Günter Wallraff in einem Interview mit dem Standard zum Thema, wie die Stimmung bei den "kleinen" Angestellten ist.

In vielen Branchen herrscht eine Willkür, da fühlten sich viele wie im Straflager. Bei meiner letzten Recherche in der Brotfabrik, sagten Kollegen zu mir: Hoffentlich werden wir bald entlassen. Ich fragte: Warum kündigst ihr denn nicht? Dann kriegen wir eine Sperre vom Arbeitsamt. Das ist wie Zwangsarbeit. Beim Callcenter werden die Leute hin verpflichtet, obwohl sie zu Betrügern ausgebildet werden. Aber sie können nicht ablehnen, sonst kriegen sie die Sperre. Mit Langzeitarbeitslosen kann man machen was man will. Wir hatten einen Wirtschaftsminister Clement, der schamlos der Leiharbeiterbranche alle Gesetze nach ihren Wünschen zugeschnitten hat. Jetzt wurde er von diesem Verband in den Dienst genommen, und er kassiert ein unverschämtes Salär.

Da spricht er etwas an, was meiner Meinung nach viel zu oft vergessen wird. Dass es die SPD war, die das Leiharbeitersystem in der Form eingeführt hat, um die Arbeitlosenzahlen schneller drücken zu können. Jetzt, in der Krise, schmeissen die Firmen natürlich auch erst die Leiharbeiter wieder raus, das betrifft offenbar vor allem Großkonzerne. Die können sich deswegen auch großzügig leisten zu versprechen, dass es 2009 keine Entlassungen geben wird. Klar - man die Leiharbeiter sind ja keine Angestellten. Leider gibt es keine Zahlen, wie hoch der Anteil der Leiharbeiter in den einzelnen Firmen ist, so dass man hier wenig belegen kann.

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Olympisches Feuer entfacht

Große Freude an vielen Orten der Welt

So kann man es natürlich sehen und die Sache auch stehen lassen.

Man kann (sollte) die Sache aber auch etwas differenzierter betrachten. So wie Georg Blume in der Zeit oder ein paar Ecken weiter im <a href=zuender.zeit.de">Zeit-Zünder. Das blöde ist halt, dass es kaum Quellen aus dem Gebiet gibt, was die Sache undurchschaubar macht. Beide Seiten, Chinesen und Tibeter, verfügen über eine gut funktionierende Medienmaschine, die gerade auf Hochtouren läuft, und die Unterscheidung zwischen echten Informationen und fragwürdigen Berichten ist deswegen nicht leicht. Da wären zum Beispiel die Fotos von erschossenen bzw. toten Tibetern (kann man hier sehen, ist aber nichts für empfindliche Menschen). In der Erklärung von "freetibet.org" heißt es nämlich nur:

The photos, which clearly show gunshot wounds, were taken on Sunday night and Monday morning at Kirtii monastery. As Free Tibet Campaign reported on 16 March 2008 (release below) an eyewitness told Free Tibet Campaign's contact in Dharamsala that he had seen Chinese security forces fire into the crowd of Tibetan protesters and that he had seen 13 Tibetans killed as a result of the firing. Other eyewitnesses reported seeing 30 Tibetans shot dead.

These photos, together with the eyewitness statement, provide conclusive force that lethal force was used at Aba town by the Chinese security forces on 16 March 2008.

Das Problem ist, dass es sich um Infos um drei Ecken handelt. Jemand schreibt, er habe mit jemanden gesprochen, der gesehen habe... usw. Die Fotos selber könnten sonst woher stammen. Es wird nicht deutlich wo und schon gar nicht wann sie gemacht wurden. Handelt es sich um Demonstranten? Kein Mensch weiß das. Die Toten sind teilweise nackt oder in normaler Straßenkleidung. Da steht nur, dass sie von "Chinese Force" erschossen wurden. Das mag so gewesen sein, aber ohne genaue Angaben ist das halt nicht wirklich klar.

Die einzigen Quellen, die es zur Zeit offenbar gibt, laufen zu dem über die üblichen Seiten wie Freetibet oder phayul.com. Feetibet sitzt in London, phayul wird zumindest in Indien gehostet, der Registrant hat sich vorsichtshalber mit einer Domain by proxy geschützt. Daraus ziehen die meisten Medien ihre Infos und auf Seiten wie "reddit" oder "digg" tauchen genau diese Fotos mit widersprüchlichen und unterschiedlichen Angaben immer wieder auf.

