Wenn man sich mal wirklich schwer langweilt. Oder wenn man sich mal ablenken möchte. Oder auch amüsieren, je nach Gemütslage eben. Wenn man also all diese unterschiedlichen Dinge erleben und machen will, dann sollte man sich abwechselnd erst diese Seite und dann diese Seite anschauen, bzw. lesen. Ich habe immer noch nicht ganz verstanden, worum es da eigentlich genau geht, ausser, dass Mario Dolzer etwas damit zu tun haben soll. Auf jeden Fall erwecken die Einträge den Eindruck, es handele sich um zwei keuchende, ineinander verbissene Pitbull-Terrier.
Also, das war so: erst schreibt der Außenpolitik-Chef der Süddeutschen Zeitung, Stefan Kornelius, einen Kommentar, in dem er folgendes schreibt:
Die Seuche Internet garantiert, dass die Bilder auf immer abrufbar sein und - so weit der Begriff in diesem Zusammenhang erlaubt ist - kulthaften Status annehmen werden.
Das hat Stefan Niggemeier gelesen, der daraufhin Herrn Kornelius unter anderem gestern Mittag in einer Mail antwortete:
Würden Sie im Zusammenhang mit CDs mit rechtsextremen Texten, die Neonazis vor Schulen verteilen, auch von der „Seuche Musik“ sprechen? Muss man angesichts der antisemitischen Fernsehserien u.a. auf den Hisbollah-Sendern von der „Seuche Fernsehen“ reden?
Daraufhin hat sich Herr Kornelius nach Redaktionsschluss kurz noch Zeit genommen, und Herrn Niggemeier geantwortet:
Oder wollen Sie es etwa als Errungenschaft der Menschheit bezeichnen, dass ich eine Hinrichtung weltweit anschauen kann? Halten Sie es für einen moralischen Gewinn, dass mit Lynch-Bilder Politik gemacht wird? Ist es für Sie ethisch zwingend, dass all dies nun für Kinder zugänglich ist?
Natürlich ist das Internet dafür verantwortlich, dass sich Dinge, wie das Video von der Exekution eines ehemaligen Diktators, schnell verbreiten. Viel schneller als alle arabischen und vermutlich auch westlichen Server auf denen das Video wie durch Zauberhand knapp 48 Stunden nach der Exekution auftauchten, waren aber die Zeitungen, wie zum Beispiel die "Bild", die körnige Photos des ganzen Schauspiels gleich auf die erste Seite packten. Sich darüber aufzuregen, dass das Internet Schuld an der Verbreitung dieser Bilder sei, ist allenfalls überflüssig. (Ah, ich sehe gerade, Mercedes Bunz hat da noch mehr Informationen).
Wer es denn nun war, der die Bilder zu erst hatte - diese Diskussion finde ich nicht nur etwas langweilig, sie ist auch schäbig, weil sie ein wenig danach klingt, dass da jemand, in diesem Fall etliche Journalisten, beleidigt darüber sind, dass sie nicht mehr gefragt werden, was mit Informationen geschieht. Wenn selbst ein Mann wie Stefan Kornelius, der über jede Menge Erfahrung verfügt, beleidigt kommentiert, dass bestehende Regeln unterlaufen werden, dann scheint der Frust groß zu sein. Treffender, aber vermutlich ungewollt hat das Birand Bingül in den "Tagesthemen" gesagt, als er sich über das Internet erregte, dass die Bilder preis gab.
"Vorbei an uns Journalisten, an unserem Ethos die Grenzen von Anstand und Voyeurismus zu bedenken. Vorbei an uns Journalisten, die erklären, einordnen, die Bilder auch nicht senden"
Und genau darum geht es bei den ganzen nervösen Sticheleien quer durch alle Medien: die Meinungshoheit, bzw. wer sie hat, bzw. wer sie behalten darf. Viele Journalisten sehen das offenbar so: Nur wer eine journalistische Ausbildung hat, in einer Redaktion sitzt oder mal gesessen hat, der ist moralisch dazu befähigt ein Urteil darüber zu fällen, was der Bürger sehen darf. Der Journalist fühlt sich verantwortlich dafür, welche Informationen ein Bürger empfängt, welche Bilder er sehen darf. Eine Einstellung aus der Steinzeit des öffentlich-rechtlichen Bildungsfunk. Also jener Zeit, in der der Bayrische Rundfunk sich auch mal gerne aus dem Gemeinschaftsprogramm der ARD ausblendete, weil irgendjemanden eine Episode der Kabarettsendung Scheibenwischer nicht passte. Die Journalisten als Abgeordnete der Bürger in den Medien. Nur hat ihn keiner gewählt. Er hat sich nur selbst ernannt. Und so ist er unsichtbarer Zensor und Repräsentant dessen, was in der Welt so passiert, und steht am Ende einer Ereigniskette wo er entscheidet, was man sehen darf, und was man nicht sehen darf. Der Journalist sorgt dafür, dass es uns allen gut geht. Und besonders auch, wie Herr Kornelius ja in seiner Mail hervorhebt, den Kindern. Weil Kinder, das wissen wir ja, den ganzen Tag am Rechner sitzen, "saddam tot video" bei Google eingeben und Killerspiele spielen.
Die "Seuche Internet" sorgt jetzt dafür, dass diese Meinungshoheit bröckelt, da aus dem "Zuschauer" ein "Bediener" geworden ist. Da sitzt keiner mehr, der einfach nur zuschaut, was die Journalisten zulassen, sondern da wählt jemand aus, was er sehen will. Die Verantwortung, welche Informationen jemand lesen oder sehen möchte, liegt immer mehr bei jedem einzelnen. Das kann man unschön finden, weil es genügend Idioten gibt, die meinen mit einem Video auf der Webseite ein paar Klicks zu bekommen, ändern kann man das aber nicht. Die Vertriebswege der Nachrichten haben sich nun mal verändert und damit auch die Verantwortung. Genauso wie jene, ob man seine Kinder einfach vor den PC sitzen lässt, oder ob man per Software steuert, was sie sehen dürfen, und was nicht. Man würde seine Kinder ja schließlich auch nicht in einen DVD Verleih mitnehmen, und sie sich in Ruhe in der Pornoabteilung umsehen lassen.
Das Video des Exekution von Saddam Hussein ist widerlich, man muss es nicht sehen. Die ARD hat dass im Tagesschau-Blog treffend analysiert. Tatsächlich ohne "das Internet" dafür verantwortlich zu machen. Es wäre langsam wirklich mal an der Zeit, wenn Journalisten lernen würden, das Internet nicht als natürlichen Feind, sondern als Verbündeten im Kampf um Bürgerrechte, Demokratie, Meinungsfreiheit und Machtkontrolle zu sehen.