Dienstag, 31. Oktober 2006

Hier im Prenzlauer Berg hat sich die Situation mittlerweile entspannt. Gegen 18.00 Uhr hatte es aber noch völlig anders ausgesehen. Horden von Doppeltes-Einkommen-Patchwork-Eltern Kinder zogen jammern und heulend in Geistergewändern durch die Strassen und rempelten Passanten an. Ungefähr 240 Milliarden Thorben, Svenja und Malte rotten sich dann zusammen und stürmen die Hausflure. So wurde bei mir zwischen 18.09 Uhr und 19.41 ca, 750mal geklingelt. Da ich nix im Hause hatte, außer einer alten Wurst, 12 Weinbergschnecken und eine Adenovirensammlung im Tiefkühlschrank, habe ich die Schnecken angeboten. Immerhin noch innerhalb des Verfallsdatum. Undankbares, verwöhntes Prenzlauer Berg Kinder-Pack Gewusel. Nachdem ich die Holzsplitter wieder aus meinem Auge gefummelt hatte, die von dem Baseballschläger des 5jährigen stammen, der sich als Zombie verkleidet hatte, konnte ich auch meine Katze wieder befreien, die sich auf der Flucht vor einer sechsjährigen in zerrissenem Armani Pullover ("Ich bin Kate Moss, Du Blödian) auf meinem Rücken festgekrallt hatte. Fünf Minuten später stand der kleine Junge mit dem Baseballschläger wieder vor der Tür und entschuldigte sich. Ich hab mich bedankt und ihm eine der beiden Orangen gegeben, die ich vor meinen USA Urlaub gekauft und unter der Spüle vergessen hatte. Die andere habe ich noch etwas später der Mutter des Zombies hinterher geworfen, als diese sich beschweren wollte. Diese neuen Feiertage machen einen fertig. Ich bin sehr dafür, dass auch für solche Tage in den Supermärkten eine Vorwarnzeit von mindestens drei Monaten eingehalten wird. Also so ab Juli Halloween Produkte. Ich gebe zurück an die angeschlossenen Funkhäuser.

Nachtrag 01.11: Da hab ich ja sogar nochmal Glück gehabt könnte man meinen.

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Wenn ich sowas lese oder andere Berichte über das Thema "Grundeinkommen" entdecke. Wenn ich mir das Buch von Friebe und Lobo anschaue, dann keimt in mir der Verdacht auf, dass der Marxismus doch noch nicht so ganz tot ist, wie es lange ausgesehen hat. Allerdings scheint es sich nicht um den klassischen und vor ein paar Jahren mit Pauken und Trompeten untergegangenen Sozialismus östlicher Bürokratenprägung zu handeln. So wie es aussieht ist es etwas, was ich "Kapitalistischen Pippi-Langstrumpf-Marxismus" nennen würde. Ein "Ich mach den Marxismus wie er gefällt" Marxismus, kombiniert mit zwar, verstaubten, aber immer noch brauchbaren Liberalismus Krempel.

Was ich ja an beiden Ansätzen, also Grundeinkommen hier, ich arbeite wie, wann und für wen ich will da, interessant finde, ist der Wunsch, den regelwütigen Staat, vor allem dem Sozialstaat, in seine Schranken zu weisen. Da gibt es offenbar, und Ixens Beobachtung des Publikums scheint das zu bestätigen, eine ziemlich große bürgerliche Schicht, die sich aus mittelständischen Unternehmern und in der Gesellschaft angekommenen Spät-Hippies der 70er Jahre zusammensetzt, die nicht nur enttäuscht von der Handlungsunfähigkeit des Staates sind, sondern auch eingesehen haben, dass man wohl selber was tun muss, damit sich was ändert. Denn die Handlungsunfähigkeit des Staates und sein zielloses rumfummeln an den Sozialsystemen verfolgt zumindest der Westen schon seit Anfang der 70er Jahre. Wer sich auch nur eine Wiederholung einer „Tagesschau vor 25 Jahren“ anschaut, wird überrascht sein, wie sich nur die Gesichter, aber nicht die Worte verändert haben.

