Sonntag, 5. Juni 2005

Es regnet, mir war gestern Abend ein klitzekleines bißchen langweilig und ich hab mich dann mal getraut....

preisbloggen

Ich esse ja nicht so gerne Döner. Dabei ist der Döner in Berlin so was wie ein Standardessen, was nicht nur daran liegt, dass man in Berlin mittlerweile kaum mehr noch eine Imbissbude findet die was anderes anbietet, sondern wahrscheinlich viel mehr am Preis. Normalerweise kostet ein Döner hier so um die 2 Euro, es sei denn, die Döner-Mafia liefert sich einen blutigen Krieg, dann kann man in Neukölln schon mal einen Döner für 99 Cent bekommen. Der Döner ist hier derartig beliebt, das sogar ein Dönerquartett gibt. Das Problem mit dem Döner ist aber nicht seine Verbreitung, sondern die Frage, wie man ihn isst, ohne dabei wie Olga, die glubschäugige Kuh auszusehen. Selbst nach 20 Jahren Döner Erfahrung, habe weder ich selber einen probaten Weg gefunden, noch mir einen bei anderen Menschen abschauen können. Ich habe alles ausprobiert.

Mittenrein -> Geht gar nicht. Meist hängt nach einem beherztem Biss einem ein Stück Zwiebel in der Nase, oder die Nase ist mit Kräutersoße verziert oder ganz am linken Mundwinkel hängt ein Stück Dönerfleisch gerade so raus, dass man es nicht packen kann. Es ist weder im Mund, noch ist es draußen. Es hängt im Nirgendwo, im Nirwana, in seiner persönlichen Dönerfleischstückhölle zwischen Mundwinkel, Lippen, Zähne und Mundinnenhöhle, wo es ja rein soll, aber nicht mehr rein kann, weil dort gerade wegen Überfüllung geschlossen ist. Dann kann sein Gesicht entweder über die Dönertüte beugen, in der Hoffnung, dass das Fleischstück dann der Schwerkraft folgt und bitteschön in der Dönertüte landet. Oder man kann mit einer linkischen Mundbewegung versuchen, das sich quasi in einem transzendentalen Zustand befindliche Dönerfleischstück zu retten, in dem man gleichzeitig versucht das Gesicht mit der dem Dönerstück abgewandten Seite nach unten zu legen, während man gleichzeitig versucht, den mit dem Dönerfleisch verzierten Mundwinkel nach innen zu stülpen, während die Zunge versucht, das Fleisch zu ergattern und seiner ordnungsgemäßen Zuwendung zu zuführen. Das sieht sehr blöd aus.

Seitlich rein -> Eine Variante, die die meisten von mir beobachteten Döneresser offenbar bevorzugen. Der hungrige Mensch versucht dabei den Zwiebelberg oben auf dem Döner zum umgehen, in dem er, clever wie Menschen es durch Jahrmilliarden unaufhaltsam fortschreitender Evolution geworden sind, in den seitlichen Rand des Döners reinbeißt um so dass oben beschriebene "Mittenrein-Problem" listig zu umgehen. Nur um sich mit einem neuen Problem konfrontiert zu sehen, auf das die Evolution noch keine Antwort gefunden hat. Denn beißt man mit schief gelegtem Kopf seitlich, verschiebt sich die Dönermitalles Masse unweigerlich nach oben. Was zur Folge hat, das der eh statisch bedenklich aufgehäufte Zwiebelberg seinen Halt verliert und sich der Schwerkraft ergibt, was wiederum zu dem Problem führt, das der Mensch, schrecktrainert wie er seit dem Säbelzahntiger nun mal ist, eine Fluchtbewegung macht, in dem er den Oberkörper nach vorne beugt und, damit er nicht vor der Dönerbude umfällt, den Hintern nach hinten streckt. Also steht ein Mensch mit schief gelegtem Kopf, einem weit geöffnetem Mund und einem raus gestrecktem Hintern rum, während beide Hände verzweifelt das Dönerpaket umklammern. Das sieht sehr blöd aus.

Erstmal oben mit den Fingern abessen -> Das sind die ganz geschickten. Wahrscheinlich Ingenieure, die auf den ersten Blick erkennen, dass der aufgehäufte Fleischbatzen, nie im Leben eine DIN Norm erfüllt, und daher von vornherein mit ausgesuchter Vorsicht zu genießen ist. Da alle Essvarianten nur zu einem unbefriedigenden Ergebnis kommen, die zudem dazu führen könnten, dass Teile des Döners vollends aus der Hand gleiten, entschließen sich unbesorgte Menschen dazu, erstmal mit den Fingern die oberste Schicht des Döners abzutragen. Ist der Füllzustand des Dönerbrötchens dann zu ihrer Zufriedenheit abgesunken, wählen sie Variante Eins, also mitten rein. Aber auch hier hat der Döner noch eine Überraschung parat. Denn alles, was man oben sieht, ist nur Blendwerk und Verzierung. Die wahre Herausforderung lauert tiefer, quasi im verborgenem, gemein verschanzt in der Schlund des Döner. Der Salat und die Soße. Zwar kann man, hat man die oberste Schicht entsorgt, herzhaft hinein beißen, ohne dass man von rum fliegenden Dönerbestandteilen beschossen wird, doch je herzhafter der Biss, desto stärker der Druck nach unten. Der Döner will nämlich von Natur aus quillen, unbeschwert und sorgenlos, wie er ist. Hat man ihm alle oberen und seitlichen Quillmöglichkeiten genommen, dann quillt er eben nach unten, was ebenfalls zu schweren Problemen führen kann. Erstmal bemerkt man von der hinterlistigen Quillattacke natürlich nichts, umgibt das Essen doch eine vertrauenseinflössende Papiertüte. Doch mit fortschreitender Dauer ist die Dönertüte nicht mehr in der Lage, eine für ein äußerlich trockenes Gericht erstaunliche große auslaufende Menge an Flüssigkeit aufzuhalten und gibt nach. Dann tropft die Dönersoße in die Handinnenfläche, wo sich die Tropfen sofort vereinigen und ein kleines Rinnsal bilden, das offenbar nur einen Weg kennt: schnellstmöglich zum Handgelenk. Um zu vermeiden, dass die Soße ins Hemd läuft muss man nun den Döner mit einer Hand festhalten, während man gleichzeitig die betroffene Hand zum Mund führt (oder umgekehrt) um die Soße abzulecken. Das sieht auch sehr blöd aus.

Früher wurde letzteres Problem meist dadurch beseitig, in dem man den Döner in Alufolie spannte. Seit dem es diese Dönertüten gibt, auf denen ironischerweise auch noch "Guten Appetit" steht, ist auch die letzte Möglichkeit zerstoben. Und seit neustem haben perfide und hinterlistige Dönerlieferanten einen weiteren Trick gefunden um die Kundschaft noch effektiver demütigen zu können. Es gibt jetzt den Döner "Extra", quasi die Mutter aller Döner. Dieser besteht aus Dönermitalles und extrem fetttriefenden Kartoffelspalten, die zwischen Salat und Fleisch gepresst werden. Wie man sich leicht vorstellen kann, ist die Kombination Salatsoße und heißes, triefendes Öl explosiv und fordert die oben beschriebenen dämlichen Körperhaltungen geradezu heraus. Wäre ich ein Dönerbudenbesitzer würde ich ein Fotoblog aufmachen, in dem nur Fotos von Menschen zu sehen sind, die gerade sehr blöde aussehen. Aber ich esse sowieso lieber Bratwurst.

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