Nachtrag: Die NZZ über die kommenden Entlassungen der Verlage.
Was ich so aus den Redaktionen und den Verlagen höre, klingt grauenhaft und hört sich so an, als ob ein Massaker bevor steht. Die Auflagen sinken auf breiter Front, aber vor allem sinken auch die Werbeeinahmen, was die meisten Printtitel am heftigsten schmerzt. Viele Verlage haben sich nach der ersten Krise vor ein paar Jahren wieder einigermaßen erholt, aber wie Robin Meyer-Lucht mir neulich bei einem Plauerstündchen bei Starbucks erzählte, ist es den meisten nicht gelungen, wieder das Niveau der Jahre vor 2001 zu erreichen. Das gilt nicht für alle im Bereich des operativen Gewinns, aber für fast alle, was die personelle Deckung in den Redaktionen angeht. Man darf dabei sicher nicht vergessen, dass alle in den letzten Jahren teilweise kräftig ins Netz investiert haben. Es wurde massiv Geld für Technik ausgegeben, aber auch zusätzlich Personal geschult und eingestellt. Trotzdem sind viele Online-Redaktionen immer noch schlecht- oder unterbesetzt. Normalerweise müsste man weiter investieren. Mehr Geld für Content, also für Autoren ausgeben, um die Leser, die man im Print verliert, wieder online an sich binden zu können. Aber genau das Gegenteil ist ja der Fall.
Und jetzt droht da am Horizont eine Rezession, oder zumindest eine wirtschaftliche Stagnation. Auf der WebExpo raunte mir ein Vertreter einer sehr großen Mediaagentur ins Ohr, dass man mit einem Anzeigenrückgang im Print von ca. 15% rechnen würde. Minimum. Wenn es richtig blöd laufen würde auch mehr als 25%. Der Rückgang im Print-Bereich bedeutet aber nicht automatisch, dass mehr Geld für Online-Werbung ausgegeben wird. Zwar steigen hier die Umsätze (dieses Jahr wohl um mehr als 20%), aber zum einen machen sie das von einem deutlich niedrigen Niveau aus, zum anderen verdient man mit einem Banner deutlich weniger, als mit einer Anzeigenseite.
Es geht also aufwärts, aber die Preise für Werbung liegen weit, sehr weit weg von dem, was man im Print verdienen kann. Die Personalkosten bleiben allerdings gleich. Im Online Bereich gibt es zu dem zwei Theorien, was mit der Werbung passieren wird. Die eine lautet, dass die Mediaagenturen die Anzeigen zurückfahren, weil die Kunden in der Krise auf bewährte Printtitel und das Fernsehen zurückgreifen. Man würde zwar online bleiben, aber gezielter werben. Also keine breitgestreute Kampagne bei StudiVZ, sondern eher gezielte Werbung in kleineren Communitys, die spezielle Themen haben, zum Beispiel Qype. Die andere Theorie ist, dass man zwar die Ausgaben beibehält, aber mehr von Print in Richtung Online schiebt, weil man hier größere Reichweiten erzielt. Das würde dann auch bedeuten, dass die Preise für Werbung online steigen würden. Der Kollege von der Mediaagentur aus dem Süden Deutschlands zuckte aber auch nur mit den Schultern, und meinte, dass er einen Trend sehen würde, der weg vom Print geht.
Man weiß es halt nicht, aber Wirtschaftsunternehmen wie Verlage haben die letzte Krise noch gut im Kopf und wissen, dass man besser anfängt zu sparen, bevor es richtig schlimm wird. Aber wo wollen die Verlage noch sparen? Neu-Einstellungen gibt es bei meisten schon seit dem Sommer nicht mehr. Entlassungen werden in allen Verlagen diskutiert. Bei manchen, wie der WAZ, lauter, bei anderen, wie bei Gruner&Jahr noch sehr leise, da man erst mal unrentable Auslands-Titel los werden will. Aber die Betriebsräte sitzen in den meisten Verlagen von denen ich gehört habe, in den letzten Wochen ebenso häufig, wie lange mit der Geschäftsführung zusammen.
Das Problem ist nur, dass die meisten Redaktionen schon am Anschlag arbeiten. Hier personell noch zu kürzen muss weiter zu Lasten der Qualität gehen. Rutscht die weiter ab, sinken aber auch die Auflagen, wie man allein am Beispiel der "Berliner Zeitung" im diesem Jahr schön sehen kann. Der Sparkurs der Inhaber mag die Zeitung auf mehr Rendite getrimmt haben, aber dummerweise finden die Leser die ausgedünnte Qualität des Blattes eben auch so schlecht, dass sie sich ihre Informationen eben woanders holen.
Es gibt viele Fehler, den die Verlage in den letzten Jahren gemacht haben aber einer der schlimmsten war eine seperate Online-Redaktion aufzubauen. Mal abgesehen, dass das viel darüber aussagt, wie viele Häuser das Internet lange behandelt haben, konnte ich die Entscheidung nie verstehen. Warum sollte man die Inhalte trennen wollen? Titten fürs Internet, die Leitartikel für Print? Man kann die "Welt" in Sachen PI-Optimierung und Inhalt abwatschen, aber die Idee, die Redaktionen zusammen zu legen (Newsroom genannt) war sicher nicht die schlechteste. Das Gegenteil passierte bei der WAZ und beim Tagesspiegel, wo man die Redaktionen zu dem auch noch räumlich komplett von einander getrennt hat. Diese, teilweise, doppelten Redaktionen dürften im Falle einer wirklich tiefen Krise, die ersten sein, durch den die Personal-Sense geht.
Teil II: Was der Abbau von Redakteuren fürs Gatekeeping bedeutet