Auf der anderen Seite scheint genau dieser Ärger über die Politik dann auch so langsam bei deren Vertreter angekommen zu sein. Das gilt zum Beispiel für die Bereiche Strom, Gas und so weiter. Wobei der Aktionismus wohl eine Mischung aus praktischem Populismus und Frust ist. Denn die ehemals defizitären Staatsunternehmen werfen jetzt satte Gewinne ab, aber gleichzeitig sorgen die neuen Herren über Gas, Wasser, Strom auch dafür, dass die Strompreise seit 2000 um 35% gestiegen sind. (Quelle: Spiegel, Ausgabe 42). Und fröhlich weiter steigen. Warum auch immer. Jetzt erinnern sich viele Menschen (mich eingeschlossen), die in den 90er Jahren die Übergabe des Energiesektors an die Neocons befürwortet haben, dass die Energiepreise bis Ende der 90er Jahre trotz diverser Kriege und Ölkrisen und weniger Atomstrom aus Russland, ziemlich stabil gewesen sind, und Stromausfälle eine absolute Seltenheit waren. Und weil man nun laut nachdenkt drohen Manager der Energiekonzerne völlig unverhohlen dem Staat und dem Bürger damit, das Stromausfälle wie in den USA auch in Deutschland keine Seltenheit werden sollte sich die Politik nicht aus den Geschäften der Energiewirtschaft raushalten. Da regt sich wohl bei einigen Politikern mittlerweile der Verdacht, dass eine Staatswirtschaft, jedenfalls in wichtigen Kernbereichen, so schlecht auch nicht war/ist. Das Wort "Verstaatlichung" wird zwar nicht in den Mund genommen, wohl aber das Wort "Kontrollkommission", was der Grund ist, warum die Energiewirtschaft nicht nur verbal Amok läuft. Und wie ernst es einigen Politikern zu sein scheint, sieht man an der Ankündigung von SPD Fraktionschef Peter Struck, dass der Bund bei weitern Entlassungen bei der Telekom seinen Einfluss über die restlichen 30% Aktienanteile kräftig bemerkbar machen würde

Ich finde die Entwicklungen, zusammen mit dem Untergang der Neokonservativen Ideen in den USA, ziemlich spannend und ich vermute mal frech, dass das neue Jahrtausend auch neuen Antworten auf die in den letzten 30 Jahre angehäuften Probleme wird finden müssen. Denn mit den alten wirtschaftlichen, sozialen und staatsphilosophischen Ansätzen wird das wohl nix. Nebenbei: seit 150 Jahren hat sich ja grundsätzlich kein neues Staatsphilosophisches System mehr entwickelt, sondern man hat nur die bestehenden weiterentwickelt. Wäre ja auch mal wieder Zeit, dass sich die Regierungsformen ändern. Ob nun als Resultat einer Zusammenlegung von alten Idee, oder durch etwas völlig anderes. Mal sehen, was der Pippi Langstrumpf Marxismus noch so hervor bringt.

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Montag, 30. Oktober 2006

Nico regt sich auf. Felix auch. Und ich hab mich hier auch schon mehrfach über die Dinge gewundert, die so täglich zum Thema "Demokratie", "Datenschutz", "Persönlichkeitsrechte" an mir vorbei ziehen. Ich hab sie natürlich seit Ende der 90er Jahre und die langen Diskussionen um den großen Lauschangriff wahr genommen, aber wie alle andern auch, verschwanden die Begriffe im weißen Rauschen der Nachrichten. Auch nach dem 11.September 2001 schwappte das erstmal an mir vorbei. Patriot Act? Naja, die irren Amis halt. Hier herrscht ja eine ganz andere Situation. Aber in den letzten, sagen wir mal zwei Jahren, hat mich das Thema doch immer wieder beschäftigt. Was in vielen Fällen aussah wie eine "Zwischendurch Lösung", ist nun zum festen Bestandteil des Alltags geworden. Das sind meist aber nur Gesetze, die wieder in den großen Gesetzbüchern verschwinden und ein relativ stilles Dasein fristen. Der Normalbürger vergisst die Aufregung schnell und wendet sich dem nächsten Thema zu.

An manchen Dingen aber kann man die Veränderungen mit bloßem Auge sehen. Schönstes Beispiel sind die Botschaften der USA und von Großbritannien in Berlin. Auch vor 9/11 waren diese gut bewacht, meist mit Mannschaftswagen und einer Absperrung die vor der Tür stand. Nach 9/11 wurde, aus Sicherheitsgründen, die Straße vor den Botschaften gesperrt. Vorübergehend natürlich. Es wurden einfache Absperrgitter aufgestellt, dazu viel Polizei. Fünf Jahre später ist die US Botschaft eine Festung. Mit Wachhäuschen, Betonabsperrung und Polizisten die, die Touristenströme bewachen. Die britische Botschaft ist eine ebenfalls eine Festung, gelegen hinter hübsch glühenden Poller im Knight Rider Look.

