Fazit. Das war kurz und schmerzlos. Um kurz nach elf ging es los, um kurz nach vier war Feierabend. Fünf Stunden geballte Wahlkampfaufrufe, Reden, Singen und sich Mut machen. Während man in der Halle den Eindruck haben konnte, dass sich die SPD auf den Weg macht, die bisher stabile Mehrheit der CDU zu Fall zu bringen, während drinnen gejubelt und geschrieen wurde, war die Stimmung draußen im Foyer etwas anders. Hier und da hörte man ein "Jetzt müssen wir...", "Gleich werde ich" oder "Morgen werden wir richtig..." aber die Stimmung blieb flach. Als ob es völlige unterschiedliche Realitäten drinnen und draußen geben würde. Als ob man drinnen das tat, was der Parteivorstand vom Parteivolk verlangt bei so einer Sitzung, um draußen dann das Partyhütchen abzulegen um wieder im Jammertal zu verbleiben. Nachdem Parteitag zogen die SPD Massen schweigend zur S-Bahn. Keine Gespräche, nur stilles in sich grübeln, wie man das Ding noch drehen könnte.

Eine merkwürdige Choreographie haben diese Parteitage. Da wird aufgehetzt, damit die Reihen geschlossen werden, da wird Stimmung gemacht und niemand der Anwesenden will sich die Blöße geben, nicht wenigstens im Saal gekämpft zu haben. Dann kommt der Boss und alle schweigen andächtig, es wird ruhig, kaum noch Gespräche untereinander und man tut das, weswegen man gekommen ist: an den richtigen Stellen applaudieren. Die Redner... man fragt sich: glauben die das wirklich, was die da erzählen? Gut, ein Wahlparteitag ist nicht der Ort, an dem man sich inhaltlich auseinandersetzt. Dass man also einen Betriebsratsvorsitzenden der erfolgreichen Porsche AG eher dort sprechen lässt, als einen Kollegen aus dem Bergbau, ist bei der Inszenierungstaktik der Parteitage nicht weiter verwunderlich. Aber auch vielsagend, weil es die Verdrängungsmomente von Partei, Vorstand und Verantwortlichen aufzeigt. Das Abwenden von der Realität, das Zusammenkratzen von positiven Meldungen und das Zusammenrücken stehen im Vordergrund. Eine Parallelrealität, in der es nur darum geht, „die anderen“ zu schlagen. Am Ende hat man eine Halle voller scheinbar motivierter Menschen, deren Motivation am nächsten Bierstand genauso schnell verschwunden ist, wie das Lächeln in ihren Gesichtern.

„Wir müssen“, „Wir haben“, „Wir werden“. Das sind die Schlagworte, hinter die man die beliebigen politischen Worthülsen klemmen darf. Das gilt aber nicht nur für die SPD, sondern für alle. Die SPD scheint mir nur gerade am schlimmsten an einer Art Persönlichkeitsspaltung zu leiden, denn nach dem ganzen Murks der letzten Jahre, fragt man sich selbst als neutraler, dem sozialen und linken Gedankengut durchaus zugewandter Mensch, ob die wirklich genau die Dinge weiter machen wollen, die ihnen noch vor wenigen Wochen zu Halse raus hingen, oder ob die meisten nicht einfach Angst um ihr Mandat haben.

Man sollte nicht vergessen: nach der verlorenen Wahl in NRW war die SPD kurz davor, Schröder ab zu schießen und die Politik der Regierung im 180° Grad zu drehen. Jetzt stehen sie alle auf, klatschen elf Minuten lang Beifall, und das, obwohl der Mann nichts anderes sagt oder macht, als noch vor einem Jahr. Da könnte man schon den Eindruck bekommen, dass dieses Verhalten ein wenig schizophren und unehrlich ist. Wäre ich Gerhardt Schröder, würde ich den Leuten den Vogel zeigen und sagen „Hömma, erst macht ihr mir das regieren unmöglich, un jetzt macht hier den Kasper und hebt mich aufs Schild. Ihr könnt mich mal.“ Aber so was wird man wohl nie hören.

P.S. Fotos kommen später. Flickr zickt gerade rum Fotos sind online. Da ich gerade in Stimmung bin, gehe ich gleich dann noch zur Supatopcheckerbunny Lesung im NBI (Kulturfabrik, am Biergarten), wo Herr Ix dann auch noch später hinkommen will.