparat, aber aus Angst um das eigene Überleben, sich gegen seine Bürger stellen kann, ist hinlänglich bekannt. Die ehemalige DDR ist da nur das jüngste Beispiel. Also muss man sich keine Sorgen machen, wenn man im Moment, die Erstellung von DNS Datenbanken, Pässen mit biometrischen Dateninhalten und RFID Chips seitens des Staates überdenkt? Vielleicht nicht, auch wenn mir manchmal die Frage im Kopf rumhuscht, wo eigentlich der Unterschied zwischen den "Geruchsproben" im Archiv der Stasi und einer genetischen Datenbank des BKA sein soll. Die Krankenversicherungen haben auch so ihr Interesse an diesen Datenbanken. Das jemand mit einer genetischen Disposition für eine Herzerkrankung in Zukunft mehr zahlen muss, ist keine Utopie. Und hintenrum arbeiten vor allem private Biodatenbanken in Zusammenarbeit mit etlichen Krankenhäusern schon seit Jahrzehnten an der Zusammenfassung solcher Daten [Quelle] Aber das nur nebenbei.

Was mich stört, ist diese schleichende Veränderung, die ein Staatsgebilde durch macht. Immer mehr wird der Eindruck erweckt, der Staat habe sich vor seinen Bürgern zu schützen. Der Staat ist immer rein und im Recht, und es sind die Elemente von aussen, die ihn bedrohen. Ich hab den (diesen) Staat immer als ein Gebilde betrachtet, der aus der Mitte seiner Bürger erwächst, der versucht ein System zu etablieren, in dem möglichst alle bequem leben können, der sich, dank Wahlen, regulieren lässt. Manchmal keimt in mir der Gedanke auf, dass der Staat sich verselbstständigt hat, dass es er lieber die Bürger reguliert, als dass er sich regulieren lässt. Er schafft sich unter dem Vorwand, immer mehr Kontrolle für immer mehr Sicherheit des einzelnen zu schaffen, eine Distanz zum Bürger, den er unter den Generalverdacht stellt, weil ja jeder einzelne vielleicht mal etwas tun könnte das ein Gefahrpotential einschließen würde. Ich höre wohl Worte wie "Prävention" und "Gefahrenabwehr", aber ich weiß nicht, wovor sich der Staat mit oben genannten Mitteln eigentlich schützen muss? Man wird keinen Kindermörder von seinem Tun abhalten können und einen islamitischen Terroristen, der hier in Deutschland einen Anschlag plant, wird man mit den erwähnten und geplanten Datenbanken und vernetzten Ausweisen auch nicht stoppen können. Man wird ihn noch nicht mal finden, denn der hat keinen deutschen Pass.

Die Volkszählung 1983 wurde ja Ende gekippt vom Bundesverfassungsgericht und Ernst Benda, damals einer der Richter, begründete dies in einem Interview wie folgt:

Mit dem Recht auf informelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der der Bürger nicht mehr wissen könnte, wer, was, wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. Wer damit rechnet, dass etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird, und dass ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte verzichten. [Quelle]