Kleiner Aktuallitätscheck. Schauspieler Heath Ledger ist gegen halb vier Nachmittags New Yorker Zeit tot aufgefunden worden. Erste Meldungen auf den üblichen Webseiten wie tmz.com gab es eine Stunde später. Um Mitternacht deutscher Zeit, also rund 90 Minuten nach den ersten Meldungen in den Blogs hatten folgende Onlinedienste die Meldung auf ihrer Seite:

Stern Spiegel SZ Rheinische Post Bild Express Die Welt Vanity Fair Hannoversche Allgemeine Leipziger Volkszeitung Dresdner Neue Nachrichten

TV Sender Tagesschau Heute RTL Aktuell

Nichts hatten Focus Der Westen Tagesspiegel Hamburger Abendblatt Berliner Morgenpost Netzeitung FAZ Frankfurter Rundschau Gala Park Avenue Bunte Abendzeitung München Berliner Kurier BZ Berlin Stuttgarter Zeitung Ostsee Zeitung Kieler Nachrichten Hamburger Morgenpost

TV Sender Sat.1 Nachrichten n-tv N24

Abgesucht habe ich die Portale zwischen Mitternacht und halb eins.

Interessanterweise ist es in diesem Moment (00:31 Uhr) aber auch noch so, dass der dpa Ticker zu hängen scheint. Jedenfalls der, den man über das Web bekommt. Bei den Portalen, die die Meldung nicht auf der Seite hatten, stammte die letzte Meldung von 23:02 Uhr (Fred Thompson gibt Vorwahlkampf auf). Viele Portale lassen aktuelle dpa Meldungen einfach ins Layout fließen, aber wenn da halt nichts kommt, steht da auch nichts. Das beim Focus nichts stand hat mich sehr überrascht, ebenso die Leere bei der Netzeitung, der Frankfurter Rundschau, des Tagesspiegel, der Bunte, der Gala und der BZ. Das beim "Westen" nichts zu lesen war fand ich komisch, aber ich bin mir nicht sicher, ob man solche überregionale Themen überhaupt auf die Seite schieben möchten.

Geradezu erbärmlich ist Ergebnis für die deutschen Nachrichtensender. Die haben jetzt nicht mal einen "Breaking News" Ticker laufen, obwohl man den sonst für jeden umgefallen Sack Reis auf leuchtend "Rot" schaltet. CNN und Fox hatten die Sache live, allerdings berichtet man zurzeit über den Vorwahlkampf. Fox News hat die Meldung nur so im Ticker, CNN International als "Breaking".

Gut, es ist jetzt nicht ein Superstar tragischerweise verstorben, aber immerhin einer, den man auch in Deutschland kannte, und der mit "Brokeback Mountain" eine Oscar Nominierung hatte. Dafür holt man zwar keinen Redakteur aus dem Bett, allerdings scheinen sich die meisten Online-Portale offenbar nicht mal einen Praktikanten leisten, der bis zwei Uhr Nachts die Ticker kontrolliert oder die Meldung bei CNN abtippt. Außer bei Vanity Fair, wo man entweder gerade massive Überstunden schiebt, oder tatsächlich jemand Nachtschicht hat. An so einer Meldung zeigt sich dann schon, wo manche Portale in Sachen "Online" noch stehen. Offenbar ist es bei einigen so, dass man wie früher, wenn Druckschluss war so nach 20.00 Uhr, den Laden zusperrt. Bei manchen Portalen kann ich es verstehen, bei einigen, insbesondere bei den als Nachrichtensendern getarnten Doku-Kanälen nicht. Das Internet scheint weiterhin noch nicht bei allen Verlagen wirklich angekommen zu sein. Wenn man mit den Angeboten aus dem Ausland konkurrieren will, sollte man zumindest Nachts einen Mann bis 2:00 Uhr an einem Rechner sitzen haben, der per copy 'n paste Agenturmeldungen kopiert. (Nachtrag: der dpa Ticker hat die Meldung mittlerweile drin)

Nachtrag: Die Huffington Post über die Reaktionen der US-Medien.