Ich will nicht behaupten, dass in Tibet und anderen Regionen nicht der Teufel los ist. Es wäre im übrigen auch nicht das erste Mal, dass da was hochkocht. Die Jahre zuvor gab es schon Probleme mit den Falun Gong Anhängern. John Robb hatte 2006 schon so eine Ahnung, als er darüber schrieb, dass die heißlaufende chinesische Wirtschaft sich zu sehr auf wenige Bereiche des Landes bezieht, während vor allem die Bezirke im Hinterland vom Aufschwung nichts mitbekommen. Deswegen habe die chinesischer Regierung schon vor ein paar Jahren damit angefangen, paramilitärische Einheiten aufzustellen, die jetzt wohl auch in Tibet und den angrenzenden Landesteilen unterwegs ist. Mit anderen Worten: offenbar köchelt es im chinesischen Hinterland unter anderem aus klassisch kaptalistischen Gründen. Die Leute hätte gerne mal vom vielen Geld ab, dass man zwischen Peking und Hongkong hortet. Auch sollte man nicht vergessen, dass die Chinesen auf ein paar Milliarden Dollar in Form von US-Staatsanleihen sitzten, die gerade mit dem Dollarkurs den Bach runter gehen.

Das Problem ist also bei weitem nicht nur in Tibet existent, die Tibetaner sind halt nur besser vernetzt und haben außerhalb von China eine große Lobby. Aus den anderen Provinzen in denen es laut offizieller chinesischer Sprachreglung durchaus ähnliche Probleme gibt, hört und vor allem sieht man nichts. Die Chinesen sind es aber auch selber schuld, wenn sie die Stimmung jetzt weltweit gegen sie wendet. Wenn man alle Journalisten aus einer Provinz ausweist, muss man sich nicht wundern, wenn im Internet die Stimmung hoch kocht und sich noch weiter gegen China wendet. Zudem: wer keine freie Berichterstattung zu läßt, der hat etwas zu verbergen. In dem Fall ist es dann wirklich recht einfach.

Trotzdem sollte man bei der mauen Quellenlage vorsichtig sein, was man glaubt, und was nicht.

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Langer und überaus kritischer Artikel in der FAZ über die Abmahnpraktiken der Musikindustrie. Erstaunlich, so etwas in der FAZ zu lesen. Ich hatte gestern in meinem Blog bei der Welt das Thema von einer anderen Seite beleuchtet.

Jemand aus der Branche machte mir gegenüber die ironische Bemerkung bzgl. des Abmahnwahns der Industrie, dass man dort mittlerweile festgestellt habe, mit den Abmahnungen mehr verdienenzu können, als mit dem Verkauf von Musik. Das stimmt natürlich nicht so ganz, aber es ist wohl schon so, dass man nicht unglücklich über die eingenommenen Gelder ist. Wenn man aus jedem ertappten User 500 Euro rausholen kann und rund 5000 Unterlassungserklärungen pro Monat verschickt, wären dass 2,5 Millionen Euro.

Aber das scheint ja zu reichen, denn die Industrie bewegt sicher weiterhin nur minimal und träumt weiter davon, die Kosten für CDs nach oben zu treiben. Das alte Geschäftsmodell lebt weiter, und man ist nicht in der Lage, sich neue Vertriebsvarianten auszudenken. Und so zögerlich, wie man in Sachen Vertrieb im Netz ist, könnte man glatt auf den Gedanken kommen, dass sich die Abmahnerei für die Industrie derart lohnt, dass man gar nicht erst versucht neue Vertriebswege zu fördern. Dafür könnte ja auch sprechen, dass man nun über Dritte eigene Tauschbörsenserver betreibt, um noch mehr User zu erwischen.

Die Industrie macht einem wirklich leicht, sie zu hassen und wer sich aufführt wie ein wildgewordener Despot, der muss auch mit den Konsequenzen leben. Auch mit der, dass die kriminalisierten Kunden mit den Schultern zuicken und erst Recht in die p2p Börsen laufen.

Auf der anderen Seite sind es auch die Künstler, die betroffen sind. Nicht jeder kann wie Radiohead oder die Charlatans davon leben, dass man seine Musik im Netz verkauft. Die Einstürzenden Neubauten experimentieren schon lange mit einem Abosystem rum, doch die können sich das auch leisten. erst dann ins Studio zu gehen, wenn genug Vorbestellungen eingetrudelt sind. Man fragt sich, wer zum Teufel als Musiker eigentlich noch zu einem großen Label geht. Die Anwort kenne ich auch nicht, aber es sind auch nicht immer die großen Label, die sich gegen p2p Börsen wehren. Kleine Labels wie Peppermint Jam findet man genau so.

