Bachmannpreis, Tag Eins

Wie jedes Jahr, der große Lesemarathon bei der Bachmannpreis Verleihung in Klagenfurt. 3Sat überträgt alles live, auch die Sachen, die man lieber nicht sehen wollte. Wie jedes Jahr versuche ich gleichzeitig zu arbeiten und mit einem Auge die Lesung zu verfolgen. Die Qualität der Lesungen ermisst sich mir dabei aus der Tatsache, ob ich den Ton abdrehe, oder nicht. Bisher läuft er.

Heute ist der erste Tag, die ersten vier Lesenden haben (fast) fertig. Bisheriger Eindruck: Texte aus persönlichen Erlebnissen sind wieder da. War letztes Jahr schon ansatzweise zu sehen, hat sich dieses Jahr wohl endgültig durchgesetzt. Was wohl auch daran liegt, dass "Stil" einfach durch ist, wie eine Jurorin anmerkte. Juroren scheinen sowieso in diesem Jahr Dormicum ins Wasser bekommen zu haben. So sanft hab ich die Damen und Herren noch nie erlebt. Wo sonst die Fetzen fliegen, sagen sie Sachen wie "guter Text, hinten etwas schwach" statt wie letztes Jahr "So gelangweilt hab ich mich ja lange nicht mehr". Allerdings sind die Texte dieses Jahr auch schwerer zu packen, weil es eben persönliche Erlebnisse sind. Was ein ganz schön gemeiner Trick ist, denn keiner der Kritiker kann dann den Inhalt angehen, sondern nur die Umsetzung. Bisheriger Liebling der Juroren: Julia Stoch mit einem Text, den ich nicht verstanden habe, aber das ist jedes Jahr so, dass ich die Texte nicht immer verstehe. Je weniger ich einen Text verstehe, desto lieber mögen ihn die Juroren, das was schon immer so. Bisher bester Text meiner Meinung nach von Susanne Heinrich. Eigentlich ein rhythmisch interessanter, vom Stil fast Blogartiger Text, der ein bißchen mit dem sorglosen Kleinmädchen Image rumspielt. Die Texte kann alle hier runterladen. Allerdings immer erst, wenn der Autor seine Lesung beginnt.

Der Nachmittag war dann überraschenderweise doch eher von, sagen wir mal, komplizierten Konstruktionen beherrscht, so das sie Juroren auch gleich wieder behauptet haben, dass es um Stil geht und dieser wichtig ist. Der erste Text war sehr langsam, beim zweiten musste ich Sätze wie "Unter den Füßen tauber Torf. Tschwai, mordel, maschel. Zwei und eine halbe Stunde. Da lacht doch der Hämehä. Horch: eine Kastanie! Die fällt anders als ein Zapfen. Horch das Kanstern. Larven im toten Gehölz. Wie sie ticken, wie sie pochen. Wie eine Totenuhr." hören. Das war eher schwer, aber ich denke, es geht mir noch den Umständen entsprechend gut. Die Bekannte hat allerdings mit ihrem Text schwer das Haus gerockt. Das riecht nach einem Preis, was mich extrem freuen würde. Aber es kommen ja noch der Freitag und der Samstag. Daumen drücken.