Permalink

 


Liebe Leser, wenn Sie nicht wissen wollen, wer beim Oscar was gewonnen hat, weil sie sich alles heute Abend ausgeschlafen ansehen wollen, lesen sie weiter, dann wissen Sie, ob es sich lohnt.

So - erste halbe Stunde Oscar. George Clooney bekommt einen für seine Nebenrolle in "Syriana", was ich angesichts des Themas (böse Ölkonzerne, korrupte Politiker, naher Osten, CIA etc) schon bemerkenswert finde. Ebenso bemerkenswert wie die totale Abwesenheit von Humor bei Jon Stewart. Das war die langweiligste, unkomischste Einleitung einer Oscarshow, die ich jemals gesehen habe. Offenbar hat man Stewart vorher eine 500seitige Unterlassungserklärung unterschreiben lassen, in dem alle nur denkbaren Witze verboten wurden. Dann kam Dolly Parton, deren Lippen offenbar proportional zu ihren Brüsten wachsen und hat gesungen. Ich geh jetzt kurz meine Katze suchen, die muss irgendwo unter dem Bett sein.

Wieder eine halbe Stunde vorbei, Jon Stewart wird ein bisschen lustiger, so ungefähr wie Heinz Rühmann, wenn er zwei Cognacs getrunken hat. Dabei fällt mir ein, dass die Frau Schwadroneuse immer zu mir sagt, dass ich einen "Heinz Rühmann Blick" habe, und ich bin mir nicht sicher, ob sie mich damit beleidigen will, oder ob sie heimlich eine große Heinz Rühmann Filmkollektion zu Hause hat. Und ein Heinz Rühmann Poster über dem Bett.

Frances McDormand sieht dagegen aus wie Janis Joplin heute wohl aussehen würde, nachdem sie eine zwei drei meherererere Entziehungskuren hintern sich gebracht hatte.

Oh, Rachel Weisz gewinnt einen Oscar für die beste weibliche Nebenrolle. Und sie ist schwanger. Mit wem ist die eigentlich zusammen? Ich bekomme so was ja nie mit, weil ich so selten beim Friseur bin, bzw. der 10 Euro Friseur, zu dem ich immer gehen, nur die "Zitty" und das Schwulenmagazin "Siegessäule" hat. Dafür weiß ich, in welche Sauna man in Berlin gehen kann.

Lauren Bacall kommt auf die Bühne, was wirklich ein Erlebnis ist, wenn man bedenkt, dass diese Frau mal mit Humphrey Bogart verheiratet war. Was genau sie auf der Bühne macht oder ankündigen will, weiß ich aber auch nicht und für einen Moment hatte ich den Eindruck: sie auch nicht.

Wieder eine halbe Stunde rum. Das ist sehr zäh, dieses Jahr. Ebenso wie all die langweiligen Filmen, die nominiert sind. Ausgenommen natürlich "Good night and good luck", der faszinierend ist, und tatsächlich auch schon völlig unbemerkt in Deutschland läuft.

Guess what! Wieder eine halbe Stunde rum. Wieder nichts passiert. Außer das Selma Hayek aufgetreten ist, die ich nicht mehr leiden kann, seitdem es heißt, dass sie mit Penelope Cruz zusammen ist. Und außer der Tatsache, dass Steven Spielberg immer deprimierter schaut, weil er immer noch keinen Oscar für "München" oder "War of the worlds" bekommen hat. Aber er macht noch lange nicht das Gesicht, das Bill Murray vor ein paar Jahren gemacht hat, als er nicht den Oscar für "Lost in translation" bekommen hat.

Lebenswerk Oscar für Robert Altman, was angesichts seines Alters (81) auch ziemlich kurz vor knapp war. Er macht auch den Gag, den alle Lebenswerk Oscar Empfänger beim Empfang ihres Lebenswerk Oscar machen: "Als ich hörte, dass ich Lebenswerk Oscar bekomme, dachte ich, dass jetzt mit mir vorbei ist." Großes Gelächter. Aber gute Wahl, dieser Oscar. (M.A.S.H., Short Cuts, The Player, Kansas City, Gosford Park).