Letztlich führt jeder Versuch der Musikindustrie an die Daten von p2p Börsennutzer zu kommen, nur dazu dass der Widerstand im Netz gegen die Labels größer wird. Die Industrie hat eigene Tauschserver und setzt Software ein, die IP Adressen liest? Dann nutzt man halt bei Bewegungen im p2p Netz das Torprojekt. Das Tornetzwerk ist unsicher? Dann verschlüsselt man eben die DNS Abfragen mit Pivoxy. Backtracking mit Super Cookies? Nimmt man halt Opera statt Firefox, wenn man im p2p Netz unterwegs ist. Und dann gibt es auch noch angeblich dieses neue p2p Protokoll, das komplett verschlüsselt sein soll, der Industrie also keine Möglichkeit mehr bietet festzustellen, welche Daten da gerade geladen werden.

Leidtragende sind die Künstler, die keine Ahnung haben, wie man ein neues System ohne Musikindustrie etablieren kann, um wenigstens ein paar Euro zu verdienen. Wenn keiner mehr Zeit hat Musik zu machen, weil man damit nichts mehr verdient, wird die Welt ein ganzes Stück ärmer. Warum man zum Beispiel die Idee der Kulturflatrate komplett verworfen hat, verstehe ich nicht. Klar ist: die klassische Umsetzung des Copyrights ist zumindest in der Musik an seine Grenzen gestossen und die Verschärfungen dienen weniger dem Musiker als der Rechteindustrie. Wäre die Labels an ihren Künstlern interessiert, würden sie versuchen neue Einkommenformen für diese zu entdecken. Offenbar ist man aber nur noch daran interessiert, Abmahnungen raus zu schicken.

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Imagine being able to control people by telling them what to do, what to say, and where to go. Imagine being able to see and hear the world around them as each new scenario unfolds. With the launch of modmylife.com, this strange new brand of entertainment has arrived.

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Irgendwann, vielleicht in zwei bis acht Jahren, wird auch die "taz" Don Dahlmann lernen, dass RSS-Feeds eine ganz famose Sache sind, es aber Zeitungen gibt, die sie gerne verstecken. So lange muss ich dann leider auf deren teilweise sehr spaßigen Blogs verzichten. Das hat gar nicht mit Arroganz oder anderen, mir total fremden Dingen zu tun, sondern mehr mit meiner Unfähigkeit, Bookmarks zu sortieren. Bookmarks kommen mir vor wie irgendwelche Karteikarten, die ich schon immer, mein ganzes Leben lang, abgrundtief und voller Inbrunst gehasst habe. Ich habe versucht Bookmarks zu sortieren. Nach Interessensgebieten. Alphabetisch. Chronologisch. Irgendwie. Es geht nicht. Spätestens ab dem Moment, ab dem ich den Link gespeichert habe, vergesse ich seine Existenz. Ersatzweises speichern bei delicious funktioniert auch nicht, sondern verschlimmert die Situation, sobald all die Bookmarks, die ich mir merken wollte, von anderen Bookmarks, die ich mir merken will, auf die zweite Seite geschoben werden. Eigentlich wollte ich mir mal angewöhnen, meine neuen Bookmarks gar nicht mehr zu bookmarken, sondern jeden Tag in eine Liste zu packen, die ich in mein Blog stelle, denn hier kann ich ja die Suchfunktion nutzen, wenn ich meine, dass ich in meinem Blog schon mal gespeichert habe, was zu dem Thema passt. Jedenfalls überfordern mich Bookmarks und deren Sortierung, was aber auch daran liegt, dass Bookmarks aus einer Zeit des Internet stammen, in denen man dachte, dass man sich durch vielleicht 100 interessante Seiten klicken kann. Nicht ein Browser hat eine vernünftige Bookmarkverwaltung. Was mir aber auch egal ist, denn sie würde mich eh überfordern.

Ganz schlimm ist es aber mit Bookmarks, die ich für die Arbeit brauche. Zum Beispiel Texte auf Seiten, die ich lesen muss oder Infos von Seiten, die zitieren will. Ich kann nicht für jeden Text einen neuen Ordner anlegen. Deswegen schleppe ich in meinem Browserfenster (dem Sitzungsmanager sei dank) manchmal wochenlang geöffnete Seiten mit mir rum, weil die mich dann daran erinnern, dass ich dieses oder jenes noch schreiben, bzw. erledigen wollte. Die Tabs arbeite ich dann nach und nach ab, bis ich nur die üblichen drei (mein Blog, RSS-Feeds, Mail) offen habe. Dann bin ich kurz sehr glücklich.

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