Freitag, 8. November 2002

Mein erster Joint

Das war eine schwere Geburt. Klar kannte ich Menschen, die jemanden kannten, der schon mal gekifft hatte. Aber das war so wie früher das Ficken und noch früher "Unter die Bluse gehen" und noch viel, viel früher das Knutschen. Man kannte immer jemanden, der jemanden kannte, der dass schon hinter sich hatte. Überhaupt war "Unter die Bluse gehen" das Ding. Wenn man einer Frau unter die Bluse gehen konnte, dann war dass ja gleich bedeutend mit Ficken. Irgendwie. Denn was konnte eine Frau noch davon abhalten mit einem zu schlafen, wenn man schon wild wie ein Bäckergeselle Brüste kneten konnte. Sehr viel, wie ich dann auch mal herausfinden durfte. Aber was lache ich mir auch eine erzkatholische Frau aus der Eifel an. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich hatte jedenfalls schon Brüste geknetet (ganze Battalion-Ladungen von Broten wären das gewesen!) und gefickt hatte ich auch schon. Wieder eine sehr merkwürdige Geschichte. Aber gekifft hatte ich noch nicht. Mittlerweile waren große Teile meines dubiosen Bekanntschaftkreises schon zu anderen Drogen übergangen. Ja, sogar LSD wollten einige schon in ihr Hirn gestopft haben. Ich war immer noch bei Bier. Das reichte mir eigentlich. Bier machte einen schön blöd im Kopf, und wie blöd konnten andere Drogen einen im Vergleich zu einem ordentlichen Bier-Hang-Over am nächsten Morgen schon fühlen lassen? Aber irgendwas musste ja dran sein, am Dope. Also ausprobieren. Ein ebenso minderentwickelter Freund fasste sich ein Herz und bestellte beim ortsbekannten Dorf-Dealer was von "dem Zeug". Ich besorgte die, wie mir schienen, meterlange Blättchen, welche ich mit niedergeschlagener Miene beim Tabakhandel erwarb. Niedergeschlagen weniger, weil es mir per se peinlich war, sondern weil es mir peinlich war, als Mensch mit einem vertibalen Bartwuchs dererlei Dinge zum ersten Mal ordern zu müssen. Gut. Dope da. Blättchen da. Aber wie in Gottes Namen dosiert man das dämliche Zeug. Natürlich wußten wir theoretisch Bescheid. Anflämmen, reinkrümmeln. Aber wieviel, auf wieviel Tabak? Erst den Tabak, dann das Dope? Oder doch lieber in den Tee? Die Teevariante verwarfen wir schnell, denn das war schwul. Tee. Weiber. Schwul. Damals ein Wort, sozusagen. Also den "Drum" Tabak rein und dann irgendwie, irgendwas von dem Zeug rein. Natürlich hatten wir uns auch vorbereitet. Denn zu einem coolen Trip gehört natürlich auch coole Musik. Pink Floyds "Meddle" und, wenn dann immer noch nichts passiert sei, "Umma Gumma" lagen bereit. Rauchen. Schmeckt auch erst mal nicht anders, als jede x-beliebige Selbstgedrehte. Vielleicht mal so richtig reinziehen, wie sie das in den modernen "Tatort" Filmen immer machen? So richtig, mit tief Luftholen? Hey, ich rauche filterlose, dass macht MIR doch nichts. Ich hatte alsbald das Gefühl, die Lungenbläschen würden sich nach innen stülpen und der Rest der Lunge gleich mit. Ungefähr fünf Minuten lang. Dann bekam ich wieder Luft und sah die großen staunenden Augen des Freundes. Waren das etwa schon erste Anzeichen des coolen Trips? Wenn die Sicht irgendwie verschleiert wirkte, der andere so komisch verschwommen? Ach nee, waren nur die Tränen in den Augen. Dann war der Joint zu Ende.

Warten...

Warten...

Warten....

Die "Umma Gumma" plärrte mittlerweile schon das erstmal. Vielleicht mal hinlegen? Auja, hinlegen, das machen die in den Filmen ja auch, wenn sie am Joint gezogen hatte. Dann legten die sich sofort hin und sahen aus, als ob sie einen Delphin geknutscht hatten. Also hinlegen. Ja. Cool. Die "Umma Gumma" Seite zwei war zu Ende. Scheiße. Aufstehen, umdrehen. Hinlegen.

