Dass Mark Spoon so plötzlich gestorben ist, hat mich dann schon gewundert, auch wenn man wusste, was für ein Leben er zeitweilig geführt hat. Wie Hans Nieswandt in der taz (leider im taz Archiv) schon geschrieben hat, war sein Drogenkonsum derartig legendär, dass man sich schon wunderte, wie er es geschafft hat, nicht von der Polizei hoch genommen zu werden. Aber das war ja überhaupt so ein Phänomen, damals Anfang der 90er. In jedem halbwegs angesagtem Club in Köln oder Frankfurt wurden an einem Abend mehr Drogen umgesetzt, als in den klassischen Drogerdealer Gegenden wie Hauptbahnhof etc. Aber Razzien gab es so gut wie nie. Dabei lagen die Pillen teilweise Säckeweise in den Hinterzimmern der Clubs offen auf dem Tisch. Nie werde ich auch einen der ersten Großraves in der Nähe von Köln vergessen, bei dem rund 8000 Leute schon völlig komplett zugedröhnt reinströmten, während ein einzelner Mensch vor dem Eingang Flyer zur Drogenaufklärung verteilte. Selten jemand gesehen, der so einsam wirkte.

Besonders in der Trance- und aufkommenden Goaszene wurden Pillen geschluckt wie sonst nur bei Radrennfahrern. Spoon selber war schon in den Anfangszeiten legendär, aber ran kam man an ihn und seine Leute ja nie. Frankfurter Arschlöcher war einer Kosenamen für die Herren, aber das war eher mit Respekt gemeint. Aus den Socken gehauen hat er mich allerdings mit dem "Tripomatic Fairytales" Alben, die ich sensationell gut fand. Nicht weil sie etwas neues geboten hätten, und die Sachen auf der Tripomatic Fairytales 2001 waren beim ersten Hören schon etwas verkleistert. Aber die Tracks haben sich gegen den eigenen Willen ins Ohr geschlichen. Die Tripomatic Fairytales 2002 war und ist allerdings sensationell. Eine Schande, dass es sie heute nicht mehr zu kaufen gibt. Ich brauchte Tage um sie zu verarbeiten und ich hab sogar mit Kopfhörern und dem CD Spieler unter Arm geschlafen. Andere waren erschrocken über die Alben. Viel zu kommerziell, hieß es, eine Schande rief man, aber das war meiner Meinung nach nur Neid, denn während die anderen DJs und Produzenten es mit Glück gerade mal schafften, eine Single mit einem guten Mix zu produzieren, legten Jam & Spoon gleich zwei komplette Alben vor, die so ziemlich das Beste waren, was es damals zu hören gab und die zumindest einen Musikstil einigermaßen umklammerten.

Legendär waren wirklich seine Sets. Ich hab ihn zwei oder dreimal gehört und er hat es geschafft, mich als eher tanzfaulen Menschen ohne Drogen zwei Stunden auf der Tanzfläche zu halten, weil er ein Brett nach dem anderen spielte. Er hat einen förmlich umgeblasen. Man hat da gestanden und dachte, man könne die Welt umarmen und alles gleichzeitig in sich aufnehmen, um sich dann weiter tragen zu lassen. Konnten nur wenige. Aber irgendwann die Zeit der Bretter vorbei. Er hat das selbst mal in einem Interview sehr schön gesagt: "Dance ist sicher nicht tot, aber irgendwie nur noch eine User-Musik."