Bester ausländischer Film ist.... nicht Sophie Scholl, sondern irgendwas Ausländisches.

So, das ist jetzt der letzte Oscar, den ich mitnehme. Ich muss schließlich eine Katze ernähren und kann mir nicht die ganze Nacht um die Ohren schlagen.

Ah, beste männliche Hauptrolle. Muss die Katze eben hungern. Mein Favorit: Philip Seymour Hoffman für "Capote" obwohl ich es David Strathairn für "Good Night and Good Luck" auch gönnen würde. Und es wird.... Hoffman. Und nicht Heath Ledger für diesen Cowboy Film. Das ist ja mal ne gute Wahl. Ich verstehe diesen Film sowieso nicht. Wie ist das entstanden? Saßen da zwei Produzenten zusammen, die sich gedacht haben: "Wir müssen mal was völlig anderes machen. Vielleicht einen Weltraumfilm, in dem sich der Hauptdarsteller in einen große Affen von einem anderen Planeten verliebt? Oder eine Frau, die ein glibberiges außerirdischen Wesen in sich trägt das sie irgendwie liebt? Oder einen Western, mit zwei Schwulen?" Aber hey...da ist doch...

...John Travolta kommt auf die Bühne und sieht sehr gesund aus, im Gegensatz zu Tom Hanks vor zwei Stunden, der mich immer mehr an Elvis erinnert. Vielleicht haben die Scientologen sich mit dieser andern Sekte verbündet, die dauernd sagen, dass sie irgendwas klonen. Travolta gibt den gefühlten 27. Oscar an diesen Geisha Film für beste Kamera.

Und weiter geht’s mit dem Oscar für die beste weibliche Hauptrolle. Ich denke es wird Rees Witherspoon, trotz ihres komischen Namens. Und es wird... die Witherspoon. Weint sie? Ja. Nein. Oder? Nein. Doch jetzt ein wenig. Oder? Doch nicht. Keine zweite Gwynth Paltrow. Was haben Eltern eigentlich, dass sie ihren Kindern so komische Namen geben? Jetzt weint sie doch.

Woody Allen bekommt...keinen Oscar fürs Drehbuch. "Crash" bekommt ihn. Nicht gesehen. Woody Allen hat ja auch schon drei. Und der Lebenswerk Oscar kann bei seinem Alter auch keine 10 Jahre mehr weg sein.

Beste Regie... geht überraschenderweise an Ang Lee für "Brokeback Mountain". Ganz schön kurzer Weg von "Hulk" zu "Brokeback Mountain". Was heißt das eigentlich auf Deutsch, dieses "Brokeback Mountain"?

Bester Film des Jahres wird sicher auch "Brokeback Mountain" und nicht "Good Night and Good Luck", was ich ja mal mutig finden würde. Und natürlich habe ich... nicht recht. Es wird "Crash". Sagte ich, dass ich den noch nicht gesehen habe? Spielberg hat die Mundwinkel mittlerweile auf Höhe seines Bauchnabels.

Das war ganz schön zäh, dieses Jahr. Ob man Jon Stewart noch mal als Host für die Verleihung nehmen wird, wage ich mal zu bezweifeln. Auf der anderen Seite war er so zahm, dass er sich geradezu ausgezeichnet hat, es noch mal zu machen. Immerhin sind alle Oscars schön verteilt worden. Die politisch unkorrekten um Clooney haben ihren Oscar, die netten, harmlosen um Geisha und die guten Geschichtenerzähler um "Capote" auch. Das "Brokeback Mountain" nicht so viele Oscars gewonnen hat, wie man vorher noch vermutet hat, ist eine kleine interessante Geschichte. Aber so unfassbar revolutionär ist der Film nun auch nicht. Immerhin konnte "Midnight Cowboy" der das Cowboy Bild auf eine sehr abgewandelte Art aufnahm schon 1969 drei Oscars gewinnen. Damals war das Bild des Cowboys noch lange nicht so aufgebrochen, wie es heute auch dank etlicher Spätwestern von Clint Eastwood ist. Dass Spielberg mit "München" völlig leer ausgegangen ist, hat mich mehr überrascht, als die Tatsache, dass "Walk the line" nicht mehr Oscar gewinnen konnte.