Es verändert sich also doch etwas. Es sind nicht "vorübergehende Maßnahmen", die irgendwann schon wieder verschwinden werden. Es sind Fakten, die geschaffen werden. Und warum sollte man die wieder rückgängig machen wollen? Warum sollte man eines der Gesetze, selbst wenn es seine Unsinnigkeit unter Beweis gestellt hätte, wieder abschaffen?

Und wie viel von diesen Dingern gibt es überhaupt? Es rauschen so viele Begriffe täglich an einem vorbei, dass man schnell den Überblick verliert. Videoüberwachung. Handyüberwachung. Sicherheitsgesetz. Anti-Terrorgesetz. Dazu die anderen Nachrichten. Tote Kinder, Naturkatastrophen, Hartz IV. Man vergisst so schnell. Und ist es am Ende wirklich so schlimm? Bewegt man sich auf einen Staat zu, der mehr Angst vor seinen Bürgern zu haben scheint, als der Bürger vor dem Staat hat, obwohl es umgekehrt sein müsste? Es hat mich interessiert, wie viel Meldungen, Texte und Nachrichten zum Thema "Bürgerrechte" ich so finde. Also habe ich ein Blog aufgemacht und gesammelt. Das war am 24. Juni. Zusammen mit ein paar anderen Blogger haben wir Meldungen gesammelt. Nicht zwanghaft, einfach so, wie man über sie gestolpert ist. Ich dachte ja: pro Monat werden es vielleicht zwei, drei Einträge. Mittlerweile sind 39 Einträge. In vier Monaten. Das ist erschreckend viel.

Man fragt sich immer, was man angesichts der bröckelnden Bürgerrechte tun kann. Sich darüber aufregen ist ja eine Sache. Aber damit überhaupt etwas passiert, muss man sich der Problematik überhaupt erstmal gewahr sein. Denn wie erwähnt - Gesetzestexte sind schnell vergessen, wenn man nicht von ihnen betroffen ist. Es ist wie bei einer Krankheit. Solange man sie selber nicht hat, oder jemanden kennt, der sie hat, solange ist die Notwendigkeit sich damit zu beschäftigen auch nicht gegeben. Manche Dinge kann man aber per Prävention vermeiden. Es kommt also auch bei so was abstrakten und eigentlich nicht greifbaren, weil immer dagewesenem wie den Bürgerrechten darauf an, dass man sich erstmal bewusst wird, was man verliert. Aber im Gegensatz zur verlorenen Gesundheit, lassen sich Rechte relativ simpel wieder einrichten. Und allein das Sammeln von Meldungen aus diesem Themenbereich, allein die Häufung von diesen Meldungen hat mich sensibler gemacht für dieses Thema.

Was also tun? Da wären folgende Möglichkeiten: Lesen. Einfach lesen. Vielleicht ein wenig aufmerksamer alles beachten, was mit Bürgerrechten und Demokratie zu tun hat. Man kann sich Fragen stellen. Man kann seinen Abgeordneten anschreiben. Schließlich kann man wählen und damit eine Entscheidung treffen. Und wenn man möchte, dass man auch in Zukunft seine Wahl selber mittels Kugelschreiber ausfüllen kann, dann kann man bei einer Petition unterschreiben, die die Abschaffung von Wahlmaschinen fordert. Bekommt man 50.000 Unterschriften zusammen, geht die Sache vor den Petitionsausschuss.

Nachtrag: Joerg Olaf Schäfers wies mich zu Recht auf den Fehler hin, dass man keine 50.000 Unterschriften benötigt um eine Petition einzureichen. Wie und warum das genau funktioniert, beschriebt er in seinem Blog

Und wer Lust hat, der kann auch beim Blog mitmachen. Hinweise immer an mich unter den bekannten Mailadressen.

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Ja, die Seite lädt gerade zumeist sehr langsam. Das liegt nicht am neuen Layout, sondern am Antville Server. Um die Ladezeiten zu verkürzen, habe ich alle Skripte und Counter erstmal rausgeworfen. Deswegen geht der Trackback zur Zeit nicht, aber das sollte helfen.

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Sonntag, 29. Oktober 2006

Das Imperium schlägt in Münster gnadenlos zurück. Niggemeier muss leider draussen bleiben.

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