Das ist auch so einer, bei dem ich nie weiß, ob er mich völlig wahnsinnig macht, oder ob man ihn für seine Recherchearbeit loben soll. Wahrscheinlich erwartet der das, denn er sieht am Ende seiner Sendungen immer so in die Kamera, als habe er gerade eine große Fleißarbeit vollbracht für welche es das ganz große Lob zu geben hat.

Die Rede ist von Prof. Dr. Guido Knopp, der Mann, der uns via ZDF in den letzten Jahren Serien wie "Hitlers Helfer", "Hitlers Generäle", "Hitlers Frauen" oder ""Hitlers Badewasser", "Hitlers Hunde" "Hitlers Kinder" gebracht hat. Rein vom historischen Standpunkt ist dem Mann selten was vorzuwerfen. Natürlich verkürzt er, aber Fernsehen kann nun mal kein Studium ersetzen, und verglichen mit dem, was Stefan "Ich wäre so gern bei der RAF gewesen, musste aber gerade auf die Kinder von Ulrike Meinhoff aufpassen" Aust bei Spiegel TV manchmal los lässt, sind die Knoppschen Verfilmungen geradezu pures Gold. Es ist sowieso schon erstaunlich genug, dass das ZDF für solche, teilweise höchst aufwendig produzierten Serien Geld ausgibt und sie zudem auch nicht im Nachtprogramm versteckt. Dem Vorwurf, er würde sich mit seinen "Hitlers sonst was" Serien ein wenig sehr einseitig bewegen, sei entgegnet, dass das 3. Reich eben heutzutage vor allem eins macht: Quote. Und ohne die geht nun mal nichts. Zudem ist die Quellenlage recht gut, was man bei anderen Themen nicht behaupten kann. Es leben (noch) viele Zeitzeugen, die sich zu dem Thema auch freimütig äußern können und es werden immer mehr Akten aus der Geheimhaltung freigegeben. Das Sammeln dieser Aussagen ist sicher ein großes Verdienst des Recherche Teams.

Was mich an seinen Dokus immer wieder stört, ist die Sicht des Historikers von oben herab. Ein unter Historikern verbreitetes Phänomen. Man verlässt sich auf die gut dokumentierten und in Film festgehaltenen Aussagen der Führungselite, was die politische Anatomie eines Staates sicher gut darstellt, aber nicht deren Arbeitsweise. Und schon gar nicht festgehalten wird das Lebensgefühl der Bevölkerung. Was Oma Maria so dachte, oder Hans Müller, wenn er in seiner Bäckerei keine Juden mehr bedienen durfte. Da musste erst Walter Kempowski kommen, der mit seiner sehr lesenwerten "Echolot" Buchreihe Tagebucheinträge aus allen Bevölkerungsschichten zusammengetragen hat. Das zu lesen ist spannender und bietet mehr Einblick, als alle Knoopschen Dokumentationen zusammen.

Ärgerlich wird es, wenn Prof. Knopp hingeht, und olle Kamellen als seine Rechercheleistung hinstellt. So geschehen gestern, in seiner Sendung "History" in der er auf den U-Boot Zwischenfälle im kalten Krieg einging. Unter anderem auf den Untergang des sowjetischen U-Boots K-129, das 1974 vor Hawaii sank. Die US Regierung entwickelte einen Plan, der laut Knopp bis heute superstreng geheim ist.

Sagen wir mal so, der Plan ist heute so geheim, dass es sogar einen deutschen Wikipedia Eintrag dazu gibt. Und seit 1978 gibt es ein Buch zu der Sache. Die Schlussfolgerung des ZDF Teams, die CIA könne evtl. gelogen haben, als sie sagten, man habe das ganze Boot nicht heben können, ist dann auch nicht mehr sensationell, dafür aber extrem ärgerlich.

Aber genau mit solchen "Sensation" wartet die Sendung "History" ebenso auf, wie die "Hitler" Serie. Irgendwann kann man einfach nicht mehr erkennen, was eigentlich die eigene Rechercheleistung ausmacht, und was schlicht und ergreifend allgemeine Wissenslage ist, die da vermittelt wird. Also schwanke ich immer, wenn ich den Knopp im Dreireiher mit diesem freundlichen Lehrerton erblicke. Ob ich mich ärgern soll, oder Mann dafür dankbar sein muss, dass er es immerhin schafft, Geschichte zu vermitteln, ohne die Leute zum einschlafen zu bringen.

P.S.: Zur Serie "Hitlers Kinder" hatte ich mit dem Mann mal ein Interview gemacht. Wurde nie gedruckt, weil die Redaktionen meinten, der Mann sei schon langweilig genug, dass müsse man nicht auch noch zeigen. Fand ich im persönlichen Gespräch mit ihm überhaupt nicht. Ein sehr engagierter, freundlicher Mensch, mit dem dringenden Anliegen, Geschichte unters Volk zu bringen, auf dass es nicht verblöde. Interview in den Kommentaren.