re:publica 08 - Fazit

Ich hatte ja vor der diesjährigen Konferenz ein leicht skeptisches Gefühl. Das bezog sich nicht unbedingt direkt auf das Treffen, sondern hat wohl mehr etwas mit der Gesamtsituation der deutschen Blogszene zu tun. Aber ist die wirklich so schlecht? Ich blogge jetzt seit Mai 2001, da hat man schon mal persönliche Krisen, was das Instrument des Blogs angeht. Man ertappt sich dabei, sich zu wiederholen, es fällt einem nichts mehr und manchmal hat man ist in eine Falle getreten, die man selbst aufgestellt hat. Zum Beispiel, wenn man sich thematisch in seinem Blog zu sehr eingegrenzt hat. Mit dem Gefühl, dass die Blogszene gerade etwas ratlos vor sich hinbloggt, bin ich also in die Kalkscheune gefahren.

Ich hatte also inhaltlich nicht wirklich etwas der re:publica erwartet. Und wurde deswegen auch nicht enttäuscht. Fast alle bemerkten, dass dieses Jahr die großen Kontroversen fehlten. Diese Journalismus vs. Blogger Diskussion ist meiner Meinung nach noch nicht ausgestanden, aber wenn halt keiner der Blogkritiker zum Panel kommt, dann kann auch nur wenig passieren. Ebenso ruhig blieb die Diskussion ums Geld verdienen mit Blogs. Das man sich an adical und Sascha Lobo reibt ist wohl eher eine persönliche Sache. Es ist in Deutschland halt nicht anders, als in anderen Ländern. Es gibt ein paar Leute, die in der Lage sind, sich selbst zu vermarkten (Robert Basic), es gibt ein paar, die mit ihren monothematischen Blogs eine so spezielle Zielgruppe ansprechen, dass die Anzeigenkunden entzückt das Scheckbuch zücken, aber als wirkliche dauerhafte Einnahmequelle sieht wohl kaum einer die Blogs. Es ist in der Blogszene nicht anders, als in der "normalen" Wirtschaftswelt: Wer gut schreiben kann, wer technisch versiert ist oder wer einfallsreiche Layouts basteln kann, der wird feststellen, dass ein Blog eben auch eine Art "long tail" (mir fällt kein besseres Wort ein) erzeugen kann. Nicht der einzelne Blogeintrag zählt, sondern das gesamte Engagement kann nach langer Zeit dazu führen, dass man ein paar Euro damit verdient. Es ist in den meisten Fällen ein Trugschluss wenn man glaubt, dass man mit ein paar Blogeinträgen den nächsten Urlaub finanzieren kann.

Aber im Grunde war dies schon letztes Jahr klar, also brachte die re:publica hier kaum Erkenntnisse. Auch was neue Blogkonzepte angeht, hörte man auf der Konferenz wenig bis gar nichts. Das "next big thing" ist weiterhin Twitter, es gab nur am Rande ein paar Diskussionen darüber, wie man Twitter laufend in sein Blog implementieren kann. Feedaggregatoren wiesoup.io sind eine Lösung, die so richtig niemanden befriedigen. Da wird sich bei den Wordpress Blogs in diesem Jahr aber sicher noch etwas tun. Die ersten Versuche, einen Kommentarfeed via Twitter ins eigene Blogeinlaufen zu lassen, existieren jedenfalls schon mal. Das Twitter ein ziemlich geniales Tool ist, darüber sind sich alle einig. Die Frage ist nur, wie man es bedient und in welchem Bereich es einem hilft. Auch hier also eine gewisse Ratlosigkeit.

Aber so eine Konferenz besteht ja nicht nur aus den Panels (zu wenige gesehen) sondern aus den Unterhaltungen die man mit Menschen führt, die man lange nicht gesehen hat oder noch gar nicht kannte. Was sich für mich in den vielen und teilweise langen Gesprächen rauskristallisiert hat ist vor allem eins - die Technik muss einfacher werden, die Schnittstellen offener. RSS-Feeds, Twitter, Jaiku, Flickr, Blogs, Mogulus, Qik, Shouzu, Fireeagle usw. sind alles für sich genommen nette Ideen, aber so richtig gut werden sie erst, wenn man sie zusammenfassen kann. Und wenn ihre Bedienung so einfach wird, dass man es per drag and drop erledigen kann. Das Internet, bzw. die angebotene Technik, ist für die meisten Menschen immer noch viel zu kompliziert. Letztlich muss die Einrichtung eines Blogs samt anderer Features einfacher werden. Vielleicht so einfach, wie beim Fernseher. Überspitzt formuliert: Müsste ich mein TV Gerät jedesmal konfigurieren wenn ich einen neuen Sender haben will, würde ich die Lust verlieren. Nichts anders ergeht es wohl vielen neuen Internetnutzern, wenn sie sich das erste Mal mit RSS-Feeds auseinandersetzen müssen. Die Sachen werden halt erst dann wirklich nutzbar, wenn man sie simplifiziert und sich der Enduser nicht mehr um die dahinterliegende Technik kümmern muss (Siehe MacOs X :)) )

Und am Ende war das auch eine Quintessenz der re:publica. Es gibt ein sehr großes Potential in der deutschen Blog/Open Spource Szene. Es gibt viele neue Ideen, Anregungen und Möglichkeiten. Allein - man weiß noch nicht so recht, was man damit anfangen soll. Die Skepsis, die ich vor der re:publica hatte, ist einer keiner Euphorie gewichen, aber dem Gefühl, dass sich da am Horizont etwas tut, was Blogs und die Wahrnehmung von Blogs in der nächsten Zeit auf eine neue Ebene bringen könnte. Weswegen ich weiter Zeit in die Idee mit dem Blogportal investieren werde. Mal sehen, was dabei rauskommt, ein paar Ideen, wie man die Sache technisch vereinfachen sind jedenfalls schon aufgetaucht.

Ein Wort noch zur Organisation: Es lief alles reibungslos und bestens, die Stimmung war gut, es gab genügend Stühle und Sitzmöglichkeiten. Eine Sache: wenn man schon ein Programm bis teilweise nach 23:00 Uhr hat, dann wäre es auch gut, wenn das Catering nicht schon um 19.00 Uhr schließt. Ansonsten: es war toll wieder so viele Menschen zu treffen und mit ihnen zu reden und eigentlich ist eine Konferenz pro Jahr in Deutschland viel zu wenig.