Auf jeden Fall war es gut, dass "Good Night and Good Luck" wenigstens nominiert war. Das Clooney die McCarthy Ära und die damalige Hexenjagd auf echte und vermeintliche Kommunisten gerade in einer Zeit thematisiert, in dem die US Regierung mit dem "Patriot Act" die Blaupause für viele Regierungen schafft, um Bürgerrechte abzuschaffen und ganze Bevölkerungen unter den Generalverdacht stellt, ein Terrorist zu sein bis der Bürger dem Staat das Gegenteil beweist, ist wichtig. Der Film stellt eigentlich geschickt nur eine Frage: "Was ist eigentlich der Unterschied, zwischen den mittlerweile anerkannten Fehlern der McCarthy Zeit und heute?" Das der Film drei Nominierungen und "Syriana" am Ende einen Oscar bekommen hat, das man mit Robert Altman einen Mann ausgezeichnet hat, der sich politisch in seinen Filmen oft deutlich geäußert hat, ist ein schönes Zeichen, das Hollywood da setzt.


Nachtrag: Mehr Live Blogging gabs es bei: Anke Gröner Elle Kaltmamsell SvenK

Permalink

 


war

"There are over 550 million firearms in worldwide circulation. That's one firearm for every twelve people on the planet. The only question is: How do we arm the other 11?" Das muss ein guter Film sein, dachte ich, als ich den Trailer sah, und ich hatte mit Recht so gedacht, denn der Film ist phantastisch. In Kürze geht es darum: Yuri Orlov ist Russe und Waffenhändler. Nach dem kalten Krieg steigt er als Novize ins Geschäft ein, und arbeitet sich, auch dank familiärer Verbindungen zu den Depots der Roten Armee, sehr schnell nach oben. Er ist perfekt, er ist ein aalglatter Schweinehund, der seiner Frau sagt, er würde im Transportbusiness arbeiten. Und er ist gut. Im Libanon sitzt er auf derartig vielen Waffen, dass er sie nicht mehr stückweise, sondern zum Kilopreis verkaufen muss. Je besser er ins Geschäft kommt, desto reicher wird er, desto risikoreicher werden seine Geschäfte, aber auch desto mehr entfernt er sich von seiner Umwelt. Und dann ist da noch Interpol-Agent Jack Valentine (Ethan Hawke), der ihn verbissen auf den Fersen ist, aber meist immer einen winzigen Moment zu spät kommt. Yuri verkauft weiter. Vor allem auf der afrikanischen Kontinent, wo er in Liberia ein Riesengeschäft macht. Bis Interpol einen Tipp bekommt, seine Frau nebenbei ahnt, was mit ihm los ist und er eine Entscheidung treffen muss.

Andrew Nicol ist ein unglaublich guter Film gelungen. Böse, zynisch, streckenweise sehr lustig, aber am Ende gelingt Nicol genau das, was man eigentlich von diesem Film erwartet hat, und das man zwischendurch auf Grund der ganzen Gags schon fast wieder vergessen hatte: das man Waffen scheiße findet. Dass man sie hasst, dass man Yuri, so sympathisch er zwischendurch ist, nicht mehr leiden kann. Man begreift, was für ein unfassbares Geschäft der Waffenhandel ist, man ahnt, wie er funktioniert, und warum es manchmal weniger die Streitigkeiten zwischen Menschen sind, sondern die Suche nach Profit, die das Geschäft anheizen. Nicolas Cage spielt derartig gut, dass sich selbst Ian Holm anstrengen muss, neben ihm nicht unter zu gehen. Das der Film in den USA nicht sonderlich gut gelaufen ist, wundert einen bei Sätzen wie "Back then, I didn't sell to Osama Bin Laden. Not because of moral reasons, but because he was always bouncing checks." nicht Ein Grund mehr, dass er hier genügend Zuschauer bekommt.

Permalink