Samstag, 14. April 2007

Ich gebe gerne zu, dass ich ein harmoniebedürftiger Mensch bin. Diskussion ja, auch, wenn es sein muss, mal lauter, aber im Grunde mag ich keinen handfesten Streit, vor allem dann nicht, wenn er ins persönliche abrutscht. Ich mochte schon immer das Motto, dass jeder seine Meinung haben soll, solange er sie niemanden aufzwingt. Und auch wenn man fundamental anderer Meinung ist, und glaubt, der andere sei jetzt aber dann doch wirklich sehr doof, bedeutet dass noch lange nicht, dass man denjenigen persönlich angeht. Ich bin sehr gut, wenn es ums ignorieren geht, und Menschen, mit denen ich keinen Konsens herstellen kann, ignorier ich halt und es macht mir noch nicht mal Mühe.

Deswegen war die re:publica eine sehr feine Veranstaltung. Ich musste nur sehr wenige Menschen ignorieren, und mit den Menschen, mit denen ich irgendwann mal eine Auseinandersetzung hatte, die nicht so richtig geklärt war, habe ich gesprochen und die Dinge, so hoffe ich, geklärt. Allein dafür haben sich die drei Tage gelohnt,

Ich gebe Frank, dessen Meinung ich jetzt mal stellvertretend für einige andere gleichlautende hier verlinke, aber auch durchaus recht, dass der Kongress inhaltlich ein wenig darunter litt, dass es zu viel Harmonie gab. Allein das Thema "Werbung" hätte es verdient gehabt, dass man es kontroverser angeht. Aber dass dies nicht geschah lag nicht an Willen derjenigen, auf einem Podium als Quasi-Verantwortliche die Kommerzialisierungstendenz der Blogszene auf sich zu nehmen, sondern an der Abwesenheit derjenigen, die mit guten Argumenten sich dagegen wenden.

Der Eindruck, dass es halt leichter ist, hinter der eigenen Firewalll zu bloggen, anstatt sich in eine persönliche Diskussion zu begeben, bleibt da halt haften. Von denjenigen, die sich in den letzten Wochen in diversen Einträgen und Kommentaren zu Wort gemeldet haben, und die die Befürworter von Werbung in Blogs teilweise persönliche massiv angegangen sind, hatte kein einziger die Eier, in Berlin persönlich aufzuschlagen. Während die einen auf einer öffentlichen und durch die old media durchaus skeptisch beäugten Bühne saßen und sich der Kritik gestellt haben, zogen die Kritiker es vor, lieber aus der Ferne ihre Meinung zum Besten zu geben. Von der Kritik an den Kritikern möchte ich als einzigen Don Alphonso ausnehmen, weil er oft genug bewiesen hat, dass er seine Kritik auch im persönlichen Gespräch äußert. Eine Auseinandersetzung zwischen Sascha Lobo und ihm, hätte dem Kongress sicher eine netten Kick gegeben.

Das es keine großen und massiven Auseinandersetzungen gegeben hat, war aber vielleicht auch gar nicht so schlecht, denn es entwickelte sich eine sehr offene Atmosphäre. Mario Sixtus merkte sicher zu Recht an, dass das auch daran lag, weil man auf dem Kongress keine glattbügelten, festangestellten Menschen aus der PR Branche sehen konnte, sondern sehr viele Menschen, die mit ihren persönlichen Ideen und Expermimenten versuchen, im und durch das Netz zu leben. Es gab viel Offenheit für neue Ideen, viel Skepsis gegenüber der Einstellung, dass man mit dem Netz reich wird und einen breiten Konsens, der durch viel Hoffnung getragen wird, dass die deutsche Blogszene kurz vor einer Politisierung steht, die weit ab von alt hergebrachten Demonstrationsaufrufen mit einer gewissen Listigkeit und viel fundierten Informationen über den Verlust von Bürgerrechten und anderen Dingen aufklärt. Als Beispiel mag das Thema Abmahnung dienen. Wer vor wenigen Jahren eine unberechtigte Abmahnung kassiert hatte, der stand alleine da. Jetzt gibt er bei Google bestimmte Suchbegriffe ein, und findet schnell Hilfe in Blogs und Foren.

---schnipp---

So - jetzt will ich nach drei Tagen Blogs und Blogger aber mal ein Wochenende nix mehr davon hören. Meine Katze hat die für sie ungewohnte Abwesenheit meinerseits eh mit extrem schlechter Laune quittiert, die sie im Gegensatz zu manchen Menschen auch deutlich äußert. Und man möge mir bitte glauben, dass es anstrengender ist eine schlecht gelaunte Katze zu beruhigen, als einen Blogger, der sich wegen was auch immer aufregt.

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