Warten...

Warten...

Warten...

"Ich fühl mich irgendwie....." .... "Ja", antwortet der Freund erwartungsfroh, in der Hoffnung, das wenigstens etwas beim anderen passiert. "Ich fühl mich so....normal" antworte ich, leicht enttäuscht. "Tjaaaaaaahaaaahaaa, " antwortet der Freund, "so ist das halt bei Drogen, da fühlt man sich ganz nah selber." Nun wollte ich ihn nicht in diesem Moment über meine Beweggründe aufklären, warum ich diese Droge nahm, die da folgende waren:

  1. Ich wollte mal nicht bei mir selber sein
  2. Ich wollte was anderes fühlen
  3. Ich wollte nicht bei mir selber sein
  4. Ich wollte wilde Gedanken haben
  5. Ich wollte wilde, sexuelle Gedanken haben
  6. Ich wollte deswegen schon mal gar nicht bei mir selber sein

Also sagte ich: "Hmmmpf".

Irgendwann waren wir dann zu faul NOCH mal die "Umma Gumma" zu hören. Also legten wir Laibach auf, in der Hoffnung, wir würden wenigstens die berühmten Kicheranfälle bekommen. "Life is Life" von Laibach. Höhöhöhöhö. Das ist to_tal lustig, wie der das singt. Höhöhöhhö. Kam aber nicht. Immerhin fanden wir uns 20 Minuten später in einer Diskussion über Neue Slowenische Kunst wieder, stellten aber fest, dass wir das ohne Dope auch schon mal durchdiskutiert hatten. Das sollte also alles sein? Man nimmt Drogen um Diskussionen zu führen, die man schon mal in seinem Leben geführt hatte, sich aber leider nicht mehr dran erinnern konnte? Hmmm. Es half nichts. Wir mussten uns eingestehen: Das war einfach zu schwach dosiert. Da muss mehr rein. Also noch mal gebröselt. Jetzt aber richtig. Ja, komm, das vertragen wir. Wir doch sowieso. Ja, leg noch mal "Umma Gumma" auf. Hatten wir die schon? Erneut plagten mich tuberkolotische Hustenanfälle, in den meine Lunge das sehr, sehr dringende Bedürfnis zu haben schien, sich außerhalb meines Körpers aufzuhalten. Da wir nun schon über die Kunst schwadroniert hatten, beschlossen wir das Reden zu lassen und zu bei gedämpften Licht (Rot!) zu schweigen und fünftenmale die "Umma Gamma" zu hören.

Warten...

Warten...

Warten...

Irgendwann war mir das mit dem Warten zu blöd. Der Freund schlief mittlerweile und ich hatte das dringende Bedürfnis zu onanieren. Das kam mir aber albern vor. So an mir rumreiben, schubbern, fummeln. Selbst als ich eine Erektion von hier bis Warschau hatte, war es albern. Ich musste leise kichern. Wie dämlich. Da rumliegen und eine Erektion in den Händen haben. Für was sollte das, bitte schön, gut sein? Ich schaute so an mir runter, und fand, dass das ganz schön lächerlich aussah. So ein Stab aus der Mitte des Leibes. Sah aus wie eine Efeuranke, die sich zur Sonne drehte. EFEU! Eine Pflanze die ihre Wurzeln in Hausmauern schlägt. Mein Schwanz ist eine Wurzel, die sich in Hausmauern festkrallt. Wie lächerlich... Was ist das überhaupt für ein Wort? Efeu.... Mein Schwanz rankt sich efeuartig um meines Leibes Mitte..... Da war es dann geschehen und ungefähr 4 Gramm Dope platzend in einem gigantischen Lachanfall aus mir heraus. Das ungefähr 2 Stunden lang. Noch Monate später musste ich, wenn ich eine Efeupflanze an irgendeinem Haus sah, unwillkürlich kichern. Und in Bonn gibt es viele, sehr viele Häuser mit Efeupflanzen drumherum.

DAS war aber alles nicht so peinlich und schlimm, wie der Moment der Erinnerung an "Efeu" ein paar Wochen später, als meine neue Freundin während des erstens Liebesspiels mir zwischen die Beine griff und sagte "Ich liebe eine harte Wurzel"

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