Montag, 25. April 2005
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Heute in irgendeiner Zeitung mal wieder über Namen Florian Illies gestolpert. Ich kenn den ja nicht, aber dennoch erweckt sein Name bei mir leichte Hassgefühle. Nichts schlimmes. Also jetzt nicht so ein "Wenn Du das nochmal sagst, geh ich zurück zu meiner Mutter" Hass, oder gar eine "Wo ist meine alte, verrostete Motorsäge?" Raserei. Eher so ein "Ach nööö" Ding gepaart mit einer leichten inneren Resignation und eben dem leichten Zucken des Kopfs. Illies, die alte Erdnussflocke. So witzig wie ein kleines Steak. Ich hab selten humorlosere Bücher als die seinen gelesen, von seiner Zeitung mal ganz abgesehen. Sein erstes Buch wurde mir Gottseidank von niemanden mit den Worten "Lies, das ist total toll" in die Hand gedrückt. Nicht, weil ich niemanden kennen würde, der nicht einen von seinen Eltern geerbten Golf II gehabt hätte, sondern weil ich vermutlich das Glück habe, Menschen zu kennen, die mir sowas nicht empfehlen. Ich kenne Menschen, die mich auf Bücher von Oskar Panizza aufmerksam machen. [Vielleicht sollte mich das aber auch nachdenklich machen, dass ich mir Menschen Bücher von durchgeknallten Protestanten geben, die von ihrer Mutter ins Irrenhaus gesteckt wurden] Irgendwann habe ich sein Buch doch mal gelesen und mich geärgert über diese Bauchnabelschau von Menschen, die sich den Pullover vor der Brust zusammenknoten. Das man in 80ern in Läden gegangen ist, die "Cappuccino" hießen, ist ja nicht das Problem, denn diesen Läden, mit ihrer Neonwerbung an der Wand, konnte man ja nicht entgehen. Quasi die Klingeltonwerbung der 80er. Das man sich darin offensichtlich wohl gefühlt hat, ist aber was anderes. Schon nach der Hälfte des Buches wollte ich den Gegenentwurf schreiben, weil ich den geföhnten Ex-Jung-Managern nicht den Entwurf einer sauberen Jugend überlassen wollte, aber der Erfolg des Buches ließ mich dann besser meinen Mund halten.

Geärgert hab ich mich trotzdem, aber nicht nur über ihn. Auch all die Stuckrads, Krachts etc. die mich mit ihrer langweiligen Befindlichkeitssoße übergossen waren auch nicht besser. Pop-Literat zu sein war ja toll. Quasi die New Economy des Literaturbetriebs. Die ja auch dann mangels Masse unterging. Was ich bei all den Büchern vermisst habe, war Feuer, eine innere Wut, die sich nur mit Buchstaben ertränken lässt. Alles erging sich in semi-lustigen Betrachtungen, arroganten Betrachtungen der Umwelt - solange die Betrachtung dem Geschmack der eigenen Sosse zuträglich waren - und unfassbar langweiligen Selbstfindungsproblemchen. Kein Feuer und schon gar kein Aufbegehren, sondern nur ein "Ich wär so gern ein junger Grass oder Lenz" Anbiedern. Nur nicht aufregen, nur nicht aus der Reihe tanzen. Sehr neidisch hab ich nach Frankreich geschaut, wo Virginie Despentes, Michel Houellebecq oder Marie Darrieussecq ihre Seelen auskotzen und keine artifizielle Lebenslügen verbreiteten, sondern eine, manchmal sicher quälende, Analyse betrieben, ohne dabei mit der Sprache spielen zu wollen. Sie benutzten eine klare Sprache, keine langwierigen Umschreibungen, in denen der Autor um sich selbst und um die Worte drehte. Die Worte mussten deutlich sein, keinen Irrtum zulassen. Selbst das unsägliche Buch von Catharine Millet fand ich noch besser, als all das, was ich aus Deutschland gelesen habe. Denn da passierte wenigstens etwas in Büchern, was tiefer ging, als die kaugummigleichen Betrachtungen, die verkrampften Beschreibungen von Trieben und dem, was sie anrichten können. Dieses komplette Auslassen von diesen Dingen, dieses verspießte Ignorieren, einem katholischen Wegschauen ähnlich, war nicht nur schlimm, sondern auch verlogen. Und Illies war/ist da einer, der in seiner langweiligen Harmlosigkeit, in seiner Fleisch gewordenen "Manufaktum" Hölle, diese literarische Langweile verkörpern. Aber was solls. Das kann man ja nun ebenso wenig ändern, wie den "Fun Freitag" bei Sat.1 [da frag mich auch immer: wer lacht